Hamburg/Chicago. Riesenjets mit mehr als 400 Sitzplätzen wie der A380 und die 747 sind kaum mehr gefragt. Experten erwarten keine baldige Besserung.

Für die Giganten am Himmel wird die Luft dünn. Vor gut einer Woche hatte Airbus angekündigt, in diesem Jahr deutlich weniger Modelle des größten Passagierflugzeugs der Welt auszuliefern. Statt an die 30 sollen nur noch rund 20 Jets vom A380 an Fluggesellschaften und Leasingfirmen übergeben werden. Nun zog Konkurrent Boeing nach. Die Fertigungsrate des legendären Jumbos wird mehr als halbiert, teilten die US-Amerikaner in Chicago mit. Von der 747-8 sollen von September an nur noch sechs Maschinen pro Jahr die Werkshallen verlassen. Derzeit werden jährlich noch rund 15 Stück gefertigt.

Für die 747-8 hat Boeing nur noch 20 Flieger im Auftragsbuch

Die beiden Erzrivalen haben ein gemeinsames Problem: Es fehlen neue Aufträge für die Flagg(luft)schiffe. Zwar stehen für den A380 noch 140 Jets in den Büchern, neu bestellt wurden 2015 statt der von Airbus erwarteten 25 Stück allerdings nur zwei Jets. Eine Prognose für dieses Jahr wollte Verkaufschef John Leahy nicht geben: „Das könnte mich meinen Bonus kosten.“ Boeing hat für die jüngste Generation des seit Ende der 60er-Jahre gebauten Flugzeugs sogar nur noch Aufträge für 20 Maschinen in petto, 13 für Passagiere und sieben für Frachter. Der Produktionsrücklauf ist auch finanziell ein schwerer Schlag: Boeing verbuchte für das vierte Quartal eine Sonderbelastung, die das Ergebnis nach Steuern um 569 Millionen Dollar (526 Millionen Euro) nach unten zieht. Mit der Kappung der Produktion stelle sich der Hersteller nun auf die Marktlage ein, sagte Boeings Chef der Verkehrsflugzeug-Sparte, Ray Conner.

„Die Nachfrage nach Flugzeugen mit mehr als 400 Sitzplätzen wird auch zukünftig schwach bleiben“, sagte der Hamburger Fachmann Heinrich Großbongardt. Auf die gesenkten Produktionsniveaus müssten sich die Konzerne dauerhaft einstellen. Als maßgeblichen Grund dafür sieht Großbongardt ebenso wie der Luftfahrtexperte Cord Schellenberg, dass das Wachstum an den wichtigen Drehkreuzen nicht wie erwartet zu einem Engpass bei den Slots für Starts und Landungen geführt hat. So bringen kleine Jets statt wie früher 50 bis 70 mittlerweile 100 bis 150 Fluggäste zu den Flughäfen. Und bei großen Jets haben sich die Flugzeugbauer mit den Neuentwicklungen 777 und A350 praktisch selbst das Wasser abgegraben. „Die Airlines setzen bei Langstrecken mehr auf diese Zweistrahler“, sagt Schellenberg. Sie fassen zwar nicht so viele Passagiere wie die Jetgiganten, haben aber Vorteile bei den Spritkosten, weil sie nur zwei statt vier Triebwerke antreiben müssen.

Bis mindestens 2025 erwarten die Experten, dass der Markt hauptsächlich durch die Zweistrahler wachsen wird. „Bis dahin müssen Airbus und Boeing die Produktion der Großraumjets aufrechterhalten“, so Schellenberg. Er sieht in bevölkerungsreichen asiatischen Ländern wie Japan, China und Indien spätestens dann Bedarf für den A380. Großbongardt ist ein wenig pessimistischer: „Ich sehe nicht, wie der A380 ohne neo-Triebwerke und Modernisierung attraktiv bleiben kann.“