Hamburg. „Queen Elizabeth“ und „Queen Victoria“ machen im Januar gemeinsam in der Stadt fest. Die Kreuzfahrtschiffe gehen auf Weltreise.
Schneematsch, Regen und Nebel. Da packt viele Hamburger das Fernweh, sie träumen vom warmen Süden, Strand und Palmen. Umso überraschender das Bild, welches sich am Freitag auf der Elbe bietet: Zwei riesige Kreuzfahrtschiffe schieben sich durch die schmelzenden Eisschollen und machen an den Kreuzfahrtterminals in Altona und der HafenCity fest. Es ist eine perfekte Inszenierung – und eine Premiere: Erstmals treffen die „Queen Elizabeth“ und die „Queen Victoria“ im Winter zusammen in Hamburg ein. Und erstmals starten sie von hier aus zeitgleich zu einer Weltreise.
Das ist kein Zufall, sondern wohl kalkuliert: „Hamburg ist Deutschlands Kreuzfahrtstandort Nummer eins. Und wenn wir hier zur Saisoneröffnung zwei Queens präsentieren können, stehen wir natürlich sofort im Fokus“, sagt Ingo Thiel, Sprecher der Cunard-Reederei. „Zwei Weltreisen, mit Zwischenstopp in Hamburg, das bieten nur wir.“ Es sei nicht ganz einfach gewesen, die Cunard-Führung davon zu überzeugen. Dass sie dem Angebot dennoch zustimmte, liegt auch daran, dass man die Hansestadt nicht mehr für eine reine Sommerdestination hält, sondern auch im Winter gerne ansteuert.
Kreuzfahrt-Riesen im Hamburger Hafen
Hamburg entwickelt sich zu einem Ganzjahresstandort für Kreuzfahrten. Diese brauchen nicht länger Sonne und schneeweiße Strände als Kulisse. „Das klassische Saisongeschäft von April bis Oktober wird immer weiter ausgedehnt. Auch andere Reedereien überlegen derzeit, ganzjährig Hamburg anzulaufen“, sagt Thiel. Keine Überlegung mehr, sondern fest entschieden ist, dass Deutschlands größte Reederei Aida Cruises sein neues Flaggschiff die „AIDAprima“ ganzjährig in Hamburg stationieren und zu wöchentlichen Rundreisen in Nordeuropa schicken wird. Das Schiff mit Platz für 3300 Passagieren wird am 25. April zum ersten Mal in Hamburg einlaufen und dann alle sieben Tage. Das letzte Mal in diesem Jahr am 31. Dezember.
Für AIDA Cruises ist dies auch ein Neuanfang: Die Reederei schickt ihre Schiffe gerne und häufig nach Hamburg. Im Winter wurden sie aber bisher immer in wärmere Gefilde verlegt. „Der Wandel zur Ganzjahreskreuzfahrt ist spürbar“, sagt Helge Grammerstorf, Direktor des Kreuzfahrtverbandes CLIA Deutschland. Reedereien würden zunehmend Schiffsreisen durch Nordeuropa auch in den kalten Monaten anbieten und Schiffe dazu für den Winterbetrieb einrichten, etwa mit verschließbaren Sonnendecks. Die Gründe dafür seien vielfältig, sagt Grammerstorf.
Zum einen würde das Angebot auf den Schiffen immer größer und bunter, sodass diese selbst immer mehr zur Destination würden – das Wetter eine untergeordnete Rolle spiele. Zum anderen ändere sich das Buchungsverhalten. „Immer mehr Deutsche nutzen die Kreuzfahrt als Zweiturlaub für zwischendurch. Das geht mit einer Reise im Frühjahr los.“
Zudem habe Hamburg seine Attraktivität für Kreuzfahrtgäste gesteigert und biete sich deshalb als Ganzjahresziel an, sagt Grammerstorf. Und das bezieht er nicht nur auf die Schaffung der nötigen Infrastruktur, sondern auch auf die touristischen Angebote.
Was der Kreuzfahrt-Experte damit meint, lässt sich an diesem Morgen in Altona beobachten: Kaum hat die „Queen Elizabeth“ festgemacht, gehen die ersten Passagiere, die die Stadt erkunden wollen, von Bord. An einem Schalter der Tourismusinformation statten sie sich mit einem Stadtplan oder Bus-Tickets aus, dann ziehen sie los. Wie Pam und Phil Gledstone aus London. Sie wollen erst einmal eine Busrundfahrt machen, um sich einen Überblick über die Stadt zu verschaffen.
Einige Schritte hinter ihnen stehen Rosemary und Colin Broom in der Warteschlange. Die beiden haben ein klares Ziel: „Wir haben soviel über das Miniatur-Wunderland gehört und wollen das besuchen.“ Ein junges Pärchen möchte einfach nur in die Hamburger City zum Bummeln – trotz Schneeregens und Temperaturen um den Gefrierpunkt.
Ähnlich ist das Bild am Terminal der HafenCity, wo die „Queen Victoria“ angelegt hat. Der meistgebuchte Ausflug, aus dem Strauß von touristischen Erlebnissen, die Cunard seinen Gästen angeboten hat, ist eine Führung durch das jüdische Hamburg inklusive Besuch der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. „Vor ein paar Jahren wären die meisten Passagiere gleich weitergefahren nach Berlin, weil sie nur die Hauptstadt als touristisches Ziel vor Augen hatten. Das hat sich grundlegend geändert“, sagt Sascha Albertsen von der Hamburg Tourismus GmbH.
Laut Grammerstof mausert sich Hamburg aber nicht nur als touristisches Ziel, sondern auch als Startpunkt für Kreuzfahrten im Winter. „Man ist schnell am Einsteigeort. Das lockt auch viele Hamburger.“ Aber nicht nur die: Susanne Wollesen aus Bad Oeynhausen hat die Weltreise gebucht. Für sie ist es die zweite Weltreise auf einem Cunard-Oceanliner. „Dass die Fahrt in Hamburg startet, ist für meine Entscheidung wichtig gewesen“, sagt sie. Eine längere Flugreise würde sie nicht unternehmen. Zu anstrengend. „Außerdem habe ich elf Gepäckstücke.“