Hamburg. Arbeitslosigkeit sinkt in Hamburg um drei Prozent. Aber Anstieg bei Migranten. Agentur steuert mit Qualifizierung dagegen.
Für den Monat Februar war die Entwicklung am Arbeitsmarkt überraschend. „Es ist außergewöhnlich, dass man in einem solchen Monat sinkende Arbeitslosenzahlen verkünden kann“, sagt Sönke Fock, Chef der Arbeitsagentur Hamburg. So ist die Zahl der Arbeitslosen in Hamburg im Februar gegenüber dem Vormonat leicht gesunken. Insgesamt waren 73.846 Menschen in der Hansestadt arbeitslos gemeldet. Das sind 554 oder 0,7 Prozent weniger als im Januar. Deutlicher zeigt sich die Entlastung am Arbeitsmarkt im Vorjahresvergleich: Gegenüber dem Februar 2015 sank die Zahl der Jobsuchenden um 2,9 Prozent oder 2232 Personen. „Doch von der Belebung des Arbeitsmarktes profitieren nicht alle Gruppen gleichmäßig“, sagt Fock. Die Arbeitslosigkeit von Ausländern stieg im Vergleich zum Vorjahresmonat um vier Prozent auf 21.524 Personen. „Einen deutlichen Anstieg verzeichnen wir vor allem bei Syrern und Afghanen“, sagt Fock.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, sollen vor allem junge Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert werden. So wie Ali Rasuly aus Afghanistan, der im August 2016 eine Lehre als Stahlbetonbauer beginnen möchte. Zusammen mit vier anderen Flüchtlingen absolviert er jetzt eine Einstiegsqualifizierung (EQ) im Ausbildungszentrum Bau des Hamburger Handwerks. „Drei Tage pro Woche arbeiten wir in unserem Ausbildungsbetrieb, und zwei Tage lernen wir im Ausbildungszentrum“, sagt der 19-Jährige Rasuly, der sich auf die Berufsausbildung als Stahlbetonbauer freut.
Die EQ ist ein Praktikum für junge Menschen, die den direkten Einstieg in eine Berufsausbildung noch nicht geschafft haben. Speziell für Asylbewerber ist es nicht gemacht. „Es steht allen Jugendlichen offen, die noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben“, sagt Fock. In diesem Jahr hat die Hamburger Wirtschaft rund 1000 Plätze für die EQ zur Verfügung gestellt. Das sind 33 Prozent mehr als im Vorjahr. Davon sollen auch die Flüchtlinge profitieren.
Fahad Siciid aus Somalia möchte Straßenbauer werden, und Abbas Anari aus dem Iran bereitet sich mit der EQ auf die Ausbildung als Zimmermann vor. „Ich möchte meine Ziele unbedingt erreichen“, sagt er. Anari und die anderen sind die ersten, die auf eine Ausbildung im Handwerk vorbereitet werden. „Das Handwerk sucht dringend Fachkräfte“, sagt Uwe Meyer vom Ausbildungszentrum Bau. Im vergangenen September wurden insgesamt 15 Asylbewerber für eine Vorbereitung auf eine handwerkliche Ausbildung ausgewählt. „Wir schauen auf die sprachliche Kompetenz und handwerkliche Fähigkeiten“, sagt Meyer. Denn die Flüchtlinge müssen sich in den Betrieben mit den Gesellen verständigen können. „Um die berufliche Integration lebens- und betriebsnah zu realisieren, setzen wir auf die parallele Vermittlung von sprachlichen und beruflichen Kenntnissen“, sagt Meyer. Auch andere Branchen könnten von diesem Konzept durchaus profitieren.
Ein Problem für die Asylbewerber und die Ausbildungsbetriebe ist allerdings der häufig noch nicht vollständig geklärte Aufenthaltsstatus. Richard Owusu aus Ghana, der sich auf seine Ausbildung als Stahlbetonbauer vorbereitet, hat nur eine Duldung, die er alle sechs Monate verlängern muss. „Wir setzen darauf, dass in Hamburg niemand während seiner Ausbildung abgeschoben wird“, sagt Fock.
Fünf der 15 Asylbewerber bereiten sich auf eine Ausbildung in einem Bauberuf vor. „Wir werden in diesem Jahr im Mai und im September noch jeweils zwölf Flüchtlinge für eine EQ im Bereich Bau aufnehmen“, sagt Meyer. Allein für den Vorbereitungskurs im Mai gibt es 60 Bewerber. In der Regel dauert eine EQ sechs Monate, und es gibt ein Taschengeld von monatlich 216 Euro von der Bundesagentur für Arbeit. Fock hält es für ein Problem, dass viele Flüchtlinge schnell Geld verdienen möchten. „Doch eine Ausbildung ist immer besser als ständig neue Gelegenheitsjobs“, sagt Fock.
Norooz Nasseri aus Afghanistan hätte gern die EQ übersprungen und gleich eine Ausbildung als Maurer begonnen. „Ich habe schon im Iran als Maurer und Fliesenleger gearbeitet und Häuser gebaut“, sagt Nasseri. Aber er weiß auch, dass in der deutschen Ausbildung andere Anforderungen gestellt werden, vor allem im theoretischen Bereich. Eine Theorie-Ausbildung gab es in seiner Heimat nicht.
Auch in Schleswig-Holstein entwickelt sich der Arbeitsmarkt gut: Die Zahl der Jobsuchenden ist im Februar erneut gesunken. Insgesamt waren 104.800 Menschen ohne festen Job. Das sind 1600 oder 1,5 Prozent weniger als im Februar 2015, die niedrigste Arbeitslosenzahl in einem Februar seit 1993. Im Vergleich zum Januar 2016 hat sich die Arbeitslosigkeit um 0,2 Prozent reduziert.
Bundesweit ist die Arbeitslosigkeit trotz wirtschaftlicher Risiken und der Flüchtlingszuwanderung auf den niedrigsten Februar-Stand seit 25 Jahren gesunken. Es waren 2,91 Millionen arbeitssuchend. Das sind 106.000 weniger als vor einem Jahr. Aber die Zahl der Erwerbslosen aus typischen Asylherkunftsländern wie Syrien steigt. „Das wird weiter zunehmen“, sagt Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit. Zum Jahresende wird mit 200.000 arbeitslosen Flüchtlingen gerechnet.