Hamburg. Dorothee Stapelfeldt: In den nächsten 15 Jahren müssten jährlich rund 10.000 Wohnungen errichtet werden – Umweltschützer: „Bauwut“.

Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) will bis zum Jahr 2030 in der Hansestadt rund 150.000 Wohnungen bauen lassen. Es gelte, ein Flächenpotenzial in dieser Größenordnung zu identifizieren und dafür Schritt für Schritt Planrecht zu schaffen und Baureife herzustellen, sagte die Politikerin gestern auf einer Konferenz vor 200 Stadtplanern, Architekten und Vertretern der Wohnungswirtschaft.

Damit erhöht der Senat seine Forderungen an die Wohnungswirtschaft. Statt wie bisher 6000 sollen künftig jedes Jahr 10.000 Wohnungen gebaut werden. Die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen solle sich von jährlich 2000 auf mindestens 3000 erhöhen. Die 4800 Expresswohnungen für Flüchtlinge sind in diesen Planungen noch nicht enthalten. Sie würden zusätzlich entstehen, sagte Stapelfeldt.

Derzeit gibt es in Hamburg rund 900.000 Wohnungen. Davon gehören rund 260.000 den Wohnungsgenossenschaften und dem städtischen Wohnungskonzern Saga GWG. Sie sorgen für ein umfangreiches Angebot an Wohnungen, deren Mietpreise zum Teil deutlich unter dem Hamburger Mietendurchschnitt liegen.

Der Grund für die umfangreichen Neubaupläne ist nach den Worten von Bausenatorin Stapelfeldt der ungebrochene „Netto-Bevölkerungszuwachs in Hamburg“. Schätzungen des Statistischen Bundesamtes zufolge werde die Einwohnerzahl Hamburgs bis zum Jahr 2030 um bis zu 103.000 Menschen – das seien rund 70.000 Haushalte – steigen. Derzeit leben offiziellen Angaben zufolge in der Hansestadt rund 1,8 Millionen Menschen.

„Wer astronomischen Mietpreisen vorbeugen will, weil Wohnraum immer knapper wird, muss bereit sein, auch über neue Siedlungsgebiete nachzudenken“, sagte Stapelfeldt. Daher verfolge der rot-grüne Senat eine Doppelstrategie. Bestehende Quartiere sollten verdichtet werden, beispielsweise durch das Schließen von Baulücken. Zudem müsse höher und vielgeschossiger gebaut werden – „orientiert an der Kulisse der Gründerzeit“.

Zugleich ließ Stapelfeldt keinen Zweifel daran, dass Verdichtung allein nicht reiche. Das Konzept „Mehr Stadt an neuen Orten“ habe die äußeren Stadtregionen als Siedlungsräume im Blick, sagte die Politikerin.

Vor allem die Aussicht, dass Grünflächen für den Wohnungsbau geopfert werden, sorgte bei Naturschützern für Kritik. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) warnte vor „Bauwut zulasten von Natur und Lebensqualität“. Ein Neubauvolumen in dieser Dimension treibe bereits jetzt zu hohe Flächenversiegelung voran und verstärke den Nutzungsdruck auf die letzten Freiräume der Stadt. Damit werde Hamburgs Markenzeichen als grüne Metropole am Wasser verspielt, hieß es in einer Erklärung.

Die Umweltschützer forderten, bestehende Planungen zu aktualisieren und nach Alternativen zu suchen. Bereits für die derzeit laufenden Planungen würden fast 200 Hektar Fläche in Landschaftsschutzgebieten geopfert, erklärte BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Es sei zu befürchten, dass die Ankündigung von „Mehr Stadt an neuen Orten“ vor allem die Inanspruchnahme wertvoller Freiflächen bedeute.

Die Linken-Abgeordnete Heike Sudmann wiederum beklagte, dass der Senat prozentual gesehen künftig weniger Wohnungen zu einem günstigen Preis auf den Markt bringen wolle. „Der Drittelmix wird klammheimlich beerdigt, die Wohnungsnot bleibt.“