Hamburg . Neue Studie zu Beginn der Hamburger Reisemesse vorgestellt. Nordlichter sind sehr heimatverbunden.

Erstmals seit 2010 ist die Reiselust der Deutschen gesunken. Nach der aktuellen Tourismusanalyse der Hamburger BAT-Stiftung für Zukunftsfragen sind im vorigen Jahr 54 Prozent der Bundesbürger mindestens fünf Tage verreist, drei Prozentpunkte weniger als 2014. Damit wurde das Niveau von 2012 wieder erreicht.

Ulrich Reinhardt, Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung, sieht die Ursache vor allem in einer Verunsicherung nach den Terroranschläge und aufgrund der schlechten Wirtschaftsprognosen. Die „German Angst“ spiele wieder eine große Rolle, sagte Reinhardt am Mittwoch bei der Präsentation während der Reise-Messe in Hamburg.

Der Zukunftsforscher Ulrich Reinhardt stellt für die Stiftung für Zukunftsfragen die deutsche Tourismusanalyse vor
Der Zukunftsforscher Ulrich Reinhardt stellt für die Stiftung für Zukunftsfragen die deutsche Tourismusanalyse vor © dpa | Axel Heimken

Fast ein Viertel (24 Prozent) der Befragten mit festen Plänen wollen die schönste Zeit des Jahres im Inland verbringen. 38 Prozent planen eine Reise in ein europäisches Land, und 9 Prozent eine Fernreise. 29 Prozent hatte sich im Befragungszeitraum Dezember/Januar noch nicht entschieden.

Die Lieblingsziele der Hamburger

Bei den Hamburgern nimmt das eigene Land als Urlaubsziel eine noch größere Bedeutung ein. 30,5 Prozent der Nordlichter verbringen ihre Ferien künftig in der Heimat, vornehmlich an der Ostsee in Mecklenburg-Vorpommern (9,4 Prozent), in Bayern (6) und an der Nordsee (4,7).

Ins europäisches Ausland wollen der Studie nach 58,8 Prozent der Hamburger reisen. Spanien (15,7) liegt klar vorne vor Italien (8,7), der Türkei (6,6) und Frankreich (3,9). Die verbliebenen 10,7 Prozent wollen außerhalb Europas Urlaub machen: Vornehmlich nach Asien (3,5), Mittelamerika/Karibik (1,7) und nach Nordamerika (1,5).

Spanien ist Spitzenreiter bei Auslandszielen

Unter den Auslandszielen ist Spanien wieder klarer Spitzenreiter mit 14,2 Prozent. Die türkischen Urlaubsgebiete mussten mit 6,0 Prozent erstmals seit Jahren einen Rückgang bei der Besucherzahlen hinnehmen und liegen hinter Italien (8,8 Prozent) auf Rang drei. Griechenland konnte trotz der Negativ-Schlagzeilen im vorigen Jahr einen leichten Zugewinn verbuchen und liegt mit 3,0 Prozent auf Rang sieben. Urlauber würden selten Urlaub in Athen machen, wo mehrfach gegen die deutsche Finanzpolitik protestiert wurde, sagte Reinhardt. Auf den Inseln dagegen sei die Gastfreundlichkeit groß und das Preisniveau „überraschend niedrig“.

Die Schließung der Grenzen für Flüchtlinge in Europa werde keinen messbaren Einfluss auf den Tourismus haben, prognostizierte Reinhardt. Das Thema Flüchtlinge werde im Urlaub „fast komplett ausgeblendet“. Die politische Lage in der Türkei könnte allerdings in diesem Jahr zu einem Einbruch bei den Urlauberzahlen führen. Eine seriöse Prognose sei derzeit allerdings nicht möglich.

Zwei-Klassen-Gesellschaft bei Senioren

Auffällig ist nach den Worten Reinhardts, dass vor allem bei den Älteren über 55 Jahre die Reiselust um sechs Prozentpunkte zurückgegangen ist. Das Ergebnis gleiche einem „Erdrutsch“. Ältere Menschen zählten zu den wichtigsten Zielgruppen der Touristikbranche, weil viele von ihnen Geld und Zeit hätten. Es gebe auch einen deutlichen Trend zur „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ in der Tourismusbranche. Reichere Menschen würden oft mehrfach im Jahr verreisen. Für ärmere bleibe in der Regel nur „Balkonien“. Die Stiftung hatte 4000 repräsentativ ausgesuchte Personen ab 14 Jahren in persönlichen Interviews zum eigenen Reiseverhalten befragt.