Hamburg zahlt für die Lösung seines Problems mit dem Hafenschlick einen hohen Preis

Schleswig-Holstein hat sich als gnädig erwiesen. Der nördliche Nachbar von Hamburg hat sich bereit erklärt, größere Mengen von Schlick zu übernehmen, die im Hamburger Hafen anfallen. Die Sedimente sollen 60 Kilometer vor der Küste ins Wattenmeer verbracht werden. Das ist noch nicht die ganz große Lösung, aber sie bringt zunächst einmal Entlastung.

Nun wird auf ausdrückliche Erlaubnis Schleswig-Holsteins nicht mehr nur der Schlick aus der Elbe, sondern auch das Baggergut aus den einzelnen Hafenbecken ins Wattenmeer gebracht. Das ist eine Erleichterung, denn Hamburg drohte an den ständig wachsenden Schlickmengen zu ersticken.

Die Freude über die Lösung dürfte an der Elbe dennoch nicht groß ausfallen, denn Hamburg hat sich diese Einigung teuer erkauft: Fünf Euro pro Tonne Trockengewicht Baggergut muss Hamburg an den Umweltschutz in Schleswig-Holstein bezahlen. Konnte Hamburg den Schlick in der Vergangenheit quasi auf Zuruf aus Kiel ins Wattenmeer verfrachten, ist nun ein verwaltungsrechtliches Zulassungsverfahren notwendig, in dem auf Drängen des schleswig-holsteinischen Umweltministers Robert Habeck (Grüne) auch die Umweltverbände gehört werden müssen. Und schließlich verpflichtet sich Hamburg langfristig dazu, sogenannte Strombaumaßnahmen zur Reduzierung des Schlickanfalls anzustoßen und zu finanzieren. Da kommen schnell Summen im dreistelligen Millionenbereich zusammen. Das alles zeigt: Der Druck war insgesamt groß, und Schleswig-Holsteins Umweltminister konnte der Hansestadt die Preise quasi diktieren.

Warum ist das so? Psychologisch spielt sicherlich noch der alte Streit um den Standort der Windmesse eine Rolle, bei dem Hamburg faktisch mit der Macht des Stärkeren das viel kleinere Husum ausgebootet hat. Das nagt an der Seele der Schleswig-Holsteiner, die die Arroganz der reichen Hansestadt zu brechen suchen.

Zum anderen muss man feststellen, dass der Hansestadt in Sachen Schlick die Alternativen fehlten. Hamburg hat das Problem sehr lange ignoriert und ist erst aufgewacht, als es praktisch zu spät war. Im Sommer waren die Wassertiefen in den Hafenbecken vereinzelt so gering, dass die Schiffe einige Terminals nicht mehr anlaufen konnten. Zum Teil wurde die Ladung in andere Häfen umgeleitet, bei einem Industriebetrieb musste die Produktion stoppen.

Den Unternehmen entstanden riesige Kosten, und dem Hamburger Hafen erwuchs ein Imageschaden, den er sich nicht leisten kann. Denn nicht nur die Verschlickung bereitet Sorgen: Die Entscheidung über die Elbvertiefung ist immer noch nicht gefallen. Der für den Hafen wichtige Zubringer, der Nord-Ostsee-Kanal, gilt nach etlichen Schleusenausfällen als nicht mehr zuverlässig. Der Ausbau der Bahnkapazitäten im Hafenhinterland geht nicht voran, die Umschlagsmengen im Hafen sinken – und, und, und ...

Es ist dem allgemein hohen Ansehen, das der Hamburger Hafen in der Welt genießt, zu verdanken, dass die Kunden immer noch treu zu ihm halten. Hamburg muss jetzt dafür sorgen, dass das so bleibt. Die Hamburg Port Authority und die ihr vorstehende Wirtschaftsbehörde haben dafür zu sorgen, dass Schleswig-Holstein innerhalb kürzester Zeit blitzsaubere, umfangreiche Antragsunterlagen zugeleitet werden. Sie müssen sicherstellen, dass alle Umweltanforderungen Schleswig-Holsteins erfüllt werden. Und schließlich müssen sie in der mittelfristen Finanzplanung berücksichtigen, dass irgendwann einmal Strombaumaßnahmen zur Reduzierung des Schlicks fällig werden.

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