Hamburg. Das Cruise Center Steinwerder gehört zu 100 Prozent der Stadt – Hafenarbeiter erhalten aber weniger Geld als in Altona und HafenCity.

Die Kreuzfahrtindus­trie ist global ein Milliardengeschäft. Allein in Hamburg entsteht nach Abzug von Vorleistungen jährlich eine Wertschöpfung von mindestens 270 Millionen Euro. Die Reedereien verdienen daran, Hotels, Restaurants, Taxifahrer und schließlich der Hafen selbst. Doch genau da sorgt die Verteilung des Geldes jetzt für Ärger – und zwar an den Kreuzfahrtterminals.

Drei gibt es in Hamburg. Neben den Terminals in der HafenCity und in Altona existiert seit Mitte des vergangenen Jahres auch das Cruise Center Steinwerder im Mittleren Freihafen. An allen drei Terminals werden Hunderte Hafenarbeiter zur allgemeinen Be- und Entladung, zum Verstauen der Koffer und zur Abfertigung der Schiffe eingesetzt. Nur bekommen sie nicht an allen Terminals das gleiche Geld.

Das geht zumindest aus den Senatsantworten auf zwei Anfragen der Linksfraktion hervor. Demnach werden die Beschäftigten an den Terminals HafenCity und Altona nach dem gültigen Tarif für Hafenarbeiter entlohnt. Der Tarif für Hafenarbeiter der deutschen Seehafenbetriebe sieht je nach Lohngruppe eine Bezahlung zwischen 15,83 und 24,58 Euro pro Stunde vor. Für das Kreuzfahrtterminal Steinwerder gelten aber andere Regeln: „Die Abfertigungsdienstleister haben sich im Rahmen ihrer Akkreditierung zur Einhaltung des Hamburger Mindestlohns verpflichtet“, hieß es jetzt in der Senatsantwort auf eine andere Anfrage. Der Mindestlohn liegt in Hamburg aber nur bei 8,67 Euro brutto pro Stunde. Das sind mindestens 7,16 Euro weniger als beim Hafentarif. Wie viele Beschäftigte davon betroffen sind, ist unklar, weil jede Reederei mit ihrem Abfertigungsdienstleister eigene Verträge schließt und sich der Personalbedarf nach der Größe der Schiffe und Anzahl der Passagiere richtet.

Ausgerechnet am modernsten Terminal wird also nicht nach Tarif bezahlt. Jedenfalls nicht an alle Mitarbeiter. Die städtische Kreuzfahrtgesellschaft, die das Terminal in Steinwerder betreibt, hat drei eigene „Chef Terminal Officers“ am Anleger, die bekommen ihren Lohn nach Tarif. Für die Mitarbeiter der beauftragten Abfertigungsdienstleister gilt das nicht. Pikant ist daran, dass das Cruise Center Steinwerder mit Steuergeldern eingerichtet wurde und als 100-prozentiges Tochterunternehmen der Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA) zur Stadt gehört. Die anderen beiden Terminals, wo Tarif gezahlt wird, wurden bisher von der HHLA betrieben.

Die Linksfraktion in der Bürgerschaft übt scharfe Kritik: „Die Hafentarife sind seit Jahren Angriffen der Reeder ausgesetzt, die immer wieder versuchen, diese zu unterlaufen“, sagt der Hafenexperte der Linken, Norbert Hackbusch: „Dass jetzt ausgerechnet ein Unternehmen, das sich zu 100 Prozent im staatlichen Besitz befindet, diesen Tarif unterläuft, ist eine ausgemachte Provokation für alle im Hafen beschäftigten Mitarbeiter.“

Der Bundesfachgruppenleiter „Häfen“ der Gewerkschaft Ver.di, Thomas Mendrzik, geht sogar noch weiter: Nach seiner Kenntnis werden am Kreuzfahrtterminal Steinwerder sogar geringfügig Beschäftigte eingesetzt, die auf 450-Euro-Basis Koffer schleppen. „Wir fordern, dass die Missstände behoben und die Billigjobs in sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze umgewandelt werden“, sagt der Ver.di-Funktionär, der zugleich Betriebsrat bei der HHLA ist. Schließlich müsse der für alle Hafenarbeiter geltende Tarif angewendet werden. Von Billigjobs will man beim Terminalbetreiber nichts wissen: „Der Cruise Gate Hamburg GmbH ist nicht bekannt, ob oder dass Firmen Mitarbeiter auf 450-Euro-Basis beschäftigen“, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Aber genau das greift Ver.di-Experte Mendrzik an: „Das ist eine städtische Gesellschaft, die muss wissen, was auf ihren Terminals bezahlt wird. Und sie muss sich darum kümmern, dass es sozialversicherungspflichtige Jobs gibt.“

Das Kreuzfahrtterminal Steinwerder ist das größte der drei Terminals in der Hansestadt. Es ist als einziger Anleger in der Lage, einen Passagierwechsel im großen Umfang durchzuführen. Hier können bis zu 4000 Passagiere gleichzeitig ein- und auschecken. Deshalb wird es zum festen Terminal für die „AIDAprima“, dem neuen Flaggschiff der Rostocker Reederei AIDA Cruises. Das Schiff wird ab Ende April wöchentlich von Hamburg aus zu Europa-Rundreisen in See stechen.

Zugleich steht das Terminal wegen seiner abseitigen Lage und schweren Erreichbarkeit hinter der Werft von Blohm + Voss am südlichen Elbufer in der Kritik. Mit dem öffentlichen Nahverkehr kommen Reisende nur umständlich zum Terminal. Denn ein kleiner Passagieranleger für Hafenfähren daneben wird nicht bedient. Immerhin ist zu Beginn der Kreuzfahrtsaison ein zusätzlicher Bus-Shuttle-Service vom S-Bahnhof Veddel im Gespräch.