Jenfeld. Verdacht gegen die Hells Angels: Fünf Tage nach Schüssen auf Taxi wurde einer der verletzten Mongols mit Messer angegriffen.

Der Streit zwischen den verfeindeten Rockerbanden Hells Angels und Mongols ist am Wochenende weiter eskaliert. Am Sonnabend stürmte das Mobile Einsatzkommando (MEK) der Polizei Wohnungen unter anderem in Jenfeld, Horn und Billstedt sowie den Saunaclub „Atmos“ in Harburg. Grund für den Einsatz war eine Messerstecherei, bei der ein Mitglied der Mongols schwer verletzt worden war. Das Opfer der Messerattacke ist nach Abendblatt-Informationen der 26 Jahre alte Hidi G., der schon bei dem Angriff auf ein Taxi an der Reeperbahn vor einer Woche einen Prellschuss erlitten hatte.

Das Opfer wurde bereits bei der Kiez-Schießerei verletzt

Nachdem der bewaffnete Angriff auf dem Kiez für ihn noch einigermaßen glimpflich ausgegangen war, tappte Hidi G. diesmal anscheinend in eine Falle. Der 26-Jährige soll sich in der Nacht zum Sonnabend gegen 2 Uhr am Derbyweg in Horn aufgehalten haben – offenbar in der Erwartung, sich dort mit Frauen zu treffen. Stattdessen tauchten aber mehrere Rocker auf, die mutmaßlich den mit den Mongols verfeindeten Hells Angels oder deren Umfeld zuzurechnen sind.

MEK stürmt Wohnungen nach Rockerschießerei

Das Mobile Einsatzkommando hat am Abend des 2. Januar mehrere Wohnungen in Hamburg gestürmt
Das Mobile Einsatzkommando hat am Abend des 2. Januar mehrere Wohnungen in Hamburg gestürmt © Michael Arning
Eine Wohnung im Öjendorfer Damm (Jenfeld) wurde vom MEK gestürmt
Eine Wohnung im Öjendorfer Damm (Jenfeld) wurde vom MEK gestürmt © Michael Arning
Die Beamten kamen in voller Ausrüstung
Die Beamten kamen in voller Ausrüstung © Michael Arning
Auch eine Wohnung im Bömelburgweg (Horn) stürmten die MEK-Einsatzkräfte
Auch eine Wohnung im Bömelburgweg (Horn) stürmten die MEK-Einsatzkräfte © Michael Arning
Im Anschluß wurde die Wohnung von den Sachbearbeitern des LKA durchsucht
Im Anschluß wurde die Wohnung von den Sachbearbeitern des LKA durchsucht © Michael Arning
Auch im Öjendorfer Damm (Jenfeld) fanden Durchsuchungen statt
Auch im Öjendorfer Damm (Jenfeld) fanden Durchsuchungen statt © Michael Arning
In Steilshoop stürmten die Einsatzkräfte eine weitere Wohnung
In Steilshoop stürmten die Einsatzkräfte eine weitere Wohnung © TV News Kontor
Unter den gestürmten Wohnungen war auch eine in Billstedt
Unter den gestürmten Wohnungen war auch eine in Billstedt © Michael Arning
Die Beamten kamen mit schwerem Gerät
Die Beamten kamen mit schwerem Gerät © Michael Arning
 Sie stürmten über die Treppe nach oben
Sie stürmten über die Treppe nach oben © Michael Arning |
Von einem Laubengang aus öffnen die MEK-Kräfte eine Wohnungstür in einem Gebäude in der Kandinskyallee (Billstedt)
Von einem Laubengang aus öffnen die MEK-Kräfte eine Wohnungstür in einem Gebäude in der Kandinskyallee (Billstedt) © Michael Arning
Mehrere Beamte sichern die Tür
Mehrere Beamte sichern die Tür © Michael Arning
Dann betreten die ersten Einsatzkräfte die Wohnung
Dann betreten die ersten Einsatzkräfte die Wohnung © Michael Arning
Fotografen hatten einen guten Bild auf die MEK-Aktion in einem Gebäude in der Kandinskyallee
Fotografen hatten einen guten Bild auf die MEK-Aktion in einem Gebäude in der Kandinskyallee © Michael Arning
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Mit einem Messer stachen sie auf Hidi G. ein, verletzten ihn am Kopf und am Bein und flüchteten anschließend. Der 26-Jährige wurde in ein Krankenhaus eingeliefert, er ist aber nicht in Lebensgefahr. Die Polizei, die nach der Messerattacke wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt, reagierte prompt: Während einer Sofortfahndung wurden zwei Männer im Alter von 20 und 21 Jahren vorläufig festgenommen. Sie sind inzwischen allerdings wieder auf freiem Fuß. Außerdem ermittelte die für das Milieu zuständige Abteilung für Organisierte Kriminalität des Landeskriminalamtes fünf weitere mutmaßliche Täter. Sie sind nach Angaben der Polizei zwischen 21 und 24 Jahre alt. Es ist davon auszugehen, dass sie den Hells Angels nahestehen.

„Die Staatsanwaltschaft erwirkte daraufhin beim Amtsgericht Durchsuchungsbeschlüsse für die Wohnungen der Tatverdächtigen, die im Anschluss mit Einsatz des Mobilen Einsatzkommandos vollstreckt wurden“, sagte eine Polizeisprecherin. Die Durchsuchungen am Abend sollten zur Aufklärung beitragen – die Ermittler trafen jedoch keinen der Verdächtigen an. Die Auswertung der in den Wohnungen sichergestellten Beweismittel dauert nach Angaben der Polizei noch an.

Schießerei an der Reeperbahn

Dezember 2015: Auf Angehörige der Rockergruppe Mongols, die in dem Taxi saßen, wurde geschossen
Dezember 2015: Auf Angehörige der Rockergruppe Mongols, die in dem Taxi saßen, wurde geschossen © HA | André Zand-Vakili
Sieben Schüsse durchlöcherten das Taxi
Sieben Schüsse durchlöcherten das Taxi © dpa | Frank Bründel/Citynewstv
Die Polizei führt einen der verdächtigen Hells Angels ab
Die Polizei führt einen der verdächtigen Hells Angels ab © TV News Kontor
Schwer bewaffnete Polizisten sichern den Tatort ab
Schwer bewaffnete Polizisten sichern den Tatort ab © dpa | JOTO
Bei der Schießerei wurde ein Mongols-Rocker schwer verletzt
Bei der Schießerei wurde ein Mongols-Rocker schwer verletzt © dpa | Frank Bründel/Citynewstv
Die Polizei stellte insgesamt drei Fahrzeuge sicher
Die Polizei stellte insgesamt drei Fahrzeuge sicher © TV News Kontor
Das Taxi, auf das mehrfach geschossen wurde, wird an der Holstenstraße von der Spurensicherung untersucht
Das Taxi, auf das mehrfach geschossen wurde, wird an der Holstenstraße von der Spurensicherung untersucht © HA | André Zand-Vakili
Die Polizei stellte anschließend einen Smart sicher
Die Polizei stellte anschließend einen Smart sicher © HA | André Zand-Vakili
Ein verletzter Mongols-Rocker wird auf einer Trage abtransportiert
Ein verletzter Mongols-Rocker wird auf einer Trage abtransportiert © TV News Kontor
Die Polizei stellt einen Sportwagen der Rockergruppe Hells Angels sicher
Die Polizei stellt einen Sportwagen der Rockergruppe Hells Angels sicher © TV News Kontor
Zu der Schießerei auf St. Pauli kam es am Montagabend
Zu der Schießerei auf St. Pauli kam es am Montagabend © HA | Matthias Kahrs
Ein verdächtiger Rocker der Hells Angels wird festgenommen
Ein verdächtiger Rocker der Hells Angels wird festgenommen © TV News Kontor
Die Polizei befragt Zeugen an der Reeperbahn. Der Taxifahrer soll mit einer Waffe bedroht worden sein
Die Polizei befragt Zeugen an der Reeperbahn. Der Taxifahrer soll mit einer Waffe bedroht worden sein © privat
Nach ersten Polizeiangaben wurde eine Person schwer verletzt
Nach ersten Polizeiangaben wurde eine Person schwer verletzt © HA | Matthias Kahrs
Auf der Beifahrerseite des Taxis sind sieben Einschusslöcher zu sehen
Auf der Beifahrerseite des Taxis sind sieben Einschusslöcher zu sehen © HA | André Zand-Vakili
Es wurden mehrere Personen festgenommen
Es wurden mehrere Personen festgenommen © privat
Der Bereich Reeperbahn/Ecke Holstenstraße war über Stunden abgesperrt
Der Bereich Reeperbahn/Ecke Holstenstraße war über Stunden abgesperrt © HA | Matthias Kahrs
Ein Polizeifahrzeug am Tatort
Ein Polizeifahrzeug am Tatort © HA | Matthias Kahrs
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Auch die Razzia im „Atmos“ blieb ohne Erfolg. Der Saunaclub gilt als Treffpunkt der Rocker. Die Ermittler überprüften etwa 70 Personen, konnten jedoch keine Mitglieder der Hells Angels oder der Mongols identifizieren. Die Durchsuchung der Wohnungen und des „Atmos“ war die erste sichtbare Aktion, die die Polizei seit den Schüssen auf das Taxi vor einer Woche gegen die Rocker gestartet hat. Am vergangenen Montag hatte die mittlerweile monatelange Auseinandersetzung zwischen den Rockergruppen ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht, als an der Reeperbahn mutmaßlich Hells Angels von einem Auto aus Schüsse auf ein Taxi abgegeben hatten, in dem drei Mitglieder der Mongols saßen.

Milieu-Kenner geht von weiteren Racheakten aus

Bei dem Angriff wurde einer der Rocker von einem Schuss in den Rücken getroffen, Hidi G. trug einen sogenannten Prellschuss davon. Der dritte Fahrgast und neue Mongols-„Präsident“ Kevin S., der nach der Festnahme des auch bei den eigenen Leuten umstrittenen Erka

MEK nimmt Mongols-Boss in Penthouse fest

Um kurz nach 11 Uhr hatten die Beamten des MEK das Gebäude an der Kreuzung Hoheluftchaussee / Eppendorfer Weg gestürmt
Um kurz nach 11 Uhr hatten die Beamten des MEK das Gebäude an der Kreuzung Hoheluftchaussee / Eppendorfer Weg gestürmt © HA | Michael Arning
Kurz vor dem Zugriff: MEK-Beamte auf dem Dach des Penthouses
Kurz vor dem Zugriff: MEK-Beamte auf dem Dach des Penthouses © TV News Kontor
Polizisten führen den Präsidenten der Rockergruppe Mongols, Erkan U., zum Streifenwagen
Polizisten führen den Präsidenten der Rockergruppe Mongols, Erkan U., zum Streifenwagen © HA | Michael Arning
Das MEK führt den Rocker-Boss Erkan U. ab
Das MEK führt den Rocker-Boss Erkan U. ab © HA | Michael Arning
Eine Kolonne von Streifenwagen und zivilen Streifenwagen rasen auf der Hoheluftchaussee zum Einsatzort
Eine Kolonne von Streifenwagen und zivilen Streifenwagen rasen auf der Hoheluftchaussee zum Einsatzort © TV News Kontor
Der Lamborghini parkte zuvor in der Tiefgarage des Hamburger Luxushotels Grand Elysée
Der Lamborghini parkte zuvor in der Tiefgarage des Hamburger Luxushotels Grand Elysée © HA | Michael Arning
Der Lamborghini parkte zuvor in der Tiefgarage des Hamburger Luxushotels Grand Elysée
Der Lamborghini parkte zuvor in der Tiefgarage des Hamburger Luxushotels Grand Elysée © TV News Kontor
Der Lamborghini wird abtransportiert
Der Lamborghini wird abtransportiert © TV newskontor
Der Lamborghini des 37-jährigen Rockers wurde sichergestellt
Der Lamborghini des 37-jährigen Rockers wurde sichergestellt © HA | Michael Arning
Passanten hörten während des Einsatzes einen lauten Knall und waren daraufhin verunsichert
Passanten hörten während des Einsatzes einen lauten Knall und waren daraufhin verunsichert © HA | Michael Arning
Das MEK setzte bei der Erstürmung Blendgranaten ein
Das MEK setzte bei der Erstürmung Blendgranaten ein © HA | Michael Arning
Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort
Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort © HA | Michael Arning
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n U. im Dezember an die Spitze der Gruppe gekommen war, blieb unverletzt. Die Polizei nahm nach den Schüssen vor einer Woche zunächst zwölf Mitglieder der Hells Angels fest. Wenig später mussten jedoch auch sie wieder entlassen werden. Mit der Messerattacke gegen Hidi G. hat es nun innerhalb weniger Tage zwei Angriffe auf die Mongols gegeben. Diese dürften sich von ihren Rivalen vorgeführt fühlen. Schon nach den Schüssen auf der Reeperbahn hatte der Milieu-Experte Jürgen Roth – Autor von Büchern und TV-Dokumentationen – dem Abendblatt gesagt, dass klar sei, dass sich die Gruppe nun rächen werde. Roth: „Das wäre das erste Mal, wenn das nicht passiert.“ Schon am Silvesterabend, also drei Tage nach dem Angriff auf dem Kiez, hatte Hidi G. im Internet mit einem Rapsong auf einen „Machtwechsel“ in der Stadt angespielt.

Seit Monaten versuchen die Mongols, in Hamburg Fuß zu fassen. Insider glauben, dass die Gruppe in der Stadt wächst. Zuletzt soll es ein Treffen der Präsidenten aller Charter der Hells Angels gegeben haben, zu dem auch die Präsidenten der sogenannten Supporter-Clubs einberufen wurden. Kenner der Szene gehen davon aus, dass die Lage weiter eskalieren wird.

Chronologie des Rockerkriegs in Hamburg

Juli 2015

Das Mobile Einsatzkommando landet mit einem Hubschrauber auf dem Dach des Penthouses von Erkan U. an der Hoheluftchaussee und stürmt die Wohnung – auf der Suche nach einer Schusswaffe.

Oktober 2015

Im Oktober explodiert eine Handgranate unter dem Lamborghini des Mongols-Präsidenten Erkan U. – wieder an der Hoheluftchaussee.

November 2015

Schaulaufen von Mongols und Bandidos in Kutten auf der Reeperbahn. Ermittler der Polizei werten die Aktion in erster Linie als Provokation – inoffiziell gilt der Hamburger Kiez als Gebiet der Hells Angels.

November 2015

Tage später wird Erkan U. von einem Rollkommando in seinem Penthouse überfallen und verprügelt. Dabei stehlen ihm die Angreifer seine Präsidenten-Lederkutte, ziehen sie an der Reeperbahn einem Transvestiten an, der damit schließlich vor Susis Showbar an der Großen Freiheit tanzt – eine Demütigung, die per Handyvideo über Facebook verbreitet wird.

Anfang Dezember 2015

Anfang Dezember wird der bis dahin "amtierende" Hamburger Mongols-Präsident Erkan U. vom Mobilen Einsatzkommando in seinem Penthouse verhaftet. Stunden später übernimmt Kevin S. dessen Rolle.

Mitte Dezember 2015

Die Polizei stürmt und durchsucht zehn Wohnungen und verhaftet drei Mongols-Rocker.

28. Dezember 2015

Am Montag nach Weihnachten wird in der Nähe der Reeperbahn auf ein Taxi geschossen. Dabei werden zwei Mitglieder der Mongols verletzt. Der Chef der Hamburger Gruppe, Kevin S., bleibt unverletzt. Ein weiterer Rocker bricht sich bei der Flucht einen Fuß. Die Polizei nimmt in der Folge zwölf Mitglieder der Hells Angels fest, muss sie aber wieder auf freien Fuß setzen.

2. Januar 2016

Bei einer Messerstecherei am frühen Morgen des 2. Januar wird ein Mitglied der Mongols schwer verletzt. Das Opfer ist nach Abendblatt-Informationen der 26 Jahre alte Hidi G., der schon bei dem Angriff auf ein Taxi an der Reeperbahn vor einer Woche einen Prellschuss erlitten hatte. Am Abend des selben Tages stürmt das Mobile Einsatzkommando (MEK) der Polizei Wohnungen unter anderem in Jenfeld, Horn und Billstedt sowie den Saunaclub „Atmos“ in Harburg - ohne aber Mitglieder der Hells Angels anzutreffen.

4. Januar 2016

Die Hamburger Polizei gründet die "Soko Rocker" mit 50 Beamten, um der eskalierenden Gewalt zwischen mit Mongols und Hells Angels entgegen zu treten. Unter anderem sollen Szenetreffs beobachtet und ein Verbot der Mongols geprüft werden.

12. Januar 2016

Hamburger Beamte nehmen drei Männer fest, die verdächtigt werden, am 2. Januar ein Mitglied der Mongols niedergestochen zu haben.

19. Januar 2016

Großrazzia in Norddeutschland: Die "Soko Rocker" nimmt zwei Hells-Angels-Mitglieder im Alter von 35 Jahren fest. Insgesamt 20 Durchsuchungsbeschlüsse im Norden wurden vollstreckt. 250 Beamte waren im Einsatz.

2. Februar 2016

Die "Soko Rocker" stürmt eine Werkstatt am Billwerder Steindamm, die offenbar einem Hells Angels-Mitglied gehört. Verdacht: Gewerbsmäßige Hehlerei mit Autoteilen. Die Beamten haben Tausende offensichtlich gestohlene BMW-Autoteile sichergestellt, die in der Halle gelagert wurden.

2. Februar 2016

Die "Soko Rocker" nimmt zwei Männer in Haft, die dringend tatverdächtig des schweren gemeinschaftlichen Raubs sind. Das Opfer des Raubes wird ebenfalls wegen eines ausstehenden Haftbefehls verhaftet.

3. Februar 2016

Die "Soko Rocker" stürmt acht Wohnungen in Hamburg und Norddeutschland. Ein 28 Jahre alter Iraner wurde bei dem Einsatz festgenommen. Es wurde unter anderem eine geladene Maschinenpistole gefunden und sicher gestellt.

5. Februar 2016

Die Polizei durchsucht fünf Wohnungen in Schnelsen und Eidelstedt und verhaftet einen weiteren Tatverdächtigen des Raubs vom 2. Februar.

11. Februar

Die "Soko Rocker" verhaftet einen weiteren Tatverdächtigen im Zusammenhang mit dem Raub vom 2. Februar, außerdem werden zwei Wohnungen in St. Georg und Billstedt durchsucht.

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