Hamburg. Neue Umfrage zeigt weiterhin hohe Zustimmung für Olaf Scholz und seinen Senat – AfD schneidet überraschend schwach ab.

Ein Jahr nach Amtsantritt des rot-grünen Senats ist die politische Lage in Hamburg überraschend stabil. Obwohl ein hochemotionales Thema wie die Flüchtlingsunterbringung die Debatten bestimmt, gibt es weiterhin eine große Zustimmung für die Koalition von SPD und Grünen. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap im Auftrag von NDR 90,3 und „Hamburg Journal“ hervor.

Demnach sind 61 Prozent der Befragten mit der Arbeit des Senats zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Nur 33 Prozent sind weniger oder gar nicht zufrieden (Rest: keine Meinung/keine Angabe). Damit ist die Zustimmung zur Regierung seit Anfang 2015, als die SPD noch allein regierte, um sechs Punkte zurückgegangen.

Bemerkenswert: Mit konstant über 60 Prozent Zustimmung liegen die von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) geführten Senate seit 2011 weit über den Werten der CDU-Vorgänger, obwohl auch der damalige Bürgermeister Ole von Beust auf sehr hohe persönliche Beliebtheitswerte kam. Mit Scholz sind derzeit 69 Prozent der Befragten zufrieden, nach 76 Prozent kurz vor der Wahl 2015. Zum Vergleich: Mit Oppositionsführer An­dré Trepoll (CDU) sind neun Prozent zufrieden – allerdings kennen ihn 78 Prozent der Bürger nicht oder können sich kein Urteil über ihn erlauben.

Sonntagsfrage: absolute Mehrheit für Rot-Grün

Das schlägt sich auch in der Sonntagsfrage nieder: Wenn am Sonntag Bürgerschaftswahl wäre, würden 39 Prozent der Befragten ihr Kreuz bei der SPD machen – ein Rückgang um gut sechs Prozentpunkte gegenüber dem Wahlergebnis vor gut einem Jahr. Da die Grünen im Gegenzug um knapp drei Punkte auf 15 Prozent zulegen, käme Rot-Grün aber insgesamt immer noch auf eine stattliche absolute Mehrheit in der Bürgerschaft.

Mit der CDU, die sich gegenüber dem niederschmetternden Wahlergebnis von 15,9 auf 18 Prozent verbessert, der Linkspartei (elf Prozent, plus 2,5 Prozentpunkte) und der AfD (acht, plus 1,9) legen auch drei von vier Oppositionsparteien zu. Lediglich die FDP verliert leicht von 7,4 auf sechs Prozent. Auffällig ist vor allem, dass die Zustimmung zur AfD weit unter den jüngsten Wahlergebnissen der Partei liegt: In Baden-Württemberg (15,1 Prozent), Rheinland-Pfalz (12,6) und Sachsen-Anhalt (24,2) war die deutlich rechts der Union stehende neue Kraft erst vor drei Wochen mit zweistelligen Ergebnissen in die Landtage eingezogen.

Trepoll: Anerkennung für Oppositionsarbeit

„Für Hamburg ist das ein respektables Ergebnis“, sagte der AfD-Fraktionsvorsitzende Jörn Kruse dennoch. Bei den drei Landtagswahlen habe sich gezeigt, dass Umfragewerte für die AfD immer rund zwei bis drei volle Prozentpunkte unter dem dann tatsächlichen Ergebnis liegen. Zufrieden zeigte sich auch CDU-Fraktionschef Trepoll: „Die Richtung stimmt. Ich bin dankbar, dass die Hamburger unsere engagierte Oppositionsarbeit anerkennen.“ Trepoll sah auch einen Zusammenhang zum AfD-Umfragewert: „Gute Oppositionsarbeit hält Protestparteien in Hamburg klein.“

Die Linkspartei freute sich über den höchsten Umfragewert, den sie in Hamburg jemals erreicht hat: „Die Linke hat bei den Themen Soziale Gerechtigkeit, Flüchtlinge, Stadtentwicklung und nicht zuletzt bei Olympia klare Positionen, und die vertreten wir auch offensiv. Das macht sich bezahlt“, sagte Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus. FDP-Partei- und Fraktionschefin Katja Suding sah trotz des leichten Rückgangs gegenüber dem Wahlergebnis „einen stabilen Wert für die FDP“. Als Grund vermutete sie: „Das ist der Niederschlag einer stetigen Sachpolitik.“

SPD-Fraktionschef Andreas Dressel gewann dem Stimmungstest trotz des Einbruchs von 45 auf 39 Prozent ebenfalls positive Seiten ab: „Das ist ein insgesamt sehr ordentliches Zwischenzeugnis – gerade auch vor dem Hintergrund der momentan nicht einfachen Rahmenbedingungen durch die Flüchtlingskrise.“ Auch die Landesvorsitzende der Grünen, Anna Gallina, zeigte sich erfreut: „Wir nehmen die 15 Prozent als Lob für das erste Jahr in der Regierung und als Vorschusslorbeeren, die es in den kommenden vier Jahren noch zu verdienen gilt.“

Zuwanderung ist bestimmendes Thema

Auf die Frage, was sie derzeit am meisten beschäftigt, nannten 62 Prozent der Befragten das Thema „Zuwanderung (Flüchtlinge, Integration)“. Alle anderen Themen wie Terror (neun Prozent) oder Landtagswahlen (fünf) kommen nur auf einstellige Werte. Wie berichtet, sagen 45 Prozent der Befragten, dass sie die Unterbringung von Flüchtlingen in Hamburg für „nicht angemessen“ halten, 35 Prozent halten sie für „angemessen“. Allerdings lässt sich daraus schwerlich die Zufriedenheit mit der Senatspolitik ableiten. Denn es fällt auf, dass allen voran die Anhänger der oppositionellen FDP mit 49 Prozent die Unterbringung „angemessen“ finden, während 58 Prozent der Anhänger der mitregierenden Grünen sie als „unangemessen“ ablehnen.

Eindeutiger ist hingegen die Grundstimmung der Hamburger: 55 Prozent blicken „eher zuversichtlich“ in die Zukunft, nur 35 Prozent empfinden „eher Beunruhigung“.