Hamburg . Zwei Barmbeker haben Vinoa entwickelt. Gut 23.000 edle Tropfen aus 25 Shops sind dort bereits zu finden – Tendenz steigend.

Ihre Lieblingsweine fanden Daniel Schmerbauch, 32, und Helge Morgenstern, 31, auf Reisen. Schmerbauch bei einem Vier-Gänge-Menü im Rittersaal eines Winzerschlosses im italienischen Umbrien. Morgenstern bei einem Abendessen mit Blick auf das Mittelmeer vor Sardinien. Wein ist zur Leidenschaft der beiden Barmbeker geworden – und zur Geschäftsidee. „Wer zum Beispiel im Urlaub in der Toskana einen besonderen Chianti entdeckt hat, findet diesen beim Weinhändler in der Heimat oft nicht wieder“, sagt Schmerbauch. „Online werben mehr als 1000 deutsche Weinshops um Käufer.“ Bei der riesigen Auswahl sei es schwierig, den Überblick zu behalten. Deshalb haben die beiden Weinliebhaber, die zuletzt gemeinsam im Online-Feinkosthandel tätig waren, eine Weinsuchmaschine entwickelt. Vinoa funktioniert wie eine Art Google und soll den Nutzer schnell zu der richtigen Flasche Wein führen.

Von Vinoa wird man direkt auf die entsprechenden Shops weitergeleitet

Besucher des Internetportals können gezielt nach Weinen suchen, sich aber auch inspirieren lassen, wenn sie noch nicht genau wissen, welcher Wein es sein soll. Beispielsweise gibt die Suchmaschine derzeit Empfehlungen für „gemütliche Winterabende“. Wird ein bestimmter Weinname oder eine Rebsorte in das Suchfeld eingegeben, vergleicht Vinoa, in welchen Onlineshops das Produkt erhältlich ist. Als Suchergebnis erscheint eine Übersicht, die sich derzeit nach bis zu 16 Kategorien wie Preis, Versandoption, Jahrgang oder Produzent filtern lässt. Hat sich der Nutzer für einen Wein entschieden und klickt auf das Produkt, wird er zu dem entsprechenden Partnershop weitergeleitet, bei dem der Wein direkt bestellt werden kann.

„Uns fehlte das neutrale Bindeglied zwischen Weinhändlern und -käufern, das wie ein objektiver Berater funktioniert“, sagt Morgenstern. Das wolle Vinoa sein. „Wir verkaufen die Weine nicht, sondern leiten zu den Partnershops weiter.“ Zudem biete die Suchmaschine viel Wissenswertes zum Thema Wein. Inspiration beim Weinkauf soll vor allem ein Online-Magazin bieten. Darin haben die Jungunternehmer Beiträge von Weinkennern zusammengestellt. „Der Leser findet zum Beispiel Winzerporträts, Rezepte oder Berichte über Weinanbaugebiete wie die Toskana“, sagt Morgenstern.

Mehr als 23.000 Weine aus gut 25 Shops sind bei Vinoa zu finden

Für das Fachwissen und Kontakte ins Weingeschäft haben die beiden Gründer die Hamburger Sommelière Ina Finn, 41, mit ins Team geholt. „Vinoa ist keine reine Preisvergleichsmaschine“, sagt die selbstständige Weinberaterin, die seit fast 20 Jahren in der Branche tätig ist. „Beim Thema Wein wäre das zu nüchtern. Der Kauf erfolgt über eine emotionale Ebene. Den Kunden interessiert die Geschichte hinter dem Produkt.“ Finn veranstaltet regelmäßig Weinseminare in der „Villa Verde“ in Eimsbüttel.

Online ist Vinoa seit Mitte Dezember. Inzwischen kann der Nutzer mehr als 23.000 Weine aus gut 25 Shops finden und vergleichen. Tendenz steigend. Schmerbauch, studierter Betriebswirt, und Morgenstern, studierter Wirtschaftsinformatiker, werben täglich um weitere Partnershops. Die Jungunternehmer kooperieren mit Online-Weinhändlern. Diese zahlen pro weitergeleitetem Kaufinteressenten eine Gebühr an Vinoa. Für den Verbraucher ist das Angebot kostenlos. „Mittelfristig wollen wir zum wichtigsten Anlaufpunkt im Internet rund um Wein werden. Alle deutschlandweit gehandelten Weine sollen bei uns zu finden sein“, sagt Schmerbauch. „Bis zum Jahresende planen wir, 100.000 Weine, 100 Shops und 100 Artikel zum Thema Wein bei Vinoa gelistet zu haben.“ Damit das gelingt, wollen die Gründer ihr Team schnell vergrößern. Zwei feste Mitarbeiter haben sie bereits eingestellt. Weitere Bewerbungsgespräche folgen.

Die größte Herausforderung sei derzeit, sich so schnell wie möglich am Markt einen Namen zu machen. Denn das Weingeschäft boomt. Laut dem Deutschen Weininstitut (DWI) in Mainz werden in Deutschland pro Kopf im Durchschnitt rund 20,5 Liter Wein im Jahr getrunken. Immer mehr Deutsche probieren gern Wein aus und sind dabei bereit, mehr Geld für Wein auszugeben als noch vor wenigen Jahren, sagt DWI-Geschäftsführerin Monika Reule. „Der Durchschnittspreis für einen Liter Wein ist im Lebensmittelhandel seit 2010 von 2,52 Euro auf 2,89 Euro im vergangenen Jahr angestiegen.“ Drei Viertel aller jährlich rund 1,4 Milliarden Liter konsumierter Weine würden noch immer im Supermarkt und Discounter gekauft.

Online-Weinhandel verzeichnet hohe Wachstumsraten

Aber auch der Online-Weinhandel verzeichnet hohe Wachstumsraten. Einer Erhebung der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young zufolge haben 22 Prozent der Deutschen schon einmal Wein oder Sekt online gekauft. Nach Spezialitäten und Süßwaren ist das Platz drei an online gekauften Lebensmitteln. Laut DWI wurde im Jahr 2014, der aktuellsten Erhebung, fünf Prozent des gesamten Umsatzes mit Wein über das Internet generiert. Das entspreche einem Wert von rund 300 Millionen Euro. „Vor zehn Jahren war es nicht vorstellbar, dass Wein in den aktuellen Dimensionen im Netz gekauft wird“, sagt Weinberaterin Finn. Der Markt habe sich rasant gewandelt. „Wein hat heute einen höheren Stellenwert. Der Genuss steht im Vordergrund.“

In die Realisierung ihrer Weinsuchmaschine haben Schmerbauch und Morgenstern 10.000 Euro Privatvermögen gesteckt, kündigten sogar ihre gut bezahlten Jobs im Online-Feinkosthandel. Damit sich die beiden Gründer ein Jahr lang Zeit nehmen können, um ihre Weinsuchmaschine zu optimieren, suchten sie sich zwei Gesellschafter. Diese investierten einen „mittleren sechsstelligen Betrag“ in das Start-up. Erste Erfolge verzeichnen Schmerbauch und Morgenstern bereits mit ihrer bisherigen Nutzerzahl. Mit der seien sie „mehr als zufrieden“, Zahlen seien jedoch noch nicht aussagekräftig. Nur so viel verrät Schmerbauch: „Mehr als 25 Prozent der bisherigen Nutzer kommen wieder auf unsere Seite. Bereits zehn Prozent sind ohne aktives Marketing auf Vinoa aufmerksam geworden.“ Bei Facebook hat Vinoa mehr als 1100 Likes.

In Zukunft wollen die Jungunternehmer auch lokale Weinhändler in ihre Suchmaschine einbinden. „Wenn ich beispielsweise einen Wein zum Abendessen mit Freunden suche, zeigt mir Vinoa dann an, in welchem Geschäft um die Ecke ich diesen finde“, sagt Morgenstern. Auch eine App wollen die beiden auf den Markt bringen. Wann diese kommt, ist allerdings noch unklar. Klar ist dagegen zumindest für Morgenstern bereits sein zweites Großprojekt: Der 31-Jährige wird in wenigen Wochen zum ersten Mal Vater.