Hamburg. „Norwegian Jade“soll von 2017 an von der Elbe aus nach Westeuropa aufbrechen. Schritt der Reederei NCL könnte Testlauf für andere US-Marken sein.

Die Amerikaner hielten sich bedeckt. Als Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) im Dezember vergangenen Jahres auf seiner USA-Reise die Reederei Norwegian Cruise Line (NCL) besuchte, da wirkten die Manager der weltweiten Nummer drei auf dem Kreuzfahrtmarkt noch ein wenig reserviert. Konkurrenten in Miami luden die Hamburger Delegation gleich zur Besichtigung ihrer Traumschiffe ein, bei NCL gab es lediglich einen Besuch in der Testküche für die Luxusliner und eher allgemeine Informationen in Form von Power-Point-Präsentationen.

Im Hintergrund liefen allerdings damals schon die Vorbereitungen und Verhandlungen für eine Ausweitung des Geschäfts im deutschen und europäischen Kreuzfahrtmarkt. Wie die Amerikaner am Montag bekannt gaben, werden vom Jahr 2017 an insgesamt fünf Schiffe in europäischen Gewässern kreuzen.

Dreh- und Angelpunkt der neuen Strategie ist dabei Hamburg: Erstmals wird die Reederei mit der „Norwegian Jade“ ein Schiff für eine komplette Sommersaison im Hamburger Hafen stationieren. Geplant sind nach Abendblatt-Informationen 19 Anläufe mit mehr als 90.000 Passagieren. Dies würde erheblich dazu beitragen, das ambitionierte Ziel von einer Million Kreuzfahrtpassagieren im Jahr 2018 zu erreichen, das die Geschäftsführerin der Hamburger Kreuzfahrtterminals, Sacha Rougier, kürzlich ausgegeben hatte. In diesem Jahr soll die Zahl bei 640.000 liegen.

Schiff hieß einst „Pride of Hawaii“

Befahren wird die „Jade“ unter anderem die Route Amsterdam, Seebrügge (Brüssel/Brügge), Le Havre (Paris) und Southampton (London). Daneben wird es auch mehrere Kreuzfahrten zu den Norwegischen Fjorden sowie zum Nordkap geben. Die längste Kreuzfahrt der Saison führt bis nach Island und Schottland.

Bevor die „Norwegian Jade“ am 14. Mai zu ihrer ersten Fahrt von Hamburg aus aufbricht, wird sie für ihren Einsatz an der Elbe erst einmal hübsch gemacht. Mehrere Wochen geht es ins Trockendock in Freeport auf den Bahamas. Von den Teakholzböden über Sitzmöbel bis hin zu Teppichen und Fitnessgeräten wird so ziemlich die komplette Inneneinrichtung in den öffentlich zugänglichen Bereichen ausgetauscht.

Senator Frank Horch und Hafenchef Jens Meier lockten NCL an die Elbe
Senator Frank Horch und Hafenchef Jens Meier lockten NCL an die Elbe © dpa | Daniel Bockwoldt

Das ist auch notwendig, denn das 2006 von der Meyer-Werft abgelieferte Schiff mit einer Kapazität von 2400 Gästen hat schon einige Jahre auf dem Buckel. Anfangs trug es den Namen „Pride of Hawaii“, wurde von NCL 2008 aber umbenannt und nach Europa verlegt, nachdem sich mehrere Hundert Passagiere an Bord mit dem Norovirus infiziert hatten.

Lockt das Schiff weitere US-Marken an?

Neben der „Norwegian Jade“ wird NCL auch die neuere „Norwegian Getaway“ von 2017 an nach Deutschland holen. Sie wird von Warnemünde aus zu Ostseekreuzfahrten aufbrechen. Drei weitere Schiffe der Reederei werden im Mittelmeer eingesetzt.

„Mit diesen neuen und spannenden Sommerrouten zeigen wir deutlich unser Bekenntnis zum europäischen und insbesondere zum deutschen Kreuzfahrtmarkt“, sagte der Europachef von NCL, Christian Boll. „Es erfüllt uns mit großem Stolz, dass wir nun erstmals regelmäßig ab Hamburg kreuzen“, ergänzte Jürgen Stille, der speziell für die Geschäftsentwicklung in Europa verantwortlich ist.

Für Hamburg als Kreuzfahrthafen ist das Engagement von NCL vor allem deshalb von Bedeutung, weil sich das Angebot nicht nur an Deutsche, sondern auch an Touristen aus den USA wendet und auf diese Weise die Bedeutung der Hansestadt als Drehscheibe in Europa steigen dürfte. Die Stationierung der „Norwegian Jade“ könnte ein erster Schritt sein, auch andere große Kreuzfahrtkonzerne dazu zu bewegen, mit ihren bisher in Hamburg nicht vertretenen US-Marken an die Elbe zu kommen.

Hafen-Chef spricht von „Quantensprung“

„Für den Kreuzfahrtstandort Hamburg ist das ein Quantensprung“, sagte der Chef der Hafenbehörde Hamburg Port Authority (HPA), Jens Meier. Zusammen mit der Geschäftsführerin von Hamburg Cruise Gate Rougier, Wirtschaftssenator Horch sowie Vertretern der Tourismuswirtschaft war Meier an jenen Gesprächen in Miami beteiligt, die schließlich zu der Entscheidung von NCL führten, mehr Schiffe nach Deutschland zu schicken. „Wir haben bei unserer jüngsten Delegationsreise in Amerika intensiv für den Kreuzfahrtstandort Hamburg geworben“, sagte Wirtschaftssenator Horch. „Die Gespräche waren vertrauensvoll und konstruktiv – gerade auch mit NCL. Die nun getroffene Entscheidung zeigt einmal mehr die Bedeutung Hamburgs für die Reedereien.“

Zwar sind heute schon die beiden weltgrößten Kreuzfahrtkonzerne Carnival und Royal Caribbean in Hamburg aktiv, dies aber vor allem indirekt über ihre deutschen Tochtergesellschaften. Am wichtigsten ist für Hamburg das Engagement von Branchenprimus Carnival, zu dem die Reedereien Aida und Cunard gehören. Gerade erst liefen die Cunard-Schiffe „Queen Victoria“ und „Queen Elizabeth“ nahezu zeitgleich in Hamburg ein – ein Zeichen dafür, dass die Hansestadt zunehmend auch ein Kreuzfahrtziel im Winter wird.

Carnival und Royal Caribbean setzen auf Hamburg 

In diesem Frühjahr wird das neue Flaggschiff von Aida, die „AIDAprima“ ihre wöchentlichen Rundreisen von Hamburg aus aufnehmen. Sie wird ganzjährig an der Elbe stationiert. Die weltweite Nummer 2, Royal Caribbean, ist in Hamburg vor allem über die hier ansässige Tochtergesellschaft Tui Cruises vertreten und schickt gern die Kreuzfahrer aus der „Mein Schiff“-Serie an die Elbe.

All diese Angebote der amerikanischen Reedereien richten sich bislang allerdings vor allem an ein deutsches oder europäisches Publikum. Mit den großen US-Marken wie Carnival Cruise Lines oder Oasis (Royal Caribbean) sind die Konzerne aber in Hamburg nicht präsent. Sie unterscheiden sich in ihrer bunten und manchmal etwas schrillen Art auch stark von europäischen Konzepten.