Hamburg. Mehr Platz, mehr Personal und frisch gekochtes Essen: Volksinitiative stellt Forderungen im Ausschuss der Bürgerschaft vor.

Es war eine erste vorsichtige Annäherung – mehr nicht. Die Vertrauensleute der erfolgreichen Volksinitiative „Guter Ganztag“ haben ihre Forderungen, die sich auf eine deutlich bessere Ausstattung der Ganztagsschulen richten, im Schulausschuss der Bürgerschaft vorgestellt.

Dabei wurde deutlich, dass einige der Vorschläge nicht exakt zu beziffern sind, zum Beispiel, was die Forderung nach zusätzlichen Ruhe- oder Toberäumen angeht. Und: Die Initiatoren und die Politiker gehen zum Teil von unterschiedlichen Fakten aus. So liegt der Betreuungsschlüssel am Nachmittag nach Auffassung der Initiative bei 1:23, nach Angaben der Schulbehörde jedoch bei 1:13. „Wir erwarten ernsthafte und ehrliche Verhandlungen mit Senat und Bürgerschaft, um möglichst viel für die Kinder der Stadt erreichen zu können“, sagte Vertrauensmann Gerd Kotoll, Vater von zwei Kindern, vor rund 70 Zuhörern im Kaisersaal des Rathauses. Falls es allerdings zu keiner Einigung mit Senat und Bürgerschaft kommt, will die Initiative in die zweite Runde des Verfahrens der Volksgesetzgebung gehen. „Wir sind auf den zweiten Schritt – das Volksbegehren – vorbereitet“, betonte Kotoll.

„Die Ganztagsschulen sind heute kein Ort, an dem Kinder ihre Freizeit verbringen wollen“, sagte Vertrauensfrau Manja Scheibner, Mutter eines Drittklässlers. Die Erzieher gäben sich viel Mühe, gerieten aber angesichts der schlechten Rahmenbedingungen in Bedrängnis. „Ich habe erlebt, wie Menschen gegen Windmühlen kämpfen, die sich für Kinder einsetzen“, so Scheibner. „Die Kinder sind gestresst und ausgepowert, wenn sie nach Hause kommen“, ergänzte Mitstreiterin Christina Dwenger, Mutter zweier Kinder.

Die Volksinitiative fordert in ihrem Abstimmungstext „für jeden Standort lärmgeschützte Räume und Flächen für die Freizeit der Kinder zur Verfügung zu stellen, die zusätzlich zu den Räumen des Unterrichts Platz bieten für Toben, Ruhe und Spiel“. Auf die Fragen von Karin Prien (CDU) und Stefanie von Berg (Grüne), was das konkret bedeute und ob es immer um Zubauten gehe, blieb die Antwort offen. „Wir müssen uns jeden Standort ansehen. Es geht auch um Außenflächen“, sagte Kotoll. Es sei der Initiative klar, dass es vor allem im Innenstadtbereich kaum mehr Freiflächen auf Schulgeländen gebe, die bebaut werden könnten.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte vor Beginn der Sitzung des Schulausschusses eine Rechnung auf der Basis des gültigen Musterraumprogramms für Schulen präsentiert, nach der die Raumforderungen der Initiative mit rund 1,5 Milliarden Euro zu Buche schlagen würden. „Es ist nicht ehrlich zu behaupten, dass wir neue Räume für 1,5 Milliarden Euro fordern“, empörte sich Kotoll vor dem Ausschuss.

Ein weiterer zentraler Punkt der Initiative „Guter Ganztag“ ist das Mittagessen. „Das gehört zum Bildungsauftrag für Schulen“, sagte Vertrauensmann Jörg Kleine. „Es geht nicht darum, dass Kinder aus der Kelle einen Schlag Essen erhalten.“ Die akustische Situation vieler Schulkantinen sei „eine Katastrophe“. Die Initiative fordert, dass das Essen an allen Schulen „frisch am Standort gekocht wird“. Bislang ist das nur bei der Hälfte aller Grundschulen ganz oder meist zum Teil der Fall.

Weitere Forderungen betreffen die Verbesserung des Personalschlüssels, eine bessere Verzahnung zwischen Vor- und Nachmittag an den Schulen sowie ein Mitbestimmungsrecht von Eltern und Erziehern bei Fragen der Ganztagsbetreuung in der Schulkonferenz.

„Wie stellen Sie sich die Finanzierung vor?“, fragte SPD-Schulpolitikerin Barbara Duden. Die Antwort verblüffte die Abgeordneten dann doch. „Für alle Dinge, für die es eine Mehrheit gibt, werden auch Haushaltstitel gefunden“, sagte Kotoll. „Wir machen dazu keine Vorschläge. Diese Aufgabe übertragen wir an die Bürgerschaft.“

Schulsenator Ties Rabe verwies in einer bewusst vor der Anhörung einberufenen Pressekonferenz auf den „rasanten Ausbau“ der Ganztagsschulen. „Wir haben es geschafft, dass alle Schulen ein Ganztagsangebot haben“, sagte der Senator. Die Eltern nutzten die Möglichkeit zur kostenlosen Betreuung ihrer Kinder über den Unterricht hinaus bis um 16 Uhr. Mehr als 78 Prozent der Grundschulkinder sind für den Ganztag angemeldet. Ursprünglich waren die Behördenexperten von einer Teilnahmequote zwischen 40 und 50 Prozent ausgegangen.

Auch die Betreuung während der Schulferien wird laut Rabe immer beliebter. „Rund ein Drittel der Kinder werden für sechs Ferienwochen pro Jahr angemeldet“, sagte der Senator, der nicht mit Selbstlob sparte. „Wir finden, dass die Personalausstattung außergewöhnlich gut ist und funktioniert“, so Rabe.

Aber auch der Senator betonte die Chance von Gesprächen mit der Initiative. „Der Senat sollte diese Tür nicht zuschlagen“, sagte der SPD-Politiker.