Bahrenfeld. Dürfen sie ihre eigenen Heime sauber machen? Asylbewerber mit Bleibeperspektive sollen arbeiten können – die Beispiele sind positiv.
Er sieht das keinesfalls als Last. In mehreren Plastikschalen stapelt sich im Waschcenter die schmutzige Wäsche seiner Mitbewohner, und mittendrin steht Mohammad Mokhturi und sortiert schmutzige Socken, Unterwäsche und T-Shirts und stopft sie in die Waschmaschinen. Der Afghane sieht die Arbeit hier als Chance. „Es ist besser, als den ganzen Tag nichts zu tun“, sagt der 33-jährige Flüchtling in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZEA) am Albert-Einstein-Ring in Bahrenfeld. Damit beweist der Afghane, dass die Bewohner der Flüchtlingsunterkünfte durchaus mit anpacken. Auch wenn die Möglichkeiten noch begrenzt sind und ausgebaut werden sollen.
Denn noch gibt es immer wieder Streit darüber, ob Bewohner von Flüchtlingsheimen sich zumindest einbringen dürfen. Wie berichtet, haben sich die Abendblatt-Leser auf dem Flüchtlingsforum dieser Zeitung, an dem Bürgermeister Olaf Scholz, Sozialsenatorin Melanie Leonhard, Innensenator Andy Grote (alle SPD) sowie Flüchtlingskoordinator Anselm Sprandel teilgenommen haben, intensiv mit diesem Thema beschäftigt.
Asylrecht: Sauber machen ist Flüchtlingen untersagt
So berichteten ehrenamtliche Helfer, dass Flüchtlingen untersagt werde, in den Gemeinschaftsunterkünften selber sauber zu machen. Grundsätzlich sollen Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive, so sieht es die Asylgesetzgebung vor, „möglichst wenig Integrationserfahrung machen“, wie die Sozialsenatorin kritisch anmerkte.
Allerdings sagte Leonhard auch, dass es die „ersten Ausnahmetatbestände“ gebe. Dabei handelt es sich um die sogenannten Beschäftigungsgelegenheiten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, besser bekannt als Ein-Euro-Jobs. Hier entscheiden die Betreiber von Unterkünften, welchen Tätigkeiten die Bewohner nachgehen dürfen. Um solche Jobs handelt es sich etwa bei der Beschäftigung im Waschcenter. Genau genommen verdienen die Flüchtlinge 1,05 Euro in der Stunde. Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz dürfen die Bewohner bis zu 20 Stunden im Monat arbeiten.
Viele Flüchtlinge würden auch ohne Geld helfen
Selbst ein Verdienst von bis zu 21 Euro ist bei manchen Bewohnern ein Anreiz, sich in ihren Unterkünften nützlich zu machen. Doch im Vordergrund steht meist etwas anderes. „Ich möchte helfen und die Einrichtung unterstützen. Ich bin es nicht gewohnt, nur herumzusitzen. Ich muss etwas machen“, sagt etwa die Syrerin Ferdos Ali. Sie würde es auch unentgeltlich tun. Es gehe ihr darum, überhaupt eine Beschäftigung zu haben. „Viel lieber würde ich natürlich als Schneiderin, meinem gelernten Beruf, arbeiten“, sagt sie auf Arabisch. Eine Dolmetscherin übersetzt.
Seit ein paar Monaten lebt Ali mit ihrer Familie in der ZEA, die vom Deutschen Roten Kreuz betrieben wird. 80 Prozent der Bewohner sind nach Angaben des Einrichtungsleiters Michael Wedler Familien. Hier im zweiten Stock, wo früher einmal ein Großraumbüro des Zigarettenherstellers Reemtsma war, leben die Menschen. Stockbetten stehen dicht an dicht an den Fenstern. Gerade saugt Mohammad Mohammadi aus Afghanistan zwischen den Kindern den Teppich. Die Bewohner sollen mitmachen – zum Nutzen aller hier Lebenden.
Das Schwarze Brett wird zur Jobbörse
So hat etwa das DRK-Team zusammen mit ihnen die Kantine mit roter Farbe verschönert. „Es ist eine aufregende Zeit, in der viel passiert und Neues entsteht“, sagt Sozialarbeiterin Leonie Rinke. An einem Schwarzen Brett sollen die Bewohner ihre beruflichen Qualifikationen anbieten – quasi wie bei einer Jobbörse. So könnte ein gelernter Friseur die Haare der Bewohner schneiden und damit sein Taschengeld aufbessern.
Auch in den ZEA anderer Betreiber gibt es ähnliche Aktivitäten. Die Bewohner sammeln Müll auf dem Gelände auf, harken Laub im Herbst, geben Spielmaterialien an die Kinder aus, reinigen die Kantinen und die Tabletts. „Flüchtlinge bieten oft freiwillig ihre Hilfe an, zum Beispiel beim Dolmetschen in Alltagssituationen, beim Aufbau von Einrichtungsgegenständen. Unentgeltlich helfen vielerorts Flüchtlinge in den Kleiderkammern mit, zusammen mit Hamburger Ehrenamtlichen“, sagt Susanne Schwendtke von „Fördern & Wohnen“.
Für Waschcenter-Helfer Mohammad Mokhturi in Bahrenfeld ist die Arbeit mit der Wäsche zwar besser als gar nichts, „sonst würde ich verrückt werden“, aber es könnte mehr sein. Nebenan werden gerade Räume renoviert. „Als Bauarbeiter könnte ich doch auch dort mit anpacken.“