Hamburg. Firmenchef fordert Unterlassungserklärung, weil Präses Melsheimer bei Silvesterrede über allgemeine Politik gesprochen habe.

Die Handelskammer kommt nicht zur Ruhe. Nun sieht sich die Vertretung der Hamburger Kaufmannschaft schon wieder mit einer Klagedrohung konfrontiert. Am Freitag hat die Hamburger Firma Jakovlev Immobilien GmbH die Kammer zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Anlass ist die Rede von Präses Fritz Horst Melsheimer bei der traditionellen Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns zu Silvester in der Handelskammer. Dort hatte Melsheimer sich nicht nur zu Fragen der Hamburger Wirtschaft geäußert, sondern auch zur Flüchtlingspolitik, zu Fragen der Demokratie oder der Geostrategie im Nahen Osten. Allgemeinpolitische Äußerungen sind den Industrie- und Handelskammern aber per Gesetz und durch höchstrichterliche Rechtsprechung untersagt – vor allem aufgrund der Zwangsmitgliedschaften aller Unternehmen.

„Schon bei den Themen Netzrückkauf und Olympia-Bewerbung hat sich die Handelskammer um meine Interessen als Mitglied nicht gekümmert – die haben uns als Mitglieder doch nie gefragt“, sagte Firmenchef Bernd C. Jakovlev. Mit dem „Rundumschlag“ des Kammerpräses zum Jahresende sei „die Grenze des Zumutbaren endgültig überschritten“, so Jakovlev. „Über weite Strecken allgemeinpolitisch, qualifizierte Minderheitenpositionen in der Wirtschaft ignorierend, emotionalisierend – die Rede des Kammerpräses enthält alles, was das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf öffentliche Stellungnahmen der Kammern verboten hat“, so der Firmenchef, der sich vom Bundesverband für freie Kammern (bffk) vertreten lässt. Dessen Bundesgeschäftsführer Kai Boeddinghaus fragte: „Was unterscheidet eigentlich Präses Melsheimer von einem Ladendieb? Beide setzen sich bewusst über Recht und Gesetz hinweg.“

In dem Schreiben an die Kammer fordert der bffk, dass Melsheimer die Rede als Privatmeinung deklariere. Die Rede müsse zudem von der Internetseite der Kammer gelöscht werden. Zugleich soll Melsheimer ein Unterlassungserklärung abgeben, in der er versichert, wesentliche Teile seiner Rede nicht weiter zu verbreiten. Sollte die Kammer dem nicht bis 31. Januar 2016 nachkommen, werde man vor Gericht gehen. Aussichtslos dürfte so eine Klage nicht sein. Zuletzt hatte das Verwaltungsgericht das Engagement der Kammer gegen den Rückkauf der Energienetze 2013 für rechtswidrig erklärt.

Der Sprecher der Handelskammer, Jörn Arfs, wies die Kritik zurück. „In jahrzehntelanger Tradition äußert sich der Präses zu Silvester zu standortpolitischen Fragen“, so Arfs. „Die Äußerungen vom 31. Dezember 2015 zur notwendigen Integration von Flüchtlingen sowie zu den Auswirkungen des Olympia-Referendums haben einen unbestreitbaren Bezug zur Wirtschaft.“ Es sei die gesetzliche Aufgabe der Handelskammer, die Politik zu beraten. „Sie wird diese Aufgabe auch künftig sachorientiert und klar erfüllen. Daran kann kein Zweifel bestehen.“