Hamburg. Ein Paar mit Durchschnittseinkommen findet laut einer Studie zentrumsnah kaum noch ausreichend große Angebote.

Winterhude, eineinhalb Zimmer mit Balkon und Einbauküche – aber mit 34 Qua­dratmetern doch ein bisschen eng für zwei. Also lieber Rahlstedt, ebenfalls mit Balkon, aber mit zwei Zimmern auf 76 Quadratmetern? Oder Bramfeld, 79 Quadratmeter, zwar ohne Balkon, aber mit Fußbodenheizung und zwei Badezimmern?

Diese drei Wohnungen gehören zu insgesamt 502 Angeboten, die am 21. Januar im Internet bei Immobilienscout.de in Hamburg für eine Kaltmiete von 700 Euro – also rund 900 Euro warm – offeriert wurden. Danach gesucht hatte das Unternehmen kautionsfrei.de, das Bürgschaften für Mietkautionen übernimmt. Das Berliner Unternehmen wollte wissen, wie viele Wohnungen einem kinderlosen Paar mit dem hierzulande üblichen Nettodurchschnittseinkommen von 2700 Euro zur Verfügung stehen – dem Grundsatz folgend, dass rund ein Drittel des Einkommens für die Warmmiete aufgewendet wird.

Unter die Lupe genommen hatte das Unternehmen das Wohnungsangebot in Hamburg, München, Köln, Frankfurt und Berlin. Jeweils die fünf teuersten Angebote wurden analysiert.

Das Fazit für Hamburg ist ernüchternd. „Man sollte, was die Lage betrifft, nicht allzu wählerisch sein“, so Geschäftsführer Herzs Krymalowski. „Zwei Treffer befinden sich in Bramfeld, das zwar günstige Mieten, aber eine schlechte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr hat.“ Wenig attraktiv sei auch Rahlstedt. Dort könne man sich zwar eine recht große Wohnung mieten, müsse aber womöglich auf uncharmante Plattenbauten blicken.

Die Erkenntnisse, die Kryma­lowski gewonnen hat, sind für Siegmund Chychla Wasser auf die Mühlen. Der Vorsitzende des Mietervereins zu Hamburg kritisiert schon lange die hohen Mieten in der Stadt. „Die Untersuchung zeigt, dass sich ein Paar mit einem Durchschnittseinkommen eine Wohnung im Stadtzentrum nicht leisten kann.“ Habe es Kinder, müsse es in die Peripherie ziehen. „Durch die hohen Mieten verhängt Hamburg im Endeffekt für Menschen mit geringem Einkommen eine Torsperre.“

Daran habe auch die Mietpreisbremse nichts geändert, die seit Juli 2015 bei Neuvermietungen verhindern soll, dass die Mieten auf mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. „Die Vermieter halten sich nicht daran, weil sie keine Sanktionen befürchten müssen“, so Chychla.

Darüber hinaus gebe es nicht genügend Mietwohnungen in Hamburg. Von den insgesamt 700.000 Mieterhaushalten in der Stadt würden im Laufe eines Jahres sieben bis acht Prozent die Wohnung wechseln. „Das sind rund 50.000 im Jahr“, so Chychla. „Monatlich müssten also etwa 4000 Wohnungen auf dem Markt sein, um diese Nachfrage zu bedienen. Aktuell finden Sie bei Immoscout aber nur 2000.“ Davon wäre, wie die Berliner Untersuchung ergeben habe, nur ein Viertel bezahlbar für einen durchschnittlich verdienenden Haushalt.

Wobei zwei der fünf analysierten Hamburger Wohnungen bei der Warmmiete sogar oberhalb der als zumutbar geltenden Höhe von 900 Euro lagen: Die 76-Qua­dratmeter-Wohnung in Rahlstedt würde warm 965 Euro kosten, eine 72 Quadratmeter große 2,5-Zimmer-Wohnung in Bramfeld (mit zwei Balkonen) 920 Euro.

Schwieriger als in Hamburg haben es Durchschnittsverdiener nach Angaben des Berliner Unternehmens in Frankfurt (dort gab es 234 Treffer) und vor allem in München: In der bayerischen Metropole wurden nur 97 Wohnungen angezeigt, die mit höchstens 50 Quadratmetern für ein Paar jedoch alle zu klein gewesen wären. Einfacher als in Hamburg ist die Lage in Köln und besonders in Berlin. In der Hauptstadt könnte ein durchschnittlich verdienendes Paar unter 2242 Wohnungen wählen – die wären zwar zum Teil sehr groß, aber nicht alle saniert.

„Mit dem Durchschnittseinkommen sind in den deutschen Großstädten keine große Sprünge möglich“, fasst kautionsfrei.de-Geschäftsführer Herzs Krymalowski die Ergebnisse zusammen. „Wer dazu noch bestimmte Suchkriterien eingibt, dürfte bei der Wohnungssuche schnell an seine Grenzen stoßen.“

Auch die Saga GWG und die Baugenossenschaften, die in Hamburg jeweils etwa 130.000 Wohneinheiten im Bestand haben, könnten kaum etwas gegen die Wohnungsnot ausrichten, so der Mieterverein-Vorsitzende Chychla. Bei der Saga stünden rund 40.000 Mieter auf der Warteliste. Und die Baugenossenschaften hätten mittlerweile einen Aufnahmestopp verhängt. Sie könnten nicht einmal mehr die Wohnraum-Nachfrage ihrer eigenen Mitglieder bedienen.