Hamburg will am Flughafen Abschiebegewahrsam für abgelehnte Asylbewerber einrichten

Der Mann war einmal, wenn auch nur für kurze Zeit, Innensenator, was ein wenig in Vergessenheit geraten ist. Olaf Scholz (SPD), heute Erster Bürgermeister in Hamburg, garnierte seine Law-and-Order-Politik vor 14 Jahren gern mit einem lockeren Spruch: „Ich bin liberal, aber nicht doof.“

Daran darf man sich heute erinnert fühlen, wenn Scholz die Schaffung eines Abschiebegewahrsams auf dem Gelände des Flughafens Fuhlsbüttel ankündigt – der erste direkt an einem deutschen Airport. Das ist aus polizeilicher Sicht natürlich günstig: Auf dem weitläufigen Areal unter privater Regie sind Demonstrationen gegen Abschiebungen kaum wirksam möglich, weil das Hausrecht greift.

Der Bürgermeister vermeidet das etwas vergiftete Wort Abschiebehaft, aber die Botschaft ist eindeutig: Die Willkommenskultur für anreisende Flüchtlinge ist die eine, die freundliche Seite der Medaille, die Abschiebung der abgelehnten Asylbewerber die andere, eher hässliche Kehrseite.

Von der Wiedereinführung der Abschiebehaft in Hamburg gehen zwei Signale aus. Erstens: In einer Zeit, in der die Akzeptanz der Bevölkerung für die Aufnahme immer neuer Gruppen von Flüchtlingen spürbar sinkt und lebhaft über Obergrenzen diskutiert wird, markiert der Abschiebegewahrsam rechtsstaatliche Konsequenz. Scholz dürfte dabei auch an die traumatischen Erfahrungen der SPD denken, was mangelnde Repression im Bereich der inneren Sicherheit angeht. Zweitens kann der „Knast“ am Flug­hafen abschreckende Wirkung für die Betroffenen entfalten – nach dem Motto: „Die machen Ernst in Hamburg.“ Das spricht sich schnell herum.

Ungewöhnlich an der Ankündigung eines Abschiebegewahrsams ist, dass sie vom Bürgermeister kommt. Fachlich zuständig ist schließlich Innensenator Michael Neumann (SPD). Dass sich Neumann mit der Schaffung einer solchen Einrichtung beauftragen lässt, spricht für sich. Es verstärkt den Eindruck seiner Amtsmüdigkeit.

Bemerkenswert ist auch, dass die Grünen, für die Abschiebungen lange nicht zum politischen Instrumentenkasten zählten, so klaglos mitziehen. Nun ist es nicht das erste Mal, dass der SPD-Regierungspartner in Sachen repressiver Ausländerpolitik Zugeständnisse macht. Das war beim bundesweiten Asylkompromiss im Herbst 2015 auch schon so. Angesichts der immensen Herausforderungen, vor die Politik und Verwaltung bei der Unterbringung der Flüchtlinge dauerhaft gestellt sind, gilt hier der alte Spruch, dass Not eben zusammenschweißt.

Abschiebehaft ist im Rechtsstaat eine heikle Sache. Es ist erst ein paar Jahre her, dass Suizide im Hamburger Abschiebegewahrsam für erhebliche Debatten sorgten und die damals Regierenden unter CDU-Verantwortung stark unter Druck gerieten. Hier ist in jedem Einzelfall Augenmaß gefragt.

Das grundsätzliche Problem im Zusammenhang mit abgelehnten Asylbewerbern lässt sich mit der Schaffung eines Abschiebegewahrsams allerdings nicht lösen. Ja, Hamburg hat die Zahl der Beamten, die für Abschiebungen zuständig sind, verdreifacht. Die Verwaltungsgerichte sind verstärkt worden, damit Klagen gegen Asylentscheidungen schneller abgearbeitet werden.

Doch die Städte und Gemeinden stehen am Ende der Handlungskette. In Deutschland dauert das Asylverfahren bis zur Erstentscheidung viel zu lang. Diesen Bearbeitungsstau, der sich angesichts der starken Zuwanderung von Flüchtlingen ins Unerträgliche gesteigert hat, hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu verantworten. Es kann auch letztlich nicht im Interesse der Menschen sein, die in Deutschland Zuflucht suchen, sie so lange im Ungewissen zu lassen.