Hamburg. Angela Titzrath übernimmt den Hamburger Hafenkonzern in schwieriger Lage. Verunsicherung auf dem Burchardkai.
Sie wussten, dass eine Entscheidung von Gewicht anstand: Als sich gestern um 16 Uhr die Mitglieder des Aufsichtsrats der HHLA zu einer Sondersitzung trafen, stand nur ein Punkt auf der Tagesordnung, aber der hatte es in sich: Es ging um die Neubesetzung des Postens des Vorstandsvorsitzenden des Hafenkonzerns. Von 40 Bewerbern für den Schlüsselposten im Hamburger Hafen, setzte sich eine Frau durch, die frühere Post-Managerin Angela Titzrath. Ihr legt der Aufsichtsrat ein machtvolles, aber auch arbeitsintensives Amt in die Hände.
Sie versteht eine Menge von Personalführung
Da ist zunächst die allgemein angespannte Branchenlage: Der weltweite Rückgang des Ladungsaufkommens, die dramatischen Verluste beim Umschlag in Richtung Russland sowie die Abgabe von Marktanteilen der HHLA an die mächtigen Wettbewerber in den Häfen von Rotterdam und Antwerpen. Hier ist die Führungsspitze dringend gefordert, dem Konzern neue Umschlagmöglichkeiten und Geschäftsfelder zu eröffnen.
Da ist zum zweiten die besondere Situation der HHLA: Das Unternehmen steckt zwischen dem dringend notwendigen Ausbau seiner Terminals zur Abfertigung übergroßer Containerschiffe einerseits und einem massiven Rückgang des Containerumschlags andererseits. In der Belegschaft gibt es eine große Verunsicherung über die zukünftige Richtung, die Titzrath nun aufzeigen muss. Ihr Vorteil: Sie versteht eine Menge von Personalführung und hat offenbar auch zu Gewerkschaftsvertretern einen guten Draht. Das ist insbesondere für die Lage am Containerterminal Burchardkai wichtig, wo derzeit Gespräche des Vorstands mit dem Betriebsrat über eine Veränderung der Betriebsorganisation anstehen. Diese Gespräche werden nicht leicht, denn viele Mitarbeiter sehen ihre bisherigen Einkommen gefährdet.
Die Marktlage befindet sich im Wandel
Schließlich wird sich Titzrath mit einer sich stark wandelnden Marktlage auseinandersetzen müssen. Reedereien stellen ihre Unternehmen moderner auf und bilden neue Schifffahrtsallianzen. Dabei werden auch die Liniendienste anders geregelt, und es stellt sich die Frage, welche Häfen in Zukunft wie oft angelaufen werden. Hier muss die HHLA aufpassen, dass sie nicht hinten herunterfällt.
Eine Menge Arbeit für die neue Chefin, die allerdings auch auf einige Chancen setzen kann: Trotz aller Probleme genießt die HHLA weltweit immer noch einen sehr guten Ruf, als qualitativ hochwertiges – wenn auch teures – Umschlagunternehmen. Die HHLA verfügt mit dem Containerterminal Altenwerder über einen der modernsten Umschlagplätze der Welt, der insbesondere in den USA große Vorbildfunktion für dortige Häfen hat. Und schließlich hat der scheidende Vorstandschef Klaus-Dieter Peters, dessen Posten Titzrath übernehmen wird, dafür gesorgt, dass das Intermodalgeschäft, also der Weitertransport der ankommenden Seegüter per Bahn, hohe Gewinne abwirft.
Der Hamburger Senat erteilt Titzrath viele Vorschusslorbeeren: „Sie wird ihre umfangreichen unternehmerischen Erfahrungen insbesondere im Bereich der Logistik einbringen und die HHLA sowie den Hamburger Hafen im intensiven Wettbewerb weiter stärken“, heißt es in einer Erklärung.