Hamburg. Diakonie hält Vorhaben für „europa- und verfassungsrechtlich bedenklich“. CDU und FDP dafür. „Abschiebemonitoring“ gefordert.

Von den vier Oppositionsparteien in der Bürgerschaft hat die Linke den rot-grünen Senat am schärfsten für die geplante Abschiebeeinrichtung am Flughafen kritisiert. „Es ist völlig unangemessen, Menschen präventiv ihrer Freiheit zu berauben, um sicherzugehen, dass sie sich ihrer Abschiebung nicht entziehen“, sagte die innenpolitische Sprecherin Christiane Schneider. „Ein solches Vorgehen entbehrt zudem jeder empirischen Grundlage: Von den 484 Menschen, die im November aus Hamburg rückgeführt wurden, sind nur zwei nicht zum Termin erschienen, lediglich drei Personen sind untergetaucht.“

Auch juristisch hat Schneider Bedenken: „Die Rechtsprechung der obersten Gerichte und auch die EU haben das Instrument der Abschiebehaft in den letzten Jahren immer mehr zurückgedrängt. Schleswig-Holstein hat sein Abschiebegefängnis gerade aus guten Gründen abgeschafft.“

Leitartikel: Scholz' Signalpolitik

Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat die Innenbehörde beauftragt, am Flughafen eine Einrichtung zu schaffen, in der Ausreisepflichtige bis zu vier Tage in Gewahrsam genommen werden können, um zu verhindern, dass sie sich der Abschiebung entziehen.

SPD verweist darauf, dass lediglich die Rechtslage umgesetzt werde

Gabi Brasch, Vorstandsmitglied im Diakonischen Werk Hamburg, sagte, sie halte so eine Hafteinrichtung „für europa- und verfassungsrechtlich bedenklich“. Außerdem forderte sie, dass der Senat das „Abschiebemonitoring“ wieder ermögliche. Bis Mai 2015 hatten unabhängige Sozialarbeiter der Diakonie darüber gewacht, dass Abschiebungen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchgeführt wurden.

CDU und FDP kritisierten die aus ihrer Sicht zu späte Entscheidung: „Wenn der Senat nun endlich die vom Bund geschaffenen Maßnahmen umsetzt, ist das ein spätes Eingeständnis seiner bisherigen Untätigkeit. Den Druck der Realität hält nun auch Olaf Scholz nicht mehr aus“, sagte CDU-Innenexperte Dennis Gladiator. Auch FDP-Innenexperte Carl Jarchow sagte, die Maßnahme sei „überfällig, aber wenigstens ein Schritt in die richtige Richtung.“ Weitere müssten folgen.

SPD und Grüne unterstützten die Pläne des Senats: „Wer kein Bleiberecht in Deutschland erhält, muss zurück ins Herkunftsland – so ist die Rechtslage, und die setzen wir konsequent um“, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks gab sich etwas zurückhaltender: „Wir wollen möglichst vielen Menschen eine gute Perspektive in Hamburg geben. Zur Ehrlichkeit gehört es aber auch, zu sagen, dass nicht alle in Hamburg bleiben können und wir Bundesrecht umsetzen müssen.“ Priorität habe weiterhin die freiwillige Ausreise.