Hamburg. Hochwasserschutz in Hamburg wird vorsorglich verbessert. Experten diskutieren auf Sturmflut-Fachtagung Auswirkungen des Klimawandels.

Vier Jahrzehnte nach der Rekordsturmflut von 1976 haben die Hamburger großes Vertrauen in den Hochwasserschutz. Umfragen seit 2008 zeigten, dass sich die Bürger hinter den Deichen sehr sicher fühlten, sagte die Geografin Prof. Beate Ratter vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht am Mittwoch auf einer Sturmflut-Fachtagung in der Generalzolldirektion. Zu der entspannten Haltung dürfte auch beigetragen haben, dass die Sturmflut 2013 infolge des Orkans „Xaver“ trotz des zweithöchsten gemessenen Wasserstands eher geringe Schäden hinterließ.

Vorsorglich sollen aber von 2017 an alle Deiche und Flutschutzbauwerke im Stadtgebiet um 80 Zentimeter wachsen, um gegen höhere Sturmfluten gewappnet zu sein, die infolge der Erderwärmung drohen. Bei den Planungen seien mögliche Folgen des Klimawandels bis zum Jahr 2050 berücksichtigt worden, sagte Staatsrat Bernd Krösser von der Innenbehörde.

Meeresspiegel könnte um 80 Zentimeter ansteigen

Welche Folgen tatsächlich eintreten könnten, ist allerdings umstritten. Klimaforscher gehen in Szenarien davon aus, dass der Meeresspiegel an Nord- und Ostseeküste bis zum Ende des Jahrhunderts um 20 bis 80 Zentimeter steigen könnte. Bei einem Anstieg um weit mehr als 20 Zentimeter könnten alternative Maßnahmen nötig werden, etwa eine Rückverlegung der Deiche entlang der Elbe, um Raum für Überflutungen zu schaffen, sagte Prof. Peter Fröhle, Leiter des Instituts Wasserbau an der Technischen Universität Harburg. Eine weitere Alternative sei, durch Abschottungsbauwerke in der Elbmündung weniger Wasser in die Elbe zu lassen. Aktuell seien die Flutschutzbauten in Hamburg „sehr gut ausgebaut“, sagt Fröhle.

Einige Vorhersagen von Klimaforschern zum Meeresspiegelanstieg sehe er skeptisch, sagte Sylvin Müller-Navarra, Fachmann für Sturmflut-Vorhersagen beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Er plädiert dafür, sich bei Abschätzungen des zukünftigen Meeresspiegelanstiegs in erster Linie auf Pegelmessungen und geologische Befunde (etwa Anhebungen oder Absenkungen der Erdoberfläche) zu stützen.

Angepasstes Bauen wichtig für Hamburg

Bisher zeige sich ein relativ gleichmäßiger Anstieg des Meeresspiegels an Nord- und Ostsee um etwa zwei Millimeter pro Jahr. Prognosen, wonach ein Anstieg um bis zu 80 Zentimeter bis 2100 denkbar sei, halte er deshalb für sehr gewagt, sagte Navarra. „Ich liege mit meiner Einschätzung eher am unteren Rand der Prognosen.“

Wie es auch kommen wird – an Hochwasser angepasstes Bauen werde künftig in Hamburg wichtiger werden, sagte Prof. Peter Fröhle. Ideen dafür seien zum Beispiel bereits in der HafenCity umgesetzt worden, wo Bereiche überflutet werden können, durch wasserdichten Beton und Abschottungen aber sichergestellt werde, dass Flutwasser nicht in Häuser und Tiefgaragen gelangen könne.

Ein weiterer Ansatz sei bei dem Gebäude an den Landungsbrücken neben dem Elbtunnel zu besichtigen, sagte Fröhle. Es sei wasserdicht ausgebaut; Durchlässe könnten mit Toren verschlossen werden. So fungiere das Gebäude als Hochwasserschutz für das Hinterland.