Hamburg. Seit fast 20 Jahren ist Eva Hubert Chefin der Hamburger Filmförderung. Jetzt räumt sie ihren Platz.

Charlotte Rampling. Michael Fassbender. Roman Polanski. Man kann die Karriere von Eva Hubert gut anhand der Stars erzählen, denen sie im Lauf der Jahre die Hand geschüttelt hat. Ewan McGregor riss für sie Witzchen bei einem Dreh auf dem Studio-Hamburg-Gelände. Sie interviewte Armin Mueller-Stahl auf einer Premiere im Holi-Kino und plauderte mit Fassbender auf dem Filmfestival in Sarajewo. Allerdings ist Eva Hubert nicht der Typ für Anekdoten dieser Art. Für Angebergeschichten aus der Branche, das Aufzählen von Schauspielern, mit denen sie ach so gut befreundet ist. Man muss schon dreimal nachfragen, bis Hubert bereit ist zuzugeben, dass ihr Job ein kleines bisschen Glamour mit sich bringt. Glücklich sieht sie bei diesem Geständnis nicht aus.

Eva Hubert war fast zwanzig Jahre lang Chefin der Hamburger Filmförderung. In diesen Tagen verabschiedet sie sich in den Ruhestand; ihre Nachfolgerin Maria Köpf übernimmt das Amt am 1. Januar 2016. In einer Branche, in der viele den Job häufiger wechseln als die Zahnbürste, kommt es schon einem kleinen Wunder gleich, wenn jemand seit 1997 auf dem Chefposten verweilt. Ohne Skandale oder öffentliches Getratsche hinter vorgehaltener Hand. Kein Hamburger Filmemacher, der nicht schon mit seinem Produzenten in Huberts Ottenser Büroräumen gesessen und für sein Projekt gekämpft hätte. Eva Hubert, 65, war nicht nur ein wichtiger Teil der Hamburger Kinobranche, sie war der Motor.

Der junge Fatih Akin holte sich bei der Filmförderung Hamburg das Geld für seinen ersten Langfilmerfolg „Kurz und schmerzlos“. Eine Außenseiterin wie Monika Treut hätte einige ihrer Dokumentarfilme kaum realisieren können ohne finanzielle Hilfe von Hubert und ihrem Team. Sebastian Schipper drehte seine Hamburg-Hymne „Absolute Giganten“ auch dank des Hauptgeldgebers aus Hamburg.

In Huberts Amtszeit sind in Hamburg (seit 2007 auch in Schleswig-Holstein) rund 3000 Projekte mit rund 172,7 Millionen Euro gefördert worden. Mit Huberts Weggang geht also auch eine Ära zu Ende. Macht das sentimental? Hubert lächelt und sagt: „Im Augenblick bin ich noch völlig unsentimental. Ich bin ja auch eher der pragmatische Typ.“

Ihren Pragmatismus hat sie oft bewiesen. Vier große finanzielle Einschnitte musste Hubert in ihrer Karriere hinnehmen. Sie musste zusehen, wie die Filmförderungen in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Berlin kontinuierlich ihren Etat erhöhten, internationale Großproduktionen anlockten, sich mit deutschem Erfolgskino schmückten. In Hamburg stand manch ein Kultursenator der Kunstform Film eher skeptisch gegenüber. Die Bedeutung des Filmstandorts Hamburg sank.

Hubert schimpfte nicht (oder wenigstens nur heimlich), sie räumte auch nicht genervt ihren Schreibtisch. Sie blieb: vernünftig. Machte weiter ihren Job, so gut man sie ließ. Auch im Rückblick ist ihr zu den Kürzungen kein böses Wort zu entlocken: „Es ist kein Geheimnis, dass Musik und Theater in Hamburg einen höheren Stellenwert genießen als Film. Ich beklage mich darüber nicht, ich sehe das nüchtern. Auf der anderen Seite nutze ich jede Gelegenheit, an die positiven Effekte zu erinnern, die uns Filme bescheren: Bilder aus Hamburg, die ihren Weg in die Welt finden, sind als Werbung für die Stadt unbezahlbar.“

Heute verfügt die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein über einen jährlichen Etat von rund 13 Millionen Euro. Mit diesem Geld fördert sie kurze und lange Filme, dokumentarische und fiktionale. Blockbuster, Experimentelles, Arthaus und skandinavische Koproduktionen. Was Hubert gern verantwortet hätte, ist die Gründung einer norddeutschen Filmförderung. Es scheiterte an der Einwilligung Niedersachsens. Die Fusion mit Schleswig-Holstein hingegen gelang.

Lang ist es her, dass der heutige Berlinale-Chef Dieter Kosslick Eva Hubert, damals Redakteurin am Hans-Bredow-Institut, 1991 zu sich ins Team des FilmFonds holte. Sechs Jahre später stand Hubert an der Spitze der Filmförderung. Ihr Berufsweg aber hätte auch eine ganz andere Richtung nehmen können, sagt sie: „Ich bin eine Patchworkbiografie-Tante“.

Ist das typisch weibliche Bescheidenheit? Schwer zu sagen. Gleich nach dem Studium, mit gerade 23 Jahren, unterrichtete sie an der Berufsschule Maschinenschlosser und Friseure. Kein unwichtiges biografisches Detail. Denn Hamburgs Filmförderung kann sich zugutehalten, dass sie eines immer getan hat: an junge Filmemacher glauben, Talente unterstützen. Schließlich besteht die Aufgabe einer Förderinstitution nicht nur darin, einen Scheck auszustellen. Es braucht ein Gespür für neue Ideen, kreative Menschen. „Ich glaube schon, dass ich einen ganz guten Blick für Leute habe“, sagt Hubert. Auch dies ein Satz, den sie ungern von sich gibt, sondern auf Nachfragen hin. Eva Hubert, die große Bescheidene.

Nun ist es natürlich eine kluge Entscheidung, sich in einer wichtigen Geldgeberposition nicht ständig in die erste Reihe zu drängeln. Hubert setzte ihre gesamte Karriere eher auf die Devise: im Hintergrund Gutes tun. Filme ermöglichen, die eben noch ein Einfall auf einem Blatt Papier waren. Zweite Chancen geben, weil bei der teuren und fragilen Teamleistung „Film“ auch immer eine Menge schiefgehen kann.

Das kostet auch Kraft. Zwischendurch hätte sie gern ein halbes Jahr Pause eingelegt, erzählt Hubert. Sie wollte sich zurückziehen, neue Kräfte sammeln. Man ließ sie nicht. „Dass so eine Auszeit als Geschäftsführerin nicht möglich ist, finde ich sehr bedauerlich. So gern ich diesen Job gemacht habe – manchmal kam ich mir vor wie in einem Hamsterrad“, sagt sie. Nun darf die große Pause kommen. Hubert wird weiter viel ins Kino gehen. Den neuen James Bond gucken. Sich ansehen, in welche Filme Hamburgs Fördergeld künftig fließt. Eva Hubert hat für die Kinolandschaft dieser Stadt jede Menge bewirkt. Jetzt setzten andere diesen Weg fort.