Miami. Reedereien Carnival, Royal Caribbean und NCL wollen zusätzliche Schiffe nach Hamburg schicken. Stadt schließt Abkommen mit Miami.
Arnold W. Donald mag Hamburg. „Großartige Stadt, unsere Leute haben dort eine fantastische Zeit“, sagt der hünenhafte Chef der Carnival-Gruppe. Der Manager mit dem markanten Schnauzbart und dem kräftigen Händedruck empfängt Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch mit einem herzlichen Lächeln. Hier, in der amerikanischen Kreuzfahrtmetropole Miami, rennen die Hanseaten offene Türen ein mit ihrem Plan, mehr US-Kreuzfahrtschiffe in die Hansestadt zu locken, das ist gleich von Anfang an klar. Die Metropole in Florida ist die letzte Station auf der rund einwöchigen Reise der Hamburger Delegation nach Kuba und in die Vereinigten Staaten.
Arnold Donald ist nicht irgendwer, er ist der mächtigste Mann in der weltweiten Kreuzfahrtindustrie. Zu Carnival gehören nicht nur die Aida- und Costa-Schiffe, sondern auch die „Queen Mary 2“ und alle anderen Modelle der Cunard-Reederei. Insgesamt umfasst die Flotte fast hundert Schiffe, die unter zehn verschiedenen Marken fahren. Der Konzern hat immerhin einen Anteil von rund 50 Prozent am weltweiten Kreuzfahrtgeschäft.
Er könne sich gut vorstellen, noch mehr Schiffe in die Hansestadt zu schicken, sagt der Konzernchef. Auch insgesamt sei es denkbar, die Präsenz in der Hansestadt auszubauen. Die Beziehungen der Carnival-Gruppe zu Hamburg sind bereits eng, die Tochter Costa hat dort 800 Mitarbeiter, vor wenigen Wochen erst wurde in der HafenCity das sogenannte Fleet Operation Center in Betrieb genommen, eine nautische Zentrale, mit der alle Aida- und Costa-Schiffe überwacht werden, die weltweit unterwegs sind. „Diese Zentrale in Hamburg ist so etwas wie der Prototyp für weitere“, sagt Donald. Künftig könnte sie auch die Schiffe der britischen Marke P&O Cruises betreuen.
Gut eine halbe Stunde Autofahrt von der Carnival-Gruppe entfernt residiert in Miami der größte Konkurrent Royal Caribbean. Präsident Adam Goldstein empfängt in einem Konferenzraum mit direktem Blick auf den Hafen von Miami, in dem auch zahlreiche Schiffe der eigenen Gruppe anlegen. Royal Caribbeans Flotte ist zwar kleiner als die des Wettbewerbers, dafür sind die Schiffe aber die größten weltweit. Rund 6000 Passagiere kann das derzeit gewaltigste, die „Oasis of the Seas“ transportieren. Das Nachfolgemodell, die „Harmony of the Seas“ mit 6500 Betten, ist schon im Bau und soll im Mai kommenden Jahres in Dienst gestellt werden.
Die Royal-Caribbean-Schiffe sind kleine Vergnügungsstädte auf dem Meer. Die größten haben einen eigenen Park, Kletterwände, Fallschirmsprung-Simulatoren und eine Anlage mit Autoscootern an Bord. Die „Harmony“ wird über eine Wasserrutsche verfügen, in der die Passagiere über zehn Decks in die Tiefe stürzen können. Die Innenkabinen sind mit „virtuellen Balkonen“ ausgestattet, die einen Ausblick aufs Meer simulieren. Dazu werden Kameraaufnahmen in die Kabine projiziert.
„Unsere Schiffe sind vor allem deshalb so groß, weil wir unseren Passagieren so viel Abwechslung wie möglich bieten wollen“, sagt Präsident Goldstein. Ein Ende der Größenschlacht ist für ihn nicht absehbar. „Es kann schon sein, dass wir jetzt erst einmal eine Pause einlegen“, meint er. Danach könne er sich aber auch noch größere Schiffe vorstellen.
Mit Hamburg ist Royal Caribbean vor allem über die in der Hansestadt ansässige Tochtergesellschaft TUI Cruises verbunden, die zur Hälfte zu dem US-Konzern gehört. Neben den TUI-Schiffen laufen derzeit allerdings nur wenige Kreuzfahrer der Amerikaner wie etwa die „Legend of the Seas“ den Hamburger Hafen an. „Wir denken darüber nach, das zu ändern“, sagt Goldstein. Konkret geht es nach Abendblatt-Informationen darum, die Routen mehrerer Schiffe, die bislang in Kopenhagen Station machten, stattdessen die Hansestadt besuchen zu lassen. Geworben haben die Hanseaten beim Royal-Caribbean-Chef auch dafür, dass die Deutschlandzentrale an die Elbe verlagert wird. Bisher sitzt das Unternehmen mit 120 Mitarbeitern in Frankfurt. „Im Moment sind wir mit dem Standort sehr glücklich“, hält sich Goldstein bedeckt.
Die dritte große Reederei in Miami, Norwegian Cruise Line (NCL), könnte die Zahl ihrer Anläufe in Hamburg ebenfalls erhöhen. Konkret wird im kommenden Jahr erstmals die „Marina“, die zur NCL-Tochter Oceania gehört, die Hansestadt besuchen.
Eng kooperieren will Hamburg künftig mit dem Hafen von Miami. Dazu wurde in der US-Metropole ein Partnerschaftsabkommen, ein sogenanntes Sister Seaport Agreement, unterzeichnet. „Wir können von Miami eine Menge lernen, vor allem, wenn es um die Abfertigung von Kreuzfahrtpassagieren geht“, sagt der Chef der Hamburger Hafenbehörde HPA, Jens Meier. Tatsächlich werden in der US-Metropole jährlich etwa 4,9 Millionen Passagiere auf die Schiffe gebracht und verlassen diese wieder, weil der Hafen die Drehscheibe bei Karibikkreuzfahrten ist. In Hamburg werden in diesem Jahr hingegen gerade einmal 525.000 Passagiere abgefertigt, im kommenden Jahr sollen es laut Meier 640.000 sein.
Miami möchte von den Erfahrungen Hamburgs beim Containerumschlag profitieren. In diesem Bereich ist der amerikanische Hafen mit jährlich etwa einer Million Standardcontainern (TEU) der Zwerg und Hamburg mit 8,8 Millionen TEU der Riese. In Florida werden die Stahlboxen noch auf vergleichsweise altmodische Weise auf Lastwagen verladen, Van-Carrier sucht man vergebens und von einem voll automatisierten Terminal wie zum Beispiel in Altenwerder sind die Amerikaner noch meilenweit entfernt. „Wir möchten gerne bestimmte IT-Prozesse aus Hamburg übernehmen“, sagt der stellvertretende Direktor des Hafens Miami, Kevin T. Lynskey. „In diesem Bereich ist die Stadt sehr weit.“
Durch das Abkommen mit Miami hat Hamburg nun zwei Schwesterhäfen. Ein ähnliches Abkommen wurde seitens der Hansestadt bereits mit Barcelona geschlossen.