Frankfurt. Fluglinie steigert Konzernergebnis um 55 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro. Auch Hamburger Technik-Tochter verdient mehr

Der Lufthansa-Chef absolviert einen der größten Drahtseilakte seiner Karriere: Knapp ein Jahr nach dem Absturz eines Flugzeugs der Tochter-Airline Germanwings mit 150 Toten stellt Carsten Spohr den höchsten Gewinn in der Unternehmensgeschichte vor. „2015 war ein trauriges Jahr, ein Jahr der Extreme“, so Spohr am Donnerstag in Frankfurt. Beides zusammen zu verarbeiten – den Crash in den Alpen und ein Konzernergebnis von 1,8 Milliarden Euro in einem Jahr – falle ihm nicht leicht. „Ein Jahr, in dem 150 Menschen starben, kann für mich kein Rekordjahr sein.“

Der ansonsten so umgängliche Spohr war sichtlich bemüht, die Balance zwischen dem Horror-Absturz und den glänzenden Wirtschaftzahlen zu halten. Nicht leichter machte es ihm die Tatsache, dass sich die Katastrophe nächsten Donnerstag zum ersten Mal jährt. Dazu würden rund 800 Angehörige der Opfer in die Nähe des Absturzortes in die französischen Alpen geflogen, sagte ein Konzernsprecher. Spohr: „Wir haben alles getan, um die Folgen für die Angehörigen abzumildern, falls das überhaupt möglich ist.“ Der Konzern habe den Familien bislang insgesamt einen zweistelligen Millionenbetrag gezahlt. Die Summen lägen individuell bei mindestens 100.000 Euro und gingen schnell in die Millionen.

Den Ermittlungen zufolge steuerte der Copilot am 24. März 2015 die Germanwings-Maschine mit Absicht in ein Gebirgsmassiv in den französischen Alpen. Später stellte sich heraus, dass der damals 27-jährige Andreas L. unter schweren Depressionen litt. „Das schreckliche Ereignis hat mir die Bedeutung der Sicherheit vor Augen geführt“, sagte Spohr, der selbst Pilot ist. Am zweitwichtigsten sei für ihn die langfristige Zukunftsfähigkeit des Konzerns mit 120.000 Mitarbeitern, davon 9500 in Hamburg.

In diesem Punkt hat die Lufthansa 2015 nur bedingt Fortschritte gemacht, da die Kosten trotz aller Sparbemühungen und Tarifstreitigkeiten um 2,4 Prozent stiegen. Niedrige Spritpreise und steigende Passagierzahlen wirkten sich aber positiv aus. Bei einem Jahresumsatzplus von sieben Prozent auf 32 Milliarden Euro stieg das Betriebsergebnis (bereinigtes Ebit) um 55 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro.

Ein starkes Jahr lieferte auch die Tochter Lufthansa Technik mit Sitz in Hamburg ab. Der Wartungsspezialist, der in der Hansestadt rund 7500 Menschen beschäftigt, steigerte bei einem Umsatzplus seinen Ergebnisbeitrag um 19,5 Prozent auf 454 Millionen Euro. Die detaillierten Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr gibt das Unternehmen diesen Montag bekannt. Für 2016 erwartet die Lufthansa-Tochter aufgrund des zunehmenden Preisdrucks und der Kosten für Wachstumsprojekte einen deutlichen Ergebnisrückgang.

Konzernweit erwartet der Vorstand hingegen eine Steigerung des bereinigten Ebits. Günstig dürften sich Ölpreise auswirken. Die Ausgaben für Kerosin dürften sich auf 4,8 Milliarden Euro summieren – eine Milliarde weniger als 2015. Angesichts des Rückenwinds durch die niedrige Tankrechnung sei die Prognose sehr konservativ, sagte Jarrod Castle, Luftfahrt-Analyst bei der Bank UBS. Ähnlich sahen es die Anleger und schickten die Aktie um mehr als sechs Prozent nach unten – trotz einer Dividende von 50 Cent, die 2014 wegen hoher Verluste gestrichen worden war.