Hamburg. Rund 800 Hamburger zeigten den Politikern, wie ihre Stimmung beim Thema Flüchtlingsunterbringung ist.
Die Debatte über die Unterbringung von Flüchtlingen in Hamburg wird schärfer. Mehrere hundert Menschen protestierten am Donnerstag gegen die Pläne des Senats, an einigen Standorten Quartiere für Tausende Flüchtlinge zu bauen. Anschließend zogen die Demonstranten zur Sitzung des Bürgerschaftsausschusses für Stadtentwicklung, die vorsorglich ins Kongresszentrum verlegt worden war. Vertreter der Initiativen kritisierten den Senat. Ein Teil der Besucher verließ den Saal, als Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) das Vorgehen rechtfertigte. Am Ende quittierte das Publikum die Rede mit Buh-Rufen.
Der Dachverband von sieben Hamburger Bürgerinitiativen hatte zu dem Protestzug unter dem Motto „Integration JA, Olaf-Scholz-Ghettos NEIN“ aufgerufen. Der Senat will in diesem Jahr knapp 40 000 weitere Plätze für Flüchtlinge schaffen. Darunter sind auch 5600 Wohnungen als Folgeunterkünfte. Zum Teil sollen mehrere hundert Wohnungen an einem Platz entstehen, die größte mit 780 Wohnungen in Bergedorf. Die Initiativen erwägen, dagegen eine Volksinitiative zu starten.
Der Sprecher des Dachverbands, Klaus Schomacker, sagte bei der Kundgebung, in der nächsten Woche würden weitere fünf Initiativen zum Dachverband stoßen. „Das ist wie ein Flächenbrand.“ Schomacker erklärte: „Es geht uns um Integration, nicht um Unterbringung.“ Die Initiativen wollten eine dezentrale Unterbringung und eine faire Verteilung. Hamburg habe 104 Stadtteile, aber 32 Stadtteile sollten nach den Senatsplänen 80 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen. Die Bürger müssten zudem stärker beteiligt werden. Der Dachverband distanzierte sich ausdrücklich von jeder Art der Fremdenfeindlichkeit.
Zuletzt hatte sich der Senat gesprächsbereit gezeigt. Allerdings sehe man kaum eine andere Möglichkeit, kurzfristig so viele Plätze zu schaffen, hieß es. Stapelfeldt versicherte, es werde daran gearbeitet, auch kleinere Quartiere und Integrationsmöglichkeiten zu schaffen.
In den Stellungnahmen wurden die Einwände bekräftigt, der Senat beteilige die Bürger nicht, stelle sie vor vollendete Tatsachen, lasse die Ehrenamtlichen alleine und nutze die Flüchtlingskrise, um „Tabuflächen“ zu bebauen. Die Großsiedlungen würden längst bekannte Probleme nach sich ziehen. „Das ist wie ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Sozialarbeiter“, sagte Schomacker.
Harald Lübckert von der Initiative aus Osdorf sagte, es seien 450 Container angemietet worden für mehr als eine halbe Million Euro pro Monat. Die stünden aber leer, da der Brandschutz nicht gewährleistet sei. Das ergebe Kosten von 75 Euro pro Quadratmeter.
Die ehrenamtliche Helferin Christine Hinze sagte, sie fühle sich nicht ausreichend unterstützt. Es gebe zu wenig Dolmetscher, und es gebe erhebliche Probleme in den Unterkünften zwischen Christen und Muslimen.
Klaus Kamlah aus Rissen nannte die vom Senat erwartete Zahl von Flüchtlingen viel zu hoch. Zugleich würden abgelehnte Asylbewerber nicht konsequent abgeschoben. Der Langenhorner Pastor Joachim Tröstler würdigte das große Engagement der Menschen. Man könne den Bürgern aber nicht „alles zuschieben“. Er appellierte an den Senat: „Nutzen Sie die Chance, dass diese neuen Quartiere Orte zum Ankommen werden, nicht zum Davonlaufen.“