Hamburg . Nabu misst „besorgniserregende Konzentration ultrafeiner Partikel“. Aida Cruises weist Vorwürfe scharf zurück. Verwirrung um Filter.
Die Umweltbilanz der neuen “Aidaprima“ ist laut Naturschutzbund Deutschland (Nabu) alles andere als prima: Messungen im Vorfeld des Hamburger Hafengeburtstags wiesen auf eine fehlende Abgastechnik beim neuen Flaggschiff der Aida-Flotte hin, teilte der Nabu am Freitag mit. Die Umweltschützer widersprechen damit vehement Behauptungen von Aida Cruises, der jüngste Flottenzugang setze beim Emissionsschutz höchste Maßstäbe.
Kommt der Filter gar nicht zum Einsatz?
Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller: „Entgegen aller Werbeversprechen ist die „Aidaprima“ keinesfalls das umweltfreundliche Schiff, als das es Aida Cruises seit Monaten vermarktet. Das neue Schiff hat weiterhin Unmengen der besonders Krebs erregenden Rußpartikel im Gepäck.“
Der Konzern hatte zuletzt angekündigt, einen Partikelfilter im neuesten Flottenzugang einbauen zu wollen, um so den Großteil der giftigen Schadstoffe aus dem Abgas zu filtern. Damit wäre die “Aidaprima“ Branchenvorreiter gewesen. Doch die Messungen des Nabu legen die Vermutung nahe, dass dieser angekündigte Filter gar nicht zum Einsatz kommt.
In der Abgasfahne des Schiffs maßen die Umweltschützer in Altona und entlang der Elbe eine besorgniserregende Konzentration ultrafeiner Partikel. Bis zu 160.000 Partikel je Kubikzentimeter zeigten die Messgeräte an. Ein extrem hoher Wert, der rund 150-mal über den Werten „sauberer“ Luft liegt und noch einmal um den Faktor acht über der ohnehin schon hohen Hintergrundbelastung im Hafengebiet. Dies ist nach Ansicht der Umweltschützer ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die von Aida versprochene Reduktion der gefährlichen Rußpartikel um über 90 Prozent nicht erfolgt. Dabei stuft die Weltgesundheitsorganisation WHO Rußpartikel als genauso Krebs erregend ein wie Asbest.
"Der Öffentlichkeit wird mit markigen Werbebotschaften eine Scheinwelt präsentiert"
„Aidas Umweltstrategie existiert bisher nur auf dem Papier. Die hohen Abgaswerte der ’Aidaprima“ reihen sich nahtlos ein in eine ganze Serie nicht gehaltener Versprechungen: vom Verzicht auf Schweröl über die kaum genutzte Flüssiggas-Powerbarge bis hin zu den angeblich auf allen Schiffen installierten Filter. Der Öffentlichkeit wird mit markigen Werbebotschaften eine Scheinwelt präsentiert. In Wirklichkeit müssen Passagiere und Hafenanwohner weiterhin giftige Rußpartikel einatmen“, kritisierte Nabu-Verkehrsexperte Dietmar Oeliger.
Bereits im Jahr 2013 hatte Aida angekündigt, die gesamte Flotte mit Partikelfiltern und Stickoxidkatalysatoren ausrüsten zu wollen, wie sie für Pkw und Lkw seit Jahren vorgeschrieben sind. Dieses öffentliche Statement des deutschen Branchenführers wurde von Umweltverbänden wie dem Nabu als wichtiges und überfälliges Zeichen gewertet, die niedrigen Umweltstandards auf See durch freiwillige Maßnahmen anzuheben. „Aida muss den vollmundigen Versprechungen endlich Taten folgen lassen. Das umweltfreundliche Schiff ist heute schon machbar. Es wird Zeit, dass Aida es zeigt“, sagte Oeliger.
Aida unterstellt Nabu Stimmungsmache
Monika Griefhahn, Direktorin für Umwelt und Nachhaltigkeit bei Aida Cruises, wies am Freitag die Vorwürfe aufs Schärfste zurück. „Das, was der Nabu hier betreibt, ist reine Stimmungsmache“, sagte die ehemalige niedersächsische Umweltministerin. „Die Messungen des Nabu entbehren jeder wissenschaftlichen Grundlage und sind kein anerkanntes Prüfverfahren“. Die „Aidaprima“ verfüge über die modernste Umwelttechnologie weltweit, die derzeit technisch auf einem Passagierschiff machbar sei.
„In den vergangenen Wochen haben wir diese bereits der Öffentlichkeit vorgestellt. Das mehrstufige System zur Abgasnachbehandlung befindet sich in der Erprobung, es stehen die gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungen aus. Wir können uns nicht über die gesetzlichen Vorgaben hinwegsetzen“. Dies habe sie auch dem Nabu persönlich mitgeteilt.
Nachdem die Umweltbehörde der Hansestadt Hamburg am 4. Mai die Genehmigung für die Energieversorgung von „Aidaprima“ mit Flüssiggas während der Liegezeit im Hafen erteilt habe, werde bereits am Sonnabend der erste Testbetrieb aufgenommen. „Ich freue mich sehr, dass es der Hamburger Umweltbehörde gelungen ist, pünktlich zur Taufe der ’Aidaprima“ beim Hafengeburtstag das Genehmigungsverfahren abzuschließen.
Chronik der Aida-Umwelt-Versprechen
7. März 2012: Der damalige Aida-Präsident und heutige CEO des Mutterkonzerns Costa Crociere, Michael Thamm, kündigt in einer Video-Botschaft an: „Neue Aida-Schiffe aus Japan fahren mit Dieselöl. Genauso wichtig: Schweröl ist für die neuen Schiffe kein Thema mehr - sie machen die Aida-Flotte künftig noch sauberer.“
29. August 2013: Aida kündigt auf einer Pressekonferenz an, die gesamte Aida-Schiffsflotte bis 2016 mit dem dreistufigen Abgassystem auszustatten. Dies soll „erstmals alle drei Emissionen - Rußpartikel, Stickoxide und Schwefeloxide - filtern und somit zwischen 90 und 99 Prozent reduzieren“. Darüber hinaus soll eine LNG-Barge ab 2014 die Energieversorgung der Aida-Schiffe im Hamburger Hafen bereitstellen: „Der Ausstoß von Schwefeloxiden und Rußpartikeln wird gänzlich vermieden. Die Emission von Stickoxiden verringert sich um bis zu 80 Prozent, der Ausstoß von Kohlendioxid um weitere 30 Prozent.“