Hamburg . CO2-Ausstoß soll halbiert, der Radverkehr verdoppelt werden. Vorerst kein neues Kraftwerk in Wedel. BUND zeigte sich wenig begeistert.

Die städtischen Einrichtungen Hamburgs sollen bis 2030 CO2-neutral arbeiten, sie sollen also nicht mehr des klimaschädlichen Kohlendioxids ausstoßen, als etwa durch Gegenmaßnahmen eingespart wird. Insgesamt soll der Hamburger CO2-Ausstoß bis 2020 um zwei Millionen Tonnen gesenkt und bis 2030 im Vergleich zu 1990 halbiert werden. Das sind die Ziele des am Dienstag vom Senat beschlossenen Klimaplans.

Als Instrumente zur Reduktion des für die weltweite Klimaerwärmung verantwortlichen Kohlendioxids nennt der von Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) im Rathaus präsentierte Plan: die Verdopplung des Anteils der Elek­tro-Pkw im Behördenfuhrpark bis 2020 auf 50 Prozent; die Aufstellung von Sanierungsfahrplänen für öffent­liche Gebäude bis Ende 2017 und Investition von zusätzlichen 24,4 Millionen Euro in die energetische Sanierung von Schulen; die Verdoppelung des Anteils des Radverkehrs auf 25 Prozent; den Ausbau von U- und S-Bahnen-Linien und den Einsatz emissionsarmer Busse. Außerdem soll durch Bildungsarbeit an Schulen und für Jugendliche die junge Generation für aktiven Klimaschutz gewonnen werden.

Ein „wichtiger Baustein für den Klimaschutz sei auch das Projekt „Norddeutsche Energiewende 4.0“, so Umweltsenator Kerstan. Unter diesem Motto solle jetzt eine Allianz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik bis 2025 eine Versorgung der Region zu 70 Prozent mit Strom aus erneuer­baren Quellen erreichen. In der vergangenen Woche habe der Bund entschieden, das Gemeinschaftsprojekt mit Schleswig-Holstein zu fördern.

Wie berichtet, plant der Senat auch zahlreiche Maßnahmen, mit denen sich Hamburg auf die nicht mehr zu verhindernden Veränderungen durch den Klimawandel einstellen soll. Dazu gehören mehr Starkregen, wärmere Sommer und Herbste und feuchtere Winter. Deswegen will der Senat den Hochwasserschutz verstärken, die Anlage und den Ausbau von Gründächern fördern und für die Anpflanzung von Bäumen und anderen Pflanzen sorgen, die auch unter den neuen Bedingungen gut zurechtkommen. Außerdem soll es in Hamburg mehr Forschung zum Thema Klimafolgenanpassung geben. Mit dem Projekt RegenInfraStrukturAnpassung (RISA) sollen Maßnahmen entwickelt werden, mit deren Hilfe die Aufnahmefähigkeit der Siele nach Starkregen verbessert wird, um Überschwemmungen in der Stadt zu vermeiden.

„Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung wohnt in Städten, von dort gelangt ein Großteil der klimaschädlichen Gase in die Atmosphäre“, sagte Kerstan. „Deshalb haben die Städte eine besondere Verantwortung beim Klimaschutz. Ihnen kommt eine Schlüsselrolle zu – unabhängig davon, was für ein Abkommen in Paris erreicht wird. Wir in Hamburg wollen unseren Beitrag leisten, damit das Zwei-Grad-Ziel noch erreicht werden kann.“ Zugleich betonte Kerstan, dass es nicht darum gehe, klimaschädliche Industrien aus Hamburg zu vertreiben, die dann andernorts, zum Beispiel in China, das Klima deutlich stärker belasteten. Es sei sinnvoller, Unternehmen hier für das Thema weiter zu sensibilisieren.

Dass das Aufstellen einer eigenen Klimabilanz für eine Stadt wie Hamburg seine rechtlichen bzw. statistischen Tücken hat, zeigt die gewöhnungsbedürftige Zurechnung der Kraftwerke. So wird etwa das Kohlekraftwerk Moorburg nicht direkt zur Hamburger Klimabilanz gerechnet.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zeigte sich wenig begeistert vom neuen Klimaplan. Dieser greife zwar gute Ansätze auf, stelle aber „gerade vor dem Hintergrund der derzeit laufenden Welt­klimakonferenz in Paris keinen großen Wurf dar“, sagte BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch. Gut seien der geplante Energieverbund mit Schleswig-Holstein und „die Vorreiterrolle bei der energetischen Sanierung der öffentlichen Gebäude“, so Braasch. „Ansonsten bleibt der Klimaplan aber hinter den Erwartungen zurück. Das bislang geltende 40-Prozent-CO2-Einsparziel bis 2020 wird um zehn Jahre nach hinten geschoben und ein neues 50-Prozent-Ziel ausgerufen.“ Als vertan sehe der BUND die Chance, im Wohnungsbestand eine ambitionierte Sanierungsrate durchzusetzen. „Eine wirkliche Gestaltungsoffensive für mehr Klimaschutz sieht anders aus. Mit ein paar Hundert Elektroautos mehr, freiwilligen Maßnahmen mit der Wirtschaft und verstärkter Aufklärungsarbeit ist der Klimawandel nicht aufzuhalten“, so Braasch.

Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz dagegen lobte den Klimaplan, mit dem der Senat „offensichtlich den Weg partnerschaftlichen Engagements mit der Wirtschaft weiter beschreiten will und nicht die Einführung neuer ordnungsrechtlicher Maßnahmen plant“.

Unterdessen haben Vattenfall und der Senat bei der Aufsichtsratssitzung der Wärmegesellschaft am Dienstagnachmittag die Entscheidung über den Bau eines neuen Kraftwerks in Wedel erwartungsgemäß vertagt (Abendblatt berichtete). Die Entscheidung zur Zukunft der Fernwärme und zur Nachfolge für das Kraftwerk in Wedel soll nun 2016 fallen. Da es bis zur geplanten Übernahme der Fernwärme durch die Stadt im Jahr 2019 damit noch keine Nachfolgelösung für das alte Kohlekraftwerk geben wird, soll dieses ertüchtigt werden und länger als bis 2017 laufen. Details will Vattenfall Anfang 2016 präsentieren. Zuletzt war von einer Verlängerung der Laufzeit bis mindestens 2021 die Rede.