Hamburg. Reederei reagiert auf Überkapazitäten und bestellt Riesenfrachter später. Vorstandschef hofft auf steigenden Börsenkurs.

Es war sein erster größerer Auftritt vor Journalisten seit dem Börsengang im November des vergangenen Jahres. Rund zwei Dutzend Medienvertreter hatte Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen an diesem Abend ins Literaturhauscafé nahe der Alster geladen, um über die Situation der Schifffahrt im Allgemeinen und die Lage seines Unternehmens im Besonderen zu sprechen. Er hielt keine Brandrede, aber in dem Frage-Antwort-Spiel zwischen Journalisten und Reedereichef wurde schnell deutlich: Hier spricht einer der wichtigsten Manager Hamburgs über eine tiefe Branchenkrise und Maßnahmen, wie Deutschlands größte Reederei diese schwierige Phase erfolgreich durchstehen soll.

Eigentlich wollte Hapag-Lloyd relativ zügig neue Großfrachter ordern, die mehr als 20.000 Container (TEU) transportieren können. Doch daraus wird nun erst mal nichts. „Ich erwarte in dieser Frage keine kurzfristige Entscheidung mehr“, sagte der gebürtige Niederländer, der im Juli 2014 die Führung des Unternehmens am Ballindamm übernommen hat. Der Grund für die Verschiebung ist simpel: Schon jetzt streiten sich zu viele Reedereien mit zu vielen Schiffen um zu wenig Ladung. Die Konsequenz: Die Frachtraten, also der Preis für den Transport eines Containers, sind dramatisch gesunken. Habben Jansen spricht Klartext. Vereinzelte Fahrten seien für seine Reederei mittlerweile nicht einmal mehr kostendeckend. Man führe sie aber dennoch durch, um die langjährigen Kunden nicht zu verlieren. Besonders dramatisch sei die Situation auf den Routen von Asien nach Europa beziehungsweise nach Lateinamerika.

Doch die Verschiebung der Großfrachter-Bestellung ist nur eine Konsequenz, die Habben Jansen aus dem Frachtraten-Kampf auf den Weltmeeren gezogen hat. In den vergangenen Monaten ist die stolze Flotte der Hamburger Reederei bereits deutlich geschrumpft. Oder wie der charismatische Manager in exzellentem Deutsch mit niederländischem Akzent sagt: „Wir mussten unsere Kapazitäten der weltweiten Lage anpassen.“ Statt 198 fahren nun nur noch 175 Schiffe für Hapag-Lloyd. Die Kapazität ist von einer Million auf 945.000 TEU gesunken.

Und wie geht es weiter? Bei Habben Jansen regiert das Prinzip Hoffnung. Der 49-Jährige setzt auf eine bessere Weltkonjunktur, mehr Ladung sowie steigende Frachtraten. Seine Unternehmensstrategie ist klar: Weiter Kosten sparen und die Flotte – wo möglich und nötig – modernisieren, fit für die Zukunft machen. So dürfte auch im laufenden Jahr jede Ausgabe der Reederei ganz genau unter die Lupe genommen werden. Die Zeichen der Zeit am Ballindamm stehen nicht auf Verschwendung. Bereits 2015 hat Hapag-Lloyd mehr als 300 Millionen Dollar allein durch Synergien aus der Fusion mit der chilenischen Reederei CSAV eingespart. 2016 sollen es 400 Millionen Dollar sein. „Und wir werden weiter sehr genau auf die Kosten schauen müssen“, stellt Habben Jansen klar. Denn das Ziel des Managers ist eindeutig: schwarze Zahlen für das Gesamtjahr zu schreiben, so wie ihm das operativ bereits 2015 gelungen sein dürfte.

Und der Börsenkurs? Will er den ebenfalls positiv beeinflussen? „Selbstverständlich“, sagt er. „Aber das schaffen wir nur, wenn wir die Investoren mittelfristig von unserer Strategie überzeugen.“ Dass er mit der Entwicklung der jungen Aktie nicht ganz zufrieden ist, merkt man eher an Zwischentönen. „Im Vergleich zu den Kursen unserer Konkurrenten hat sich unser Aktienkurs ordentlich entwickelt“, sagt er. Ordentlich bedeutet in diesem Fall: ein leichter Rückgang. Für eher enttäuschende 20,00 Euro wurde das Papier Anfang November 2015 ausgegeben, am gestrigen Mittwochnachmittag lag der Kurs bei 19,70 Euro. Habben Jansen lässt sich dann doch entlocken, dass er den tatsächlichen Wert der Unternehmensanteile höher einschätzt. Aber am Ende sei er immer noch froh darüber, „dass wir den Börsengang überhaupt geschafft haben und dadurch frisches Geld für künftige Investitionen zur Verfügung steht“.

Denn die Herausforderungen der Branche bleiben groß. Nicht zuletzt beim Blick auf die Großfusionen. So kündigte die französische Reederei CMA CGM die Übernahme des Konkurrenten Neptune Orient Lines (NOL) aus Singapur für rund 2,2 Milliarden Euro an. Und auch der geplante Zusammenschluss der chinesischen Reedereien Cosco und CSCL sorgt in der Branche für Aufregung. Der Druck auf die Hamburger bleibt also hoch. Da dürfte ein gewisses Finanzpolster durchaus zur Beruhigung beitragen.