Hamburg. Keine Frauen und Männer als Sexualobjekte zeigen, das Ende für Zigaretten auf Plakaten: Branche lehnt Einschränkungen strikt ab.
Auf Unverständnis bei Werbeagenturen stoßen die aktuellen Vorschläge aus der Politik, zum einen das Tabakwerbeverbot zu verschärfen und zudem anzügliche Bilder auf Plakaten in Deutschland zu verbieten. Diese beiden Einschränkungen für die Branche waren am Wochenende bekannt geworden: So will Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) geschlechterdiskriminierende Werbung in Deutschland unterbinden. Zudem will die Bundesregierung Zigarettenwerbung auf Plakaten und im Kino bis zum Jahr 2020 verbieten. Beide Gesetzesentwürfe sollen in der schwarz-roten Regierung in Kürze beraten werden.
„Demnächst gilt noch die Helmpflicht für das Anschauen von Werbung“, amüsiert sich Thomas Strerath, Vorstand von Jung von Matt über die Gesetzespläne. „Vertrauen wir dem mündigen Bürger, dessen Urteil ist schärfer und schneller als jede Behörde und bestraft dümmlich sexualisierte Werbung ohnehin“, sagt der Werber.
Ziel des Verbots der geschlechterdiskriminierenden Werbung ist es einem „Spiegel“-Bericht zufolge, auch als Reaktion auf die sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht in Köln, ein „moderneres Geschlechterbild“ in Deutschland zu etablieren. Künftig könnten Plakate oder Anzeigen unzulässig sein, die Frauen oder Männer auf Sexualobjekte reduzieren. Im Streitfall müsste ein Gericht entscheiden.
Der Zentralrat der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) sieht die sexuellen Übergriffe in Köln in einem anderen Zusammenhang: Die Täter kamen „aus einem Kulturkreis, der durch ein rückständiges Rollenbild, aber nicht durch Werbung in Deutschland geprägt wurde“. Torben Hansen, geschäftsführender Gesellschafter bei Philipp und Keuntje, sieht die Pläne ebenfalls kritisch: „Gesetze sind immer nur etwas wert, wenn sie sich durchsetzen lassen – ohne konsequente Sanktionierung bleibt nur ein Papiertiger übrig“, findet der Hamburger. „Ich wüsste nicht – bei der Überlastung der Justiz – wie das gehen sollte, oder will Minister Maas mehr Staatsanwälte und Richter einstellen, die diskutieren, ob ein Motiv ironisch oder ernst gemeint, gerade noch akzeptabel oder schon über der roten Linie ist?“ Ablehnung der neuen Regeln kam auch von Kolle Rebbe.
Das geplante schärfere Gesetz zur Tabakwerbung hatte Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) im Abendblatt-Interview mit dem Risiko des Rauchens begründet. „Vor allem Kinder und Jugendliche sollen nicht den Eindruck bekommen, Rauchen sei ein harmloser Spaß“, sagte Schmidt. Das geplante Tabakwerbeverbot ab 2020 soll auch E-Zigaretten einschließen und erstreckt sich auf Außenflächen wie Plakatwände oder Litfaßsäulen. Weiterhin zulässig bleibe die Werbung an Außenflächen von Fachgeschäften. Das Werbeverbot in Kinos solle bei allen Filmen gelten, die für Zuschauer unter 18 Jahren freigegeben sind, was der überwiegende Teil der Filme ist.
Deutschland ist nach Angaben des Ernährungsministeriums das letzte Land in der EU, in dem noch uneingeschränkt Außenwerbung für Tabakerzeugnisse zulässig ist.