Wenn Kinder ein Musikinstrument spielen wollen, kommen viele Fragen auf die Eltern zu. Das Abendblatt beantwortet sie.
Musik hören ist schön, Musizieren ist schöner. Was so berauschend daran ist, selbst Klänge zu produzieren, ob nun im stillen Kämmerlein oder erst recht und potenziert in der Gruppe, das kann man nicht restlos erklären, das muss man erleben. Achten Sie mal auf die verklärten Züge eines Quartetts älterer Herren. Oder auch auf die vom Eifer erhitzten Gesichter von Kindern, die gerade ein Stück aufführen, ob mit dem Schulorchester oder mit der Big Band oder auch dem so gerne bespöttelten Flötenkreis.
Nehmen wir an, Ihr Kind will ein Instrument lernen. Oder der Familienrat hat beschlossen, das Kind solle ein Instrument lernen. Aber wie funktioniert denn das, ganz praktisch? Einige Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Geige, Gitarre, Trompete – welches Instrument soll mein Kind lernen?
Das, das es will. Punkt. Oder doch nicht? Weiß es denn schon, was es noch so gibt? War Ihr Kind schon mal im Kinderkonzert? Hören Sie „Peter und der Wolf“ von Prokofjew, die Mutter aller Musikvermittlungskompositionen. Gehen Sie ins Klingende Museum im Souterrain der Laeiszhalle, da bekommen die Kinder die Instrumente von Musikern vorgespielt und dürfen sie unter Anleitung ausprobieren.
Oder nehmen Sie die Orientierungsangebote der Musikschulen wahr. Davon gibt es in Hamburg Dutzende. Die Flaggschiffe sind die Staatliche Jugendmusikschule Hamburg und das Hamburger Konservatorium.
In öffentlichen Klassenvorspielen, Konzerten oder Workshops können Kinder andere Kinder beim Musizieren erleben. Die Häuser bieten aber auch Einstiegskurse zum aktiven Ausprobieren an, die heißen etwa „Instrumentenkarussell“ oder auch „Musikgarten“. Da lernt ein Kind einige Wochen lang ein Instrument und anschließend ein anderes, etwa Geige, Gitarre, Klarinette und Trompete.
Verschiedene Wege zum passenden Instrument
Ausgewählte Schulen nehmen an dem städtisch finanzierten Programm „JeKi“ teil, das Kürzel steht für „Jedem Kind ein Instrument“. Über die vier Grundschuljahre hinweg lernen die Kinder zunächst die Musikinstrumente kennen und bekommen dann Unterricht auf dem Instrument ihrer Wahl.
Die Akademie Hamburg für Musik und Kultur, eine private Musikschule, geht einen anderen Weg. „Nach dem Instrumentenkarussell sagen Kinder oft: ,Ich kann schon alle Instrumente spielen‘“, hat die Leiterin Anke Dieterle beobachtet. „Sie automatisieren eher den Vorgang, die Instrumente für ein paar Unterrichte zu bekommen und sie immer wieder abzugeben, als ein wirkliches Interesse für ein Instrument zu entwickeln. Wir finden deshalb einen Tag der offenen Tür, an dem sich Kinder mit Hilfe von engagierten Lehrkräften innerhalb eines Nachmittags ihr Lieblingsinstrument herauspicken können, zielführender.“
Wo Kinder in Hamburg ein Instrument erlernen können
Und wenn sich Ihr Kind dann in ein Instrument verliebt hat?
Dann könnten Sie sich oder auch den Lehrer fragen, ob das Instrument für das Kind geeignet ist. Klavier und Streichinstrumente sind vom Zeiteinsatz her am aufwendigsten, das Kind braucht dafür ein gewisses Durchhaltevermögen. Und die Familie eines Geigenkindes braucht den Willen, zu ertragen, dass die heimischen Klänge in der ersten Zeit die Ohren schon mal strapazieren.
Blechblasinstrumente muss man nicht so lange am Stück üben. „Das Üben an sich ist aber körperlich anstrengender“, sagt Sabine Braun, Lehrerin für Trompete und Bläserklassen an der Jugendmusikschule. „Die Hemmschwelle, sich aufzuraffen, ist höher, wenn das Kind müde oder erschöpft ist.“ Ein Blasinstrument setzt eine belastbare Konstitution voraus. Horn oder Posaune gegen Asthma oder zur Kräftigung der Körperspannung zu lernen, wie das Ärzte manchmal empfehlen, ist eher von therapeutischem als von musikalischem Nutzen.
Sie können aber auch darauf verzichten, sich solche Fragen zu stellen. Wenn das Kind das Instrument wirklich will, dann kann es mit seiner Begeisterung manche Prognose aushebeln. Und wenn es nicht wirklich will – dann sollten Sie sich eher fragen, ob Sie und Ihr Kind die Mühen auf sich nehmen sollen. Denn ohne Mühe geht es nicht ab.
Welches Alter bietet sich am besten für einen Einstieg an?
Klavier und Streichinstrumente fängt man am besten früh an. Als Faustregel gilt: Ein Vorschulkind muss den Wunsch, ein Instrument zu lernen, deutlich und von sich aus kundtun. Gabriele Steinfeld, freischaffende Geigerin und Geigenlehrerin, rät davon ab, den Instrumentalunterricht parallel zur Einschulung zu beginnen. „Dadurch, dass die Kinder sich auf Dinge wie das Lesenlernen konzentrieren, verlieren sie eine Zeit lang die Leichtigkeit der Bewegung“, ist ihre Erfahrung. Ein Jahr vor oder nach der Einschulung findet Steinfeld gleichermaßen empfehlenswert.
Blasinstrumente beginnt man in aller Regel ohnehin später, denn für die braucht es eine stabile Reihe bleibender Frontzähne. Früher war es üblich, mit Blockflöte zu beginnen und die Jahre zu überbrücken, das ist gerade für Oboe eine sehr gute Vorbereitung. Inzwischen gibt es jedoch viele Blasinstrumente in kindgerecht vereinfachten, kleineren Ausführungen, dadurch können die Kinder unter Umständen schon im Grundschulalter anfangen.
Der richtige Lehrer – ein Musikpädagoge oder der Berufsmusiker?
In der besten aller Welten haben Ihnen qualifizierte Gewährsleute wie Musiklehrer oder Berufsmusiker mehrere nette, hoch qualifizierte Kollegen empfohlen.
Sie sprechen mit den Lehrern und gehen, wenn Sie einen guten Eindruck haben, mit dem Kind zur Probestunde. Sie achten nicht nur darauf, wie die Kandidaten auf Ihr Kind eingehen und welche Arbeitseinstellung sie vermitteln, sondern auch darauf, ob Kind und Lehrer zusammenpassen – und unbedingt auch darauf, was Ihr Kind findet. Schließlich werden die beiden, wenn es gut läuft, über Jahre miteinander arbeiten, das kann das Kind fürs Leben mitprägen.
Anke Dieterle von der Akademie Hamburg bringt es auf den Punkt: „Instrumentalunterricht ist Beziehungsarbeit.“ Ihr Haus bietet den Familien vier kostenpflichtige Probestunden an. „Wir bitten die Eltern, darauf zu achten, wie ihr Bauchgefühl ist. Vielleicht braucht das Kind einen anderen Lehrer.“
Auf Nachfragen nach bestimmten Fächern reagiert Dieterle schnell. „Bei uns wartet man in der Regel nicht mal einen Monat“, sagt sie. „Das können wir uns einfach nicht leisten. Wir wissen, die Leute sind ganz schnell weg.“
An der Staatlichen Jugendmusikschule dagegen kann es schon mal mehrere Jahre dauern, bis ein Platz frei wird. Und dann muss die Familie sich binnen Kurzem entscheiden, ob sie den Platz will oder nicht – für ein Instrument, wohlgemerkt, nicht bei einem bestimmten Lehrer.
Zur Überbrückung bietet die Jugendmusikschule andere Einstiegskurse oder auch Ensembles an. Schließlich gilt es, dem Kind die Freude an der Musik zu erhalten.
Gruppen- oder Einzelunterricht – was passt zu welchem Instrument?
„Bei Bläsern geht es recht gut in Gruppen von zwei oder drei Kindern, wenn sie von ihren Voraussetzungen und ihrer Lernfähigkeit her ähnlich sind“, sagt Rüdiger Mix, Klarinettenlehrer an der Jugendmusikschule. Bei Streichern ist Einzelunterricht für die individuelle Schulung des Gehörs unentbehrlich. Geigenlehrerin Gabriele Steinfeld empfiehlt für den Anfang eine Kombination von beidem: „Ideal ist es, wenn kleine Kinder zweimal wöchentlich kommen, einmal allein und einmal in der Gruppe. Der Spaß beim Zusammenspielen motiviert ja auch.“
Die Entscheidung hängt auch von den Prioritäten ab, die Sie setzen. Gruppenunterricht ist günstiger, aber wenn das Kind es auf dem Instrument wirklich weit bringen soll, wird es ohne Einzelunterricht nicht auskommen.
Woher weiß ich, ob die Qualität des Unterrichts auch stimmt?
Wenn Sie sich nicht auf Empfehlungen oder auf Ihre eigenen Ohren verlassen wollen, können Sie auf äußere Kriterien achten. Bei der Staatlichen Jugendmusikschule und dem Konservatorium kann guter Standard vorausgesetzt werden. Beide sind Mitglied des Verbands deutscher Musikschulen und müssen dessen Qualitätsstandards erfüllen. Für kleinere oder nicht institutionell geförderte Häuser kommt eine VdM-Mitgliedschaft meist nicht in Betracht. Messbare Qualitätskriterien gibt es dennoch. Indizien für eine nicht primär kommerzielle, sondern pädagogische Ausrichtung sind etwa die Gemeinnützigkeit einer Einrichtung und die Befreiung von der Umsatzsteuer.
Friederike Haufe, Vorsitzende des Deutschen Tonkünstlerverbandes Hamburg, rät, sich zu erkundigen, ob die Lehrkräfte einer Musikschule Mitglieder des Deutschen Tonkünstlerverbandes (DTKV) sind. Der nimmt als Berufsverband nur Musiker auf, die ihre Qualifikation nachgewiesen haben. „Flötenlehrer kann sich nämlich jeder nennen“, sagt Haufe. „Das ist keine geschützte Bezeichnung.“
Und welche Kosten kommen da jeden Monat auf uns zu?
Staatliche oder staatlich bezuschusste Einrichtungen kommen mit moderaten Beiträgen aus, Zusatzangebote wie Ensemblespiel sind häufig inbegriffen. 45 Minuten Einzelunterricht pro Woche kosten an der Jugendmusikschule 78 Euro pro Monat und am Konservatorium 110,25 Euro; Ermäßigungen sind bei beiden Häusern möglich.
Das Preisspektrum für privaten Unterricht ist sehr breit. Die Akademie Hamburg verlangt 94 Euro pro Monat für 45 Minuten Einzelunterricht pro Woche. Wer sich selbst einen Lehrer sucht, handelt auch den Preis selbst aus. Dabei sollte man bedenken: Der Preis, den ein Lehrer pro Stunde nimmt, ist auch ein Indiz dafür, was er auf dem Markt offenbar verlangen kann. Qualität kostet eben. 100 Euro pro Monat dürften die Untergrenze dessen sein, was für einen qualifizierten Unterricht angemessen ist.
Woher bekomme ich ein Instrument?
Für den Anfang empfiehlt es sich meist, ein Instrument zu mieten. Leihinstrumente kosten bei der Jugendmusikschule 25 bis 100 Euro im Jahr und beim Konservatorium zwischen 7 und 40 Euro pro Monat. Kleinere Häuser vermieten nicht selbst, vermitteln aber Kontakte zu Instrumentenbauern.