Hamburg. 72.000 Jobsuchende. Flüchtlinge aus Afghanistan und Iran machen Praktikum in Arbeitsagentur. Flüchtlingsbonus gibt es aber nicht.
Die gute Nachricht überlässt Sönke Fock, Chef der Arbeitsagentur Hamburg, künftigen Kollegen. Drei Afghanen und eine Iranerin präsentieren die Kerndaten zum Hamburger Arbeitsmarkt.
„Im April waren mit 71.939 Hamburgern 2,7 Prozent weniger Arbeitslose gemeldet als im Vorjahresmonat“, sagt der 20 Jahre alte Omar Andiewall aus Afghanistan, der zusammen mit den anderen gegenwärtig eine Einstiegsqualifizierung in der Arbeitsagentur macht. „Die Arbeitslosenquote beträgt 7,3 Prozent“, fügt er in gutem Deutsch hinzu.
Zahl der Jobsuchenden sinkt
Erneut zeigt sich der Hamburger Arbeitsmarkt von seiner positiven Seite, 2000 Hamburger fanden unterm Strich auf Zwölf-Monats-Sicht wieder eine Stelle. Die Zahl der Jobsuchenden sinkt im Vergleich mit dem Vormonat wie auch im Langfristvergleich. Seit Januar verringert sich die Arbeitslosigkeit in Hamburg.
„Wir werden in den nächsten Monaten sicher noch in Richtung 70.000 gehen, aber ob wir diese Marke unterschreiten, das ist nicht sicher“, sagt Fock. Denn erfahrungsgemäß steigt mit dem Sommer die Arbeitslosigkeit wieder. „Es enden Ausbildungsverhältnisse und die jungen Leute melden sich erst einmal wieder arbeitslos“, sagt Fock. Die Chancen auf eine Vermittlung sind aber gut, denn zurzeit gibt es 15.000 unbesetzte Stellen in Hamburg.
Kein Flüchtlingsbonus für Bewerber
Auch die vier Flüchtlinge haben noch viel vor. Ihr Ziel ist es, nach der sechsmonatigen Einstiegsqualifizierung, einer Art Praktikum, mit einer Ausbildung bei der Arbeitsagentur zur Fachkraft für Arbeitsmarktdienstleistungen zu beginnen. Mit dem Berufsbild werden alle Dienstleistungen bei der Arbeitsagentur mit Ausnahme der direkten Jobvermittlung abgedeckt.
„Wir freuen uns, auch sehr sprachkundige Bewerber zu haben“, sagt Fock. Aber einen Flüchtlingsbonus bei der Auswahl der Bewerber gebe es nicht. Auf die jährlich 22 Ausbildungsplätze bewerben sich rund 400 Schulabgänger.
„Ich wurde von meinem Betreuer bei der Arbeitsagentur auf die Ausbildung aufmerksam gemacht“, sagt Melika Azarpeyk, die als Christin aus dem Iran geflüchtet und erst seit 18 Monaten in Deutschland ist. Im Iran hat sie Elektrotechnik studiert, das Studium hier fortzusetzen, hat nicht geklappt. „Die Arbeit mit Menschen kommt mir sehr entgegen“, sagt sie und hofft auf einen Ausbildungsplatz. „Erst dachte ich, Arbeitsagentur ist langweilig. Aber ich war überrascht, wie abwechslungsreich die Arbeit ist.“
Hamid Sadat, 19, ist bereits 2013 aus Afghanistan geflüchtet und hat hier seinen Haupt- und danach Realschulabschluss gemacht. In Afghanistan ist er neun Jahre zur Schule gegangen. Er ist als Flüchtling anerkannt und arbeitet ehrenamtlich als Dolmetscher. Die Arbeit mit Menschen gefällt ihm gut, sagt er: „Ich hoffe sehr, einen Ausbildungsplatz bei der Arbeitsagentur zu bekommen.“
Arbeitslosigkeit unter Ausländern nimmt zu
Während die Arbeitslosigkeit insgesamt sinkt, nimmt sie unter den Ausländern zu. Innerhalb eines Jahres stieg sie um zwei Prozent auf 21.242 Jobsuchende, darunter sind auch 1813 Afghanen und 1571 Syrer.
Die größte Gruppe unter den ausländischen Arbeitslosen stellen die Türken mit 4560 Personen. „Mehr Flüchtlinge werden frühestens Ende des zweiten Quartals in der Arbeitslosenstatistik auftauchen“, erwartet Fock. Erst wenn positiv über den Antrag eines Asylbewerbers entschieden wurde, fällt er aus dem Asylbewerberleistungsgesetz heraus und kommt in die Grundsicherung (Hartz IV). „Dann erst kann die Vermittlungs- oder Qualifizierungsarbeit beginnen“, sagt Fock.
Auch in Schleswig-Holstein sinkt die Zahl der Arbeitslosen
Die Zahl der Arbeitslosen in Schleswig-Holstein sank im April zum ersten Mal in diesem Jahr unter die Marke von 100.000. Die Zahl der Jobsuchenden sank im Vergleich zum Vormonat um 4,5 Prozent auf 96.700. Dadurch verringerte sich die Arbeitslosenquote von 6,7 auf 6,4 Prozent. Die Nachfrage nach zusätzlichen Arbeitskräften sei weiterhin ungebrochen, so die Regionaldirektion Nord.
Auch bundesweit profitiert der Arbeitsmarkt von einer starken Frühjahrsbelebung. 2,744 Millionen Männer und Frauen waren im April ohne Arbeit – das sind 101.000 weniger als im März. Die Arbeitslosenquote beträgt 6,3 Prozent. Im Jahresverlauf erwartet die Bundesagentur für Arbeit eine steigende Zahl von Arbeitslosen, wenn immer mehr Flüchtlinge nach einer Beschäftigung suchen.