Hamburg. Hamburger Privatbank will an Offshore-Geschäften festhalten. Schwieriger Start für Institutschef Peters beim Bankenverband.
Schlechter hätte es für Hans-Walter Peters nicht laufen können. Der persönlich haftende Gesellschafter der Hamburger Berenberg Bank spricht anlässlich seiner Einführung in das Amt als neuer Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken über Geldwäsche und Steuerhinterziehung. „Absolut nicht hinnehmbar“, sagt er vor der Presse. Da fragt ein Journalist des ZDF nach: „Hat Ihre Bank da immer genug getan?“
Die Frage ist bei den Schlagzeilen der vergangenen Tage nicht verwunderlich. Die Privatbank muss sich mit schweren Vorwürfen auseinandersetzen. So soll das Institut Konten für zwielichtige Kunden geführt haben, berichten der NDR und das ZDF-Magazin „Frontal 21“. Genannt werden in diesem Zusammenhang auch Drogen- und dubiose Waffengeschäfte, die den Kunden zugeschrieben werden. Nach den Panama Papers soll die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca aus Panama mit der Berenberg Bank zusammengearbeitet haben und diese ihren Kunden ausdrücklich empfohlen haben.
„Wir haben uns stets an die gesetzlichen Bestimmungen gehalten“
Offshore-Konten stehen in Verdacht, Geldflüsse zu verschleiern oder gar der Steuerhinterziehung zu dienen. Es ist zwar nicht verboten, für Gesellschaften, die ihren Sitz in Steuerparadiesen wie Panama oder den Kaimaninseln haben, solche Konten zu eröffnen, aber die Motive einer solchen Firmenkonstruktion sind für Banken schwer zu durchschauen. Die Firmen gelten als Briefkastenfirmen.
Solche sogenannten Offshore-Gesellschaften gewährleisten die Anonymität der Gesellschafter. Tausende solcher Firmen sind in einem einzigen Gebäude untergebracht. Dort geht es lediglich um den formalen Firmensitz. Die wirtschaftlichen Aktivitäten finden ganz woanders statt. „Für internationale Schifffahrtsgesellschaften sind solche Firmen üblich“, sagt ein Banker. Jedes Schiff steckt in einer Extra-Gesellschaft.
Berenberg will auch künftig nicht generell auf Offshore-Konten verzichten. „Aber wir haben uns stets an die gesetzlichen Bestimmungen gehalten“, sagt Berenberg-Sprecher Karsten Wehmeier. „Und wir kennen unabhängig von der Firmenkonstruktion immer den wirtschaftlich Berechtigten.“ Das ist stets eine natürliche Person. Diese Vorgaben müssen die Banken in Deutschland schon seit 2008 erfüllen.
Banken brauchen klaren gesetzlichen Rahmen
Inwieweit die Banken sich von Offshore-Konten verabschieden sollten, ist unter Experten umstritten. „Es wäre am besten, wenn die Banken freiwillig auf solche Geschäfte verzichten würden“, sagt der Hamburger Bankenexperte Karl-Werner Hansmann, ein emeritierter Wirtschaftsprofessor der Universität Hamburg. „Dann bleiben den Banken unangenehme Überraschungen erspart.“ Denn vielfach gehe es eben doch um Steuervermeidung. Aber Hansmann weiß auch, dass die Interessenten an solchen Konten dann in andere Länder ausweichen würden.
Es hängt auch vom Geschäftsmodell ab, ob Banken mit Offshore-Konten zu tun haben. Regional ausgerichtete Institute sind von den Problemen nicht betroffen. „Offshore-Konten führen wir nicht und haben dies auch noch nie getan“, sagt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg. Auch Hamburgs drittgrößte Privatbank, die Otto M. Schröder Bank, hat noch nie Offshore-Konten geführt. „Das ist für uns kein Thema“, sagt Vorstandschef Helmuth Spincke. Auch die Warburg Bank sieht sich nicht betroffen, führt allerdings Offshore-Konten.
Der Bankenexperte Wolfgang Gerke hält nichts von freiwilligen Lösungen. Es sei gerade Zeitgeist, Geschäfte in einen moralischen Rahmen zu stellen. „Doch die Banken brauchen dafür einen klaren gesetzlichen Rahmen.“ Ein Verbot von Briefkastenfirmen wird aber nirgends angedacht.
Auch der Bundesverband deutscher Banken, dem Peters seit Montag vorsteht, sieht in einem Verbot der umstrittenen Firmenkonstruktionen nicht den richtigen Ansatz. „Wir erleben, dass diese Firmenkonstruktionen auch für Start-ups notwendig sind“, sagt Thomas Schlüter vom Bankenverband. Stattdessen befürwortet der Verband ein deutsches Transparenzregister, in dem sämtliche Firmenkonstruktionen und die jeweils wirtschaftlich Begünstigten aufgeführt werden sollen. Auch der Austausch steuerlicher Daten mit 100 Ländern soll ab 2017 helfen, Steuerhinterziehung zu bekämpfen.
Zwielichtige Kunden? Zerwürfnis mit Mitarbeiterinnen
Bleibt die Frage, wie eine ehrwürdige Privatbank zu den vermeintlich zwielichtigen Kunden gekommen ist. Nach Informationen des Abendblatts gab es zumindest zu einem Teil der Kunden, die heute in den Schlagzeilen sind, schon 2013 Verdachtsmomente in Bezug auf Geldwäsche.
Zwei Mitarbeiterinnen der Compliance-Abteilung von Berenberg, die die Einhaltung der Gesetze überwacht haben, informierten darüber die Geschäftsleitung. „Wir haben mit der Überprüfung extra Wirtschaftsprüfungsgesellschaften beauftragt, mit denen wir bisher nicht zusammengearbeitet haben“, sagt Wehmeier. So sollte offenbar jeder Schein der Abhängigkeit vermieden werden. „Doch die Vorwürfe wurden widerlegt“, sagt Wehmeier.
Das sahen die zwei Mitarbeiterinnen offensichtlich ganz anders. Darüber soll es nach Informationen des Abendblatts zu einem Zerwürfnis mit immer mehr Vorgesetzten gekommen sein. Die Folge war die Kündigung. Zwei Instanzen des Arbeitsgerichtes beschäftigten sich mit dem Fall, der in einem Vergleich endete.
Keiner der umstrittenen Kunden soll heute noch von der Bank betreut werden. Mittlerweile durchleuchtet die Bank automatisch das Internet, um an so viele Infos wie möglich über Kunden zu kommen. „Die Ansprüche an die Integrität der Kunden sind gestiegen“, sagt Wehmeier. Was Bankchef Peters auf die Eingangsfrage des Journalisten geantwortet hätte, bleibt sein Geheimnis. Eine Sprecherin des Bankenverbandes bügelte den Fragenden ab: „Das ist hier nicht Thema.“ Für die 1590 in Hamburg gegründete Bank wird es noch lange ein Thema bleiben.