Hamburg. Hamburger Konzern will vor allem in Asien und Amerika kräftig wachsen. Deutlich sinkender Gewinn im laufenden Jahr erwartet.

Johannes Bußmann, der Vorstandschef der Lufthansa Technik AG, wirkte ganz entspannt, als er am Montag im neuen IT-Zentrum des Unternehmens die Bilanz des vergangenen Jahres zog. Kein Wunder: Es war sein erster offizieller Termin nach einem Kurzurlaub und Bußmann, der den Konzern seit April vergangenen Jahres führt, konnte hoch erfreuliche Zahlen präsentieren.

Der Umsatz des weltgrößten Anbieters von Wartungs-, Reparatur- und Überholungsarbeiten an Flugzeugen schnellte 2015 gegenüber dem Vorjahr um 762 Millionen (plus 17,6 Prozent) auf knapp 5,1 Milliarden Euro nach oben. Damit wuchs der Konzern stärker als der Weltmarkt (plus 6,9 Prozent). Und auch das Ergebnis vor Zinsen und Steuern wuchs um 20 Prozent und erreichte mit 454 Millionen Euro annähernd den Rekordwert von 2013 (474 Millionen Euro).

Lufthansa Technik gewann im vergangenen Jahr eine ganze Reihe neuer Kunden unter Fluggesellschaften, die ihre Flugzeuge bei dem Unternehmen warten lassen. Deren Zahl stieg auf 3700. Einen großen Teil des Gewinnwachstums verdankt das Unternehmen aber auch dem gegenüber dem Euro starken Dollar. Währungseffekte hätten mit gut 80 Millionen Euro zum Gewinnwachstum beigetragen, sagte die seit wenigen Wochen amtierende Finanzchefin Constanze Hufenbecher. „Das wird sich 2016 nicht wiederholen“, sagte Hufenbecher voraus. Sie erwartet für das laufende Jahr bei einem weiter wachsenden Umsatz ein deutlich sinkendes Ergebnis.

Das Unternehmen werde in diesem Jahr seine Investitionen auf 354 Millionen Euro mehr als verdoppeln, kündigte Bußmann an. Mit dem Geld solle vor allem die Internationalisierung des Konzerns vorangetrieben und seine Innovationskraft gestärkt werden.

„Neue Fertigungsmethoden machen Flugzeuge und Triebwerke zuverlässiger und wartungsärmer“, sagte Bußmann. „Dadurch fällt schon einiges an Volumen für uns weg.“ Ein modernes Flugzeug wie der Airbus A350 liefere rund 400.000 Messparameter, beim Airbus A330 waren es noch 30.000. Die Herausforderung sei es, die ungeheuren Datenmengen zu sammeln und auszuwerten, um bei Bedarf frühzeitig eingreifen zu können.

2015 hatte Lufthansa Technik die beiden ersten Linien zur Überholung von Flugzeugen auf Puerto Rico in Betrieb genommen. Das soll dem Unternehmen einen besseren Zugang zum großen Markt in den USA und zum wachsenden Markt in Südamerika verschaffen. Der Standort auf den Philippinen wurde erweitert. Dort lässt der Mutterkonzern Lufthansa jetzt seine Airbus-A380-Flotte nach und nach überholen. In Dubai hat Lufthansa Technik kürzlich ein Tochterunternehmen gegründet, das seine Dienste den stark wachsenden Airlines im Mittleren Osten anbietet. „Europa ist der Heimatmarkt, aber das stärkste Wachstum sehen wir in Asien und Amerika“, sagte Finanzvorstand Constanze Hufenbecher.

Zugleich aber sieht Lufthansa Technik sich auch einem starken Preisdruck der Fluggesellschaften ausgesetzt – und einer wachsenden Zahl von Mitbewerbern. Flugzeughersteller wie Airbus oder Triebwerksbauer steigen in das Geschäft mit Wartung und Dienstleistungen ein. Fast alle neuen Triebwerke würden zusammen mit Service-Verträgen verkauft, sagte Bußmann. Der Wettbewerb um Standardleistungen sei fast nur noch über die Produktionskosten zu gewinnen.

2015 lieferte der Konzern zweiLuxus-Jumbojets an Privatkunden aus

Und das verheißt für den Standort Hamburg, an dem Lufthansa Technik alles in allem etwa 7500 der weltweit 20.300 Vollzeit-Arbeitsplätze unterhält, möglicherweise nichts Gutes. Mehrfach betonte Bußmann, für Hamburg gebe es „besondere Herausforderungen“, zum Beispiel den Triebwerksservice zu den im internationalen Wettbewerb „richtigen Kosten“ anbieten zu können.

Derzeit gebe es bereits Gespräche, welche Triebwerke an welchen Konzern-Standorten gewartet werden, sagte der Vorstandschef. Zugleich betonte Bußmann: „Es wird keine großflächigen Änderungen geben, die kurzfristig umgesetzt werden.“ Am Rande der Bilanzpräsentation sagte der Vorstandsvorsitzende dem Abendblatt: „Wir bemühen uns, die Zahl der Mitarbeiter am Standort Hamburg zu halten. Das ist eine große Herausforderung.“

Zumal auch das in Hamburg angesiedelte Geschäft mit dem Luxusumbau von Großflugzeugen für finanzstarke Privatkunden derzeit nicht so gut läuft. Im vergangenen Jahr lieferte Lufthansa Technik zwar zwei Boeing Jumbojets mit luxuriöser Innenausstattung an sogenannte VVIP-Kunden (Very, very Important Persons) aus, zurzeit wird aber nur ein Folgeauftrag bearbeitet. Dieses Geschäftsfeld sei von jeher ein Markt mit starken Schwankungen, so Bußmann. „Wir sind dabei, uns neue aufzustellen, um damit künftig besser umgehen zu können.“