Hamburg. Das neue Geschäft Marlowe Nature in Hamburg setzt auf Bioware und nimmt eine Vorreiterrolle in der Bundesrepublik ein.
Den alten Terrazoboden im früheren Blumenladen Primel am Grindel hat Uli Ott kräftig geschrubbt. Jetzt sieht er wieder aus wie neu. Das sollte auch so sein. Schließlich wird das Ladengeschäft Marlowe Nature beim Schlump im Grindelviertel am Sonnabend prall gefüllt mit Pullovern, Hosen, Gürteln, Mänteln oder auch T-Shirts neu eröffnet. Manfred Ott und seine Frau Uli haben keine Minute gezögert, als sie hörten, dass der Blumenladen nach Jahren aufgab. Sie verhandelten mit dem Vermieter des Geschäfts und investierten am Ende rund 30.000 Euro in den Laden.
Die neue Verkaufsfläche ist für das Ehepaar etwas ganz Besonderes. Denn der Laden nimmt bundesweit eine Vorreiterrolle ein. Es ist das erste Geschäft, das ausschließlich Öko- und biologische Bekleidung für Männer anbietet, die sich modern anziehen und natürliche Materialien tragen wollen, die nachhaltig wachsen. „Mir ist kein Geschäft in Deutschland bekannt, das bislang gewagt hat, ausschließlich Ökomode für Männer in einem Laden anzubieten“, sagt Heike Scheuer vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN) in Berlin.
Vor 24 Jahren gründete das Ehepaar Ott einen Modeladen in der unmittelbaren Nachbarschaft der neuen Verkaufsfläche. Dort gibt es allerdings ausschließlich nachhaltige Damenmode. Bald nach der Eröffnung hat es das Paar geschafft, nicht nur umweltbewusste Frauen, sondern auch andere Käuferinnen für ihre Mode zu begeistern. „Die Menschen kommen auch von außerhalb, fragen nach, welche Kollektionen wir aktuell anbieten“, sagt Uli Ott. Ursprünglich kommt das Paar aus der konventionellen Modebranche. Doch den Schritt in die ökologische Nische musste es bislang nicht bereuen.
Preise sind moderat
Inzwischen liegt der Jahresumsatz im Damenmodegeschäft bei 450.000 Euro. Auch deshalb konnten das Ehepaar und die Tochter Lena Schulz den neuen Laden finanzieren. Neben seinem Onlineshop verkauft das Unternehmen zudem im Erste Weltladen in Ottensen die Produkte. Ott hofft, dass das Geschäft für Männer die Strahlkraft des Damenladens erreichen kann. Die Preise sind moderat. Ein kurzärmeliges T-Shirt kostet 19 Euro.
Seine Lieferanten kennt das Paar persönlich. In Hamburg gehört zum Beispiel das Label Revolution RVLT zu den rund 50 Herstellern. Weitere stammen aus Österreich, Großbritannien, Frankreich, Italien und der Türkei. „Wir bestellen auch viel von kleineren Manufakturen auf der Schwäbischen Alb“, sagt Ott. Auch die Firma Knowledge Cotton Apparel aus Dänemark zählt zu den Lieferanten, die künftig im Marlowe-Geschäft gelistet sind. Schulz: „Wir haben von Knowledge einen Mantel für Männer im Sortiment, der aus Plastikflaschen recycelt wurde.“ Anzusehen ist dies dem blauen Stück nicht.
Die Bekleidung von Revolution ist von dem Global Organic Textile Standard zertifiziert. Er wurde von international führenden Organisationen entwickelt. „Handel und Industrie hatten zuvor nachdrücklich einheitliche Verarbeitungskriterien für Biofasern gefordert“, sagt Uli Ott. Neben den ökologischen Aspekten geht es bei den Siegeln vor allem auch um faire Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter der betreffenden Hersteller.
Deutsche in der EU bei Biomode der größte Abnehmer
Scheuer und der IVN haben ebenfalls strenge Qualitätsrichtlinien erarbeitet, nach denen Textilien und Lederwaren hergestellt und verarbeitet werden müssen, um als Bio zu gelten. Unter anderem dürfen zum Beispiel keine Reißverschlüsse, die Nickel enthalten, in der Kleidung verarbeitet werden. Den Auflagen zu folgen ist nicht immer einfach. So müssen Spinnereien, die von kleinen Manufakturen, aber auch von größeren Häusern genutzt werden, immer erst gereinigt werden, ehe sie von den Betrieben mit Biobaumwolle und anderen organischen Stoffen genutzt werden können.
Diese Siegel hält Greenpeace für glaubwürdig
Während Versender wie Hess Natur oder Waschbär in Deutschland nachhaltig erzeugte Kleidung anbieten, sieht es im Rest von Europa mau aus. Die Deutschen sind in der EU bei Biomode der größte Abnehmer. Doch das sagt wenig aus. Denn bislang hat die nachhaltige Mode nur einen Anteil von 1,5 bis zwei Prozent am Bekleidungsumsatz. „Es gilt Überzeugungsarbeit zu leisten“, sagt Manfred Ott, der weiß, dass ohne die großen Player im Markt wie der Otto Group, Tchibo und C&A das Geschäft nicht laufen würde. Die Konzerne sind längst auf den Trend der Biobaumwolle gesprungen.