Berlin/Hamburg . Der Berliner Henrik Falk will WLAN einführen, jüngere Kunden stärker an das Unternehmen binden und sich um den Tarifdschungel kümmern.
Die Hamburger Hochbahn bekommt einen Berliner als Chef: Henrik Falk tritt mit Jahresanfang seinen Job im Vorstand des städtischen Verkehrsunternehmens mit rund 4900 Mitarbeitern an und wird zum 1. Februar 2016 den Vorsitz im Vorstand der Hamburger Hochbahn AG übernehmen. Der 45-Jährige ist Nachfolger von Günter Elste, der dann in den Ruhestand verabschiedet wird. Bislang war Falk als Vorstand für Finanzen und Vertrieb bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) tätig.
Hamburger Abendblatt: Wieso haben Sie sich entschieden, Berlin zu verlassen und künftig in Hamburg zu leben und zu arbeiten?
Henrik Falk: Ein so großartiges Unternehmen wie die Hamburger Hochbahn verantwortlich führen zu dürfen sehe ich als spannende Herausforderung sowie große Chance an. Und fraglos hat bei meiner Entscheidung eine ebenso wichtige Rolle gespielt, dass Hamburg eine reizvolle Metropole mit ambitionierten Projekten wie zum Beispiel dem Neubau der U 5 ist.
Was haben Sie sich für die Hamburger Hochbahn vorgenommen?
Falk : Erst einmal muss ich das Unternehmen und die Mitarbeiter richtig kennenlernen. Wie ich weiß, ist die Unternehmensstrategie der Hochbahn auf Kundenzuwachs ausgerichtet. Neben den klassischen Themen des Angebots sehe ich eine der größten Möglichkeiten hierzu in der konsequenten Nutzung der Chancen, welche uns die Digitalisierung bietet. Wir müssen mit unseren Angeboten näher ran an das digitale Lebensgefühl der Menschen. Dazu gehört die Einführung von WLAN in unserem System, ebenso wie beispielsweise mehrwertstiftende Apps und einfache Handyticketlösungen. Es reizt mich sehr, solche Projekte für Hamburg auf den Weg zu bringen.
Wie sehen Sie die Zukunft der Hochbahn?
Falk : Das Unternehmen ist sehr gut aufgestellt, und wir werden die Topthemen wie zum Beispiel den U-Bahn-Ausbau und den emissionsfreien Busverkehr präzise vorantreiben. Hierdurch werden wir auch weiterhin einen wesentlichen Beitrag zur Attraktivität der Stadt Hamburg leisten. Jedoch ist die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs durch immer mehr Menschen kein Selbstläufer, und man muss sich konsequent mit den Kundenanforderungen beschäftigen. Zum Beispiel müssen wir unsere jüngeren Kunden so von unserem Produkt überzeugen, dass sie mit 18 Jahren – auch wenn sie ihren Führerschein gemacht haben – nicht automatisch auf das Auto umsteigen, sondern weiter überwiegend für ihre Wege Bus und Bahn nutzen.
Wie wollen Sie denn die junge Zielgruppe erreichen?
Falk : Auch hier sehe ich große Chancen in der Digitalisierung, die uns viele Möglichkeiten bietet. Wir müssen zum Beispiel unsere Kommunikation gerade mit jungen Kunden noch viel mehr auf deren übliche Kanäle wie zum Beispiel Facebook oder Twitter konzentrieren. Wir müssen ihre Sprache sprechen und ihre digitalen Bedürfnisse erkennen.
Wie wichtig ist es, die öffentlichen Verkehrsmittel mit anderen Mobilitätsangeboten zu kombinieren?
Falk : Sehr wichtig. In Hamburg gibt es ja bereits die switchh-Punkte an Haltestellen, wo man Autos und Fahrräder ausleihen kann. Ein sehr gutes Angebot, welches wir noch weiter ausbauen müssen und werden. Auch die Radfahrer sind für uns eine wichtige Zielgruppe, deren Bedürfnisse es zu analysieren gilt. Das „Sharing“, also das Teilen, ist ein Megatrend der heranwachsenden Generation. Ich bin fest davon überzeugt, dass in der optimalen Verknüpfung von sämtlichen Verkehrsmitteln zum Zwecke der gemeinsamen Nutzung die Zukunft der urbanen Mobilität liegt.
Welche Rolle spielt bei Ihnen die Kundenzufriedenheit?
Falk : Natürlich hat die Zufriedenheit unserer Fahrgäste oberste Priorität. Deshalb möchte ich auch, dass man noch viel mehr, zum Beispiel über elektronische Medien, mit den Kunden ins Gespräch kommt. Wir müssen ganz nah an unseren Fahrgästen dran sein, um uns bestmöglich auf ihre Wünsche einzustellen.
Was erwarten die Fahrgäste von Ihnen?
Falk : Das ist in Berlin genauso wie in Hamburg. In erster Linie wollen die Fahrgäste sicher, pünktlich und zuverlässig an ihr Ziel kommen. Aber auch Sauberkeit und Sicherheit in den Bussen und Bahnen sowie in den Haltestellen spielt eine große Rolle. Und natürlich, dass wir moderne und komfortable Fahrzeuge einsetzen. Ganz wichtig ist auch, dass die Mitarbeiter serviceorientiert und freundlich sind, denn sie sind das Aushängeschild des Unternehmens.
Während der Hauptverkehrszeit sind Busse und Bahnen häufig überfüllt. Wie wollen Sie dieses Problem lösen?
Falk : Da kann man zum Beispiel mit einer engeren Taktung oder größeren Fahrzeugen gegensteuern. Aber es gibt wohl keine Metropole auf dieser Welt, wo die öffentlichen Verkehrsmittel zur Hauptverkehrszeit leer sind und jeder einen eigenen Sitzplatz erhält.
Abendblatt: Es wird immer wieder kritisiert, dass die Gestaltung des Tarifsystems für Bus und Bahn unübersichtlich ist. Es ist sogar von einem „Tarifdschungel“ die Rede. Wie sehen Sie das?
Falk : In der Tat habe auch ich schon bei meinen ersten Besuchen in Hamburg die Erfahrung am Fahrkartenautomaten gemacht, dass das Preissystem für einen „Zugereisten“ nicht einfach ist. Dieses würde einem Hamburger in Berlin aber wohl auch so ergehen. Hier werde ich weitere Erfahrungen sammeln müssen, um zu einem profunden Urteil zu kommen.
Wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf bei der Hochbahn?
Falk : Ich muss erst mal meinen Job antreten, und wenn ich mich eingearbeitet habe, wird sich zeigen, was man bei der Hochbahn noch optimieren kann.
Alle Jahre wieder werden die Fahrpreise erhöht. Das wird von vielen Fahrgästen kritisiert. Zu Recht?
Falk : Die Kunden erwarten einen hohen Qualitätsstandard. Dafür sind immer wieder erhebliche Investitionen notwendig, und das schlägt sich natürlich auch auf die Fahrpreise nieder. Regelmäßige Tarifanhebungen sind unumgänglich.
Allerdings ist es wichtig, dass sie für den Kunden nicht willkürlich erscheinen, sondern nachvollziehbar begründet und erklärt werden.