Wilhelmsburg. An vielen Standorten sind einige Hundert Wohnungen vorgesehen. Immobilienbranche aufgeschlossen: Investoren für Bau leicht zu finden.
Die Übersichtskarte der Stadtentwicklungsbehörde macht deutlich, dass im Rahmen des Senatprogramms zum Bau von 5600 Wohnungen für Flüchtlinge zum Teil auch eher kleinere Wohnprojekte für Flüchtlinge geplant sind.
So sollen beispielsweise am Ellerbeker Weg in Schnelsen 45 Wohnungen für rund 250 Flüchtlinge entstehen, am Duvenacker in Eidelstedt 120 Wohnungen für 600 Flüchtlinge. Noch kleinere Projekte würden schwierig, sagte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD). „Dann wird der Aufwand bei der Betreuung und Integration der Flüchtlinge zu hoch. Außerdem müssten wir dann binnen weniger Monate innerhalb der Stadt mehr als 100 Grundstücke finden, die sich für den Bau dieser Wohnungen eigneten“, so Stapelfeldt.
Unterbringung: Zahl der Flüchtlinge an einem Standort liegt unter 4000
Lediglich am Gleisdreieck im Bezirk Bergedorf soll eine Siedlung mit 800 Wohnungen für mehr als 4000 Flüchtlinge errichtet werden. Zwar sieht die Planung bislang auch in Rissen noch eine derartige Großsiedlung vor. Allerdings hat der Bezirk bereits angekündigt, zwei weitere Standorte an die Behörde zu melden, sodass dann das Quartier in Rissen kleiner ausfallen könnte. Ansonsten liegt die Zahl der Flüchtlinge, die an einem Standort untergebracht werden sollen, deutlich unter 4000.
Bis Weihnachten dieses Jahres sollen die so anvisierten 5600 Wohnungen fertiggestellt sein. Um diese kurze Bauzeit zu erreichen, werden sie zunächst als Flüchtlingsunterkunft deklariert und meist außerhalb bereits gültiger Bebauungspläne geplant. Das hat für die Stadt einen interessanten Aspekt: Denn Wohnungsbaugebiete in der dicht bebauten Stadt auszuweisen ist nicht einfach. Immer wieder gibt es Widerstände in den Bezirken. Jetzt kommen die Chefplaner in der Stadtentwicklungsbehörde mit dem Sonderprogramm Expressbauten quasi an Flächen, die sie sonst nie für den Wohnungsbau bekommen hätten.
Bebauungspläne für die Siedlungen werden folgen
Die Kalkulation geht dabei so: Mithilfe des geänderten Baugesetzbuches werden jetzt auf den von den Bezirken gemeldeten Flächen Flüchtlingsunterkünfte gebaut. Und zwar im ganz normalen Standard des sozialen Wohnungsbaus, wie Staatsrat Matthias Kock betont. Der Unterschied: Statt durchschnittlich zwei bis drei Familienmitglieder leben dann rund fünf Flüchtlinge in einer solchen Sozialwohnung.
In den kommenden Jahren werden dann die Bezirke, wo es notwendig ist, ganz normale Bebauungspläne für diese Siedlungen aufstellen. Das sind Verfahren, die üblicherweise gut zwei Jahre und länger dauern. Erst wenn es einen solchen Bebauungsplan gibt, können die Wohnungen auch als ganz normale Mietwohnungen auf dem Markt angeboten werden. Ohne Bebauungsplan ist nur die Sondernutzung für Flüchtlinge rechtlich möglich.
Das klingt kompliziert und risikobehaftet: Doch die Immobilienbranche ist offensichtlich alles andere als zurückhaltend. „Wir haben absolut kein Problem, Investoren zu finden, die bauen wollen“, sagt Staatsrat Kock. Bei näherer Betrachtung ist das kein Wunder. 15 Jahre mietet das städtische Unternehmen „Fördern & Wohnen“ die Wohnungen, um Flüchtlinge unterzubringen. Das bedeutet für Investoren mindestens 15 Jahre lang sichere Mieteinnahmen, keinen Mieterwechsel, kein Marktwechsel, kein Leerstand, kein Risiko.
Nach 15 Jahren ergibt sich durch die Bebauungspläne ein neues Bild
Nach den 15 Jahren können die Wohnungen normal vermietet werden. Wobei die Behörde von einem dynamischen Prozess ausgeht – dass es im Lauf der Zeit zu einer Mischung der Bevölkerung kommt. Möglich ist auch, dass Flüchtlinge, die Fuß gefasst haben, dort als „normale“ Mieter wohnen werden. „Allerdings haben wir auch die Option, die Gebäude Schritt für Schritt während dieser Zeit oder im Ganzen nach 15 Jahren zu renovieren, um sie ganz normal an den Wohnungsmarkt zu bringen“, sagt Stapelfeldt. „So oder so wird am Ende eine gemischte Bewohnerschaft stehen.“ Auch hier garantiert die Stadt, dass es dann das notwendige Baurecht geben wird, um die Wohnungen viele Jahrzehnte vermieten zu können. Und wenn Klagen einen Bebauungsplan verhindern oder verzögern sollten? „Die Stadt übernimmt weitgehend das Risiko, weil wir sicher sind, dass die Bebauungspläne allen Überprüfungen standhalten werden“, sagt Staatsrat Kock.