Hamburg. Zwei Millionen Übernachtungen im Jahr: 4562 Hamburger vermieten ihre Wohnungen laut einer neuen Studie an Touristen.

Immer häufiger übernachten Touristen auf ihren Reisen nicht mehr im Hotel, sondern ziehen auf ihrem Städtetrip für ein paar Tage in eine Privatwohnung. In der Hansestadt wurden im vergangenen Jahr knapp zwei Millionen Übernachtungen in 4562 Privatunterkünften über Portale wie beispielsweise Airbnb, Wimdu oder 9flats vermittelt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Immobilienentwicklers GBI AG, die dem Abendblatt vorliegt. Hamburg liegt bei der Zahl der Übernachtungen in Privatunterkünften der Studie zufolge mit 1,98 Millionen auf dem zweiten Platz hinter Berlin (6.1 Millionen) und vor München (1,9 Millionen). Die drei Städte stünden demnach für gut zwei Drittel des deutschen Markts für Privatunterkünfte. Bundesweit kommt die Studie auf 14,5 Millionen Übernachtungen in Privatquartieren.

Bemerkenswert ist der Vergleich mit den offiziellen Touristenzahlen. So wurden in Hamburg im vergangenen Jahr mehr als 12,6 Millionen Übernachtungen in Hotels und Pensionen registriert. Das bedeutet: Etwa jeder siebte Hamburg-Besucher sucht sich ein Privatquartier, anstatt im Hotel zu übernachten.

Rechnet man zudem die Übernachtungen in Privatunterkünften zu den offiziellen Touristenzahlen hinzu, lägen die offiziellen Zahlen 15,7 Prozent höher, so die Verfasser der Studie. Damit liegt Hamburg hinter Berlin (20,2 Prozent) und Leipzig (17,9) Prozent auf dem dritten Platz. „Das Phänomen konzentriert sich besonders auf die Metropolen. Mehr als zehn Millionen Graumarkt-Übernachtungen finden in den Millionenstädten Berlin, München, Hamburg und Köln statt“, sagt Stefan Brauckmann, Leiter der Abteilung Research & Analyse der GBI AG, die 179 deutsche Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern untersucht haben.

Nicht immer sind die Privatunterkünfte legal: Das Hamburgische Wohnungsraumschutzgesetz regelt, in welcher Form Wohnungen als Touristenunterkunft genutzt werden dürfen: Zulässig sei, dass eine komplette Wohnung weniger als sechs Monate innerhalb eines Jahres – auch tages- oder wochenweise – untervermietet werden könne, so Thomas Östreicher, Pressereferent der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen. Allerdings: „Wenn der Mieter weiterhin in der Wohnung dauerhaft wohnt und weniger als 50 Prozent dieser Fläche als Ferienwohnung untervermietet, dann gilt dafür keine zeitliche Begrenzung“, so Östreicher. Eine Genehmigung ist dafür nicht erforderlich.

Für die Vermieter ist es lukrativ, ihre Wohnungen an Touristen zu vermieten. Wer zum Beispiel eine modern ausgestattete Zweizimmerwohnung in einer attraktiven Lage über eines der Onlineportale anbietet, kann in Hamburg weit mehr als 100 Euro pro Nacht verdienen.

Kritik kommt aus der Politik: „Die Studie bestätigt, dass es einen erhöhten Handlungsbedarf in diesem Bereich gibt. Immer mehr Wohnungen werden über lange Zeiträume als Ferienwohnungen bewusst dem normalen Wohnungsmarkt entzogen und damit zweckentfremdet“, sagte SPD-Stadtentwicklungsexperte Dirk Kienscherf. Der SPD-Politiker kündigte gegenüber dem Abendblatt an: „Wir sind gerade dabei, einen Antrag für die Bürgerschaft vorzubereiten, in denen Personalstellen beim Kampf gegen Zweckentfremdung verstetigt und das Thema Ferienwohnungen noch stärker in den Fokus gerückt werden soll. Hier gibt es bisher keine befriedigende Antworten.“

Bisher scheinen die Bezirke nicht sehr aktiv zu sein. Das zeigt sich beispielsweise in Mitte: Im Jahr 2015 wurden 43 Wohnungen überprüft. Bei 30 von ihnen wurde laut Sprecherin Sorina Weiland ein Wohnungsnutzungsgebot ausgesprochen: „Das heißt, die Vermieter müssen die Objekte wieder dem normalen Wohnungsmarkt zur Verfügung stellen.“

Kritik kommt von Dehoga-Geschäftsführer Ulrike von Albedyll: „Wenn privater Wohnraum für Touristen zur Verfügung gestellt wird, dann stellt das natürlich eine Konkurrenz für die Hotellerie dar.“ Außerdem würden die privaten Anbieter, anders als Hotels und Pensionen, keinerlei behördliche Auflagen wie zum Beispiel Brandschutz erfüllen.