Hamburg. Einigung mit Schleswig-Holstein zur Umlagerung des Baggerguts in die Nordsee. Hamburg zahlt fünf Euro pro Tonne.

Für das gravierende Problem der Verschlickung des Hamburger Hafens ist eine kurzfristige Lösung gefunden. Die Hansestadt darf künftig größere Mengen Baggergut als bisher vor der Westküste Schleswig-Holsteins verklappen. Die Kieler Landesregierung stimmte am Dienstag einem entsprechenden Kompromiss mit dem Senat zu.

Erstmals darf Hamburg der Einigung zufolge nicht nur den Schlick aus der Elbe, sondern auch aus den einzelnen Hafenbecken ivor die schleswig-holsteinische Küste bringen. Die Erlaubnis bedarf allerdings eines verwaltungsrechtlichen Zulassungsverfahrens sowie einer naturschutzrechtlichen Aufschüttungsgenehmigung. In einem freiwilligen Verfahren sollen zudem die Umweltverbände und die Fischerei beteiligt werden. Diesen wird jedoch kein Klagerecht eingeräumt, sagte ein Sprecherin des Umweltministeriums in Kiel.

„Der Handlungsdruck ist groß. Die Schiffbarkeit des Hamburger Hafens ist bereits deutlich beeinträchtigt, weil sich zu viel Schlick ansammelt“, sagte Umweltminister Robert Habeck (Grüne) nach einer auswärtigen Kabinettssitzung in Bad Malente (Kreis Ostholstein). Die neue Lösung sieht keine Obergrenze vor und ist auf fünf Jahre befristet. Sie kann aber um weitere fünf Jahre verlängert werden. Hamburg zahlt im Gegenzug fünf Euro pro Tonne Trockengewicht in die Stiftung Nationalpark ein. Das ist etwas mehr als bislang. Außerdem verpflichtet sich Hamburg, die Baggergutmenge dauerhaft zu senken. So hat sich die Hansestadt bereit erklärt, mit den Nachbarländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie mit dem Bund eine sogenannte „Ästuarpartnerschaft“ zu organisieren und zu finanzieren. Bis 2030 sollen Strombaumaßnahmen durchgeführt werden, die zu einer dauerhaften Reduzierung des anfallenden Schlicks führen – etwa durch die Schaffung neuer Überflutungsgebiete oder durch die Öffnung verlandeter Nebenflüsse. „Wir werden Strombaumaßnahmen entwickeln und umsetzen, damit das anfallende Baggergut nachhaltig reduziert werden kann“, sagte Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos).

Ursprünglich waren sieben verschiedene Verklappungsvarianten im Gespräch. So wurde geprüft, ob der Schlick beispielsweise in Gebieten der Tideelbe, dem Mündungsbereich in niedersächsischen und schleswig-holsteinischen Gewässern sowie in der ausschließlichen Wirtschaftszone entsorgt werden kann. Um die Kosten für den Abtransport des Baggerguts möglichst gering zu halten, hatte Hamburg für eine Umlagerung des Baggerguts in der Elbmündung vor Sankt Margarethen favorisiert. Letztlich setzte Schleswig-Holstein seinen Vorschlag durch. Der Schlick wird wie in der Vergangenheit 60 Kilometer von der Küste entfernt bei der Tonne E3 in die Nordsee abgekippt. Die Tonne E3 liegt 15 Kilometer vor Helgoland.

Habeck sprach von der „am wenigsten bedenklichen ökologischen Variante“. Das nördlichste Bundesland sei bereit zu helfen, der Hamburger Hafen sei auch für Schleswig-Holstein von großer Bedeutung. Hamburg müsse jedoch alle Umweltanforderungen erfüllen. „Darauf werden wir streng achten.“ Über den entsprechenden Antrag des Nachbarn will das Land zügig entscheiden. „Wir gehen davon aus, dass Anfang April die erforderlichen Voraussetzungen für die Umlagerung vorliegen“, sagte eine Sprecherin der Hamburger Wirtschaftsbehörde. Aus Kiel hieß es dazu, der Zeitraum sei denkbar, wenn Hamburg die notwendigen Unterlagen bis zum 15. Februar liefert. Die Zeit drängt insofern, als der Schlick aus den Hafenbecken ab April nicht mehr in die Elbe geleitet werden darf.

Der getroffene Kompromiss berücksichtigt nach Ansicht von Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) sowohl die wirtschaftlichen als auch die ökologischen Belange. „Durch die angestrebte ganzjährige Möglichkeit, Baggergut zur Tonne E3 zu verbringen, können wir auch die umstrittenen Kreislaufbaggerungen, bei der Schlick nach Neßsand umgelagert wird, reduzieren“, sagte Kerstan.

Die Hamburger FDP sprach hingegen von einem „vagen Kompromiss im Schlickstreit“, den die Hansestadt sich teuer erkauft habe. „Auch das lange angekündigte Sedimentmanagementkonzept lässt weiter auf sich warten“, sagte der Wirtschaftsexperte der FDP-Bürgerschaftsfraktion, Michael Kruse. Auch die Umweltverbände bleiben skeptisch: „Elbschlick bei der Tonne E 3 abzulagern, kann nur eine Notlösung sein. Jetzt kommt es darauf an, dass Bund und Hamburg tatsächliche Maßnahmen zur Verringerung des aus dem Gleichgewicht geratenen Elbsystems ergreifen. Hoffentlich wird das nicht wieder auf die lange Bank geschoben, nachdem eine Notlösung gefunden wurde“, erklärte das Bündnis „Lebendige Tideelbe“ aus BUND, Nabu und WWF.