Hamburg. Abgelehnte Asylbewerber, die nicht freiwillig ausreisen, sollen vor ihrer Abschiebung bis zu vier Tage am Flughafen in Gewahrsam.

Hamburg will die Zahl der Abschiebungen erhöhen und richtet dazu eine Abschiebeeinrichtung am Flughafen ein. Das kündigte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am Mittwoch an. Die Stadt wolle auch die Bemühungen für freiwillige Ausreisen verstärken und das Konzept für ein „Rückführmanagement“ weiterentwickeln. „Ist eine freiwillige Ausreise nicht möglich, wird jedoch abgeschoben“, sagte Scholz. Nach Angaben des Senats gibt es bundesweit keine vergleichbare Einrichtung.

„Hamburg wird am Flughafen die Möglichkeit schaffen, Personen für kurze Zeit vor ihrer Abschiebung in Gewahrsam zu nehmen“, sagte Scholz. „Ich habe die Innenbehörde beauftragt, mit dem Flughafen die Schaffung einer geeigneten Einrichtung vorzubereiten.“

In den sogenannten Abschiebegewahrsam sollen die Menschen ein bis vier Tage vor ihrer Abschiebung gebracht werden. Er soll Platz für eine „niedrige zweistellige Zahl“ von Menschen bieten. Unklar ist noch, wann die Einrichtung eröffnet werden soll.

Dressel: „Priorität hat die freiwillige Ausreise"

Am Frankfurter Flughafen gibt es einen Rückführungsbereich, wo die Menschen erst wenige Stunden vor dem Abflug hingebracht werden. Der Europäische Gerichtshof hatte 2014 die Unterbringung von abgelehnten Asylbewerbern in normalen Gefängnissen untersagt.

Die Hamburger Regierungsfraktionen begrüßten den Schritt. „Wer kein Bleiberecht in Deutschland erhält, muss zurück ins Herkunftsland“, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. „Priorität hat die freiwillige Ausreise, sie ist für den Steuerzahler auch deutlich günstiger und für die Stadt auch leichter durchführbar.“ Der Ausreisegewahrsam am Flughafen werde die bisherige Rückführungspraxis sinnvoll ergänzen.

Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anjes Tjarks betonte, die politische Priorität liege auf der freiwilligen Ausreise. Der Abschiebegewahrsam sei nach Ansicht der Grünen „die Ultima Ratio, um eine Rückkehr durchsetzen zu können, wenn die Möglichkeiten der freiwilligen Ausreise nicht genutzt wurden“.

570 Abschiebungen bis November 2015

In den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres gab es in Hamburg 1819 Rückführungen. Nach Auskunft des Einwohner-Zentralamtes waren es 1186 freiwillige Ausreisen, 570 Abschiebungen und 63 Überstellungen in Drittländer.

Nach Angaben der Grünen sind in Hamburg im Oktober 346 Menschen freiwillig ausgereist, etwa 76 mussten abgeschoben werden. Im November sind 289 freiwillig ausgereist, 195 abgeschoben worden.

Zum Stichtag 30. November 2015 gab es demnach in der Hansestadt 5440 ausreisepflichtige Menschen. Allerdings fehlten bei mehr als 1600 Menschen die Heimreisedokumente. „Hinzu kommen Personen, bei denen die Reisefähigkeit geprüft werden muss. Wenn ein Familienmitglied betroffen ist, wirkt sich das als (vorübergehendes) Abschiebungshindernis auf die gesamte Familie aus“, sagte Behördensprecher Norbert Smekal.