Hamburg. Quote sinkt auf niedrigsten Stand des Jahres. Aber mehr als 3000 Behinderte profitieren nicht vom Aufschwung – und suchen einen Job.

Der Herbst ist auf dem Arbeitsmarkt meistens eine gute Zeit. Die Unternehmen stellen nach der Sommerpause wieder ein, und auch neue Auszubildende sorgen für einen Anstieg bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Von diesem saisonalen Trend profitierte im November auch der Hamburger Arbeitsmarkt. Die Zahl der Arbeitslosen ging deutlich zurück und erreichte den niedrigsten Stand im Jahresverlauf.

So waren im November in der Hansestadt 1,5 Prozent oder 1076 Personen weniger auf Jobsuche als im Oktober 2015. Die Arbeitsagentur regis­trierte 70.473 Arbeitslose. Damit sank die Arbeitslosenquote von 7,3 auf 7,1 Prozent. Gegenüber dem Vorjahresmonat gibt es allerdings keine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt. Die Zahl der Arbeitslosen blieb im Vergleich zu November 2014 fast unverändert. „Dennoch entwickelt sich der Hamburger Arbeitsmarkt sehr dynamisch“, sagt Sönke Fock, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit. Seit Beginn des Jahres hätten rund 64.400 Personen eine neue Arbeitsstelle gefunden. Allerdings haben sich in diesem Zeitraum auch 73.800 Hamburger arbeitslos gemeldet.

Dass sich der Arbeitsmarkt dennoch robust zeigt, ist an der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung abzulesen. Mit rund 929.500 Beschäftigten in diesem Bereich wurde ein neuer Rekordstand in der Hansestadt erreicht. „Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Zuwachs von 2,6 Prozent“, sagt Fock. Hamburg stehe damit auch besser da als im Bundesdurchschnitt.

Von dieser Entwicklung kann allerdings eine Gruppe gar nicht profitieren. „Das sind Menschen mit Behinderung. 3238 schwerbehinderte Hamburger sind bei uns arbeitslos gemeldet“, sagt Fock. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 1,2 Prozent mehr.

Jens Frick ist froh, einen Job in der Kantine der Arbeitsagentur zu haben, die von der Bergedorfer Betriebsstätten GmbH betrieben wird. Der gelernte Hotelfachmann war länger arbeitslos und hatte gesundheitliche Probleme. „Hier habe ich dann zunächst eine berufliche Rehabilitation gemacht und bin später in das Team übernommen wurden“, sagt Frick. Als Familienvater ist er froh, hier berechenbare Arbeitszeiten zu haben, was in der Gastronomie nicht selbstverständlich ist. „Wir beschäftigen 14 Mitarbeiter, sechs von ihnen sind behindert“, sagt Kantinenchef Holger Eickhoff. Rund 500 Essen werden hier täglich ausgegeben. „Im Rahmen ihrer Möglichkeiten geben die behinderten Mitarbeiter alles, wenn man individuell auf ihren Fähigkeiten aufbaut“, sagt Eickhoff. Am Anfang habe er sich die Zusammenarbeit mit Behinderten schwieriger vorgestellt als sie tatsächlich ist.

„Die Hamburger Unternehmen beschäftigen insgesamt zu wenige Menschen mit Behinderung in ihren Betrieben“, sagt Fock. Knapp 11.000 Arbeitsplätze in mehr als 4000 Firmen müssten in Hamburg eigentlich mit Behinderten besetzt sein, sind es aber nicht. Denn Unternehmen mit mindestens 20 Arbeitsplätzen müssen wenigstens fünf Prozent der Stellen mit schwerbehinderten Menschen beschäftigen oder eine Ausgleichsabgabe zahlen, die an das Integrationsamt entrichtet wird. Mit dem Geld werden Hilfen und Arbeitsplatzausstattungen für schwerbehinderte Menschen finanziert. Die Ausgleichszahlungen können bei einer Quote von weniger als zwei Prozent mehr als 3000 Euro pro Kopf und Jahr erreichen. Viele Firmen nehmen das in Kauf. „Insgesamt zahlen die Firmen im Jahr 25 Millionen Euro an Ausgleichsabgaben“, sagt Fock.

In der Arbeitsagentur selbst sind zehn Prozent der Mitarbeiter schwerbehindert. In Hamburg insgesamt liegt die Beschäftigungsquote bei 4,1 Prozent, wobei es deutliche Unterschiede zwischen privaten und öffentlichen Arbeitgebern gibt. Bei den öffentlichen Arbeitgebern beträgt die Beschäftigungsquote 6,8 Prozent, in der privaten Wirtschaft sind es nur 3,5 Prozent. Fünf Prozent ist die Vorgabe des Gesetzgebers. „Mit Blick auf den Fachkräftemangel müssen sich die Unternehmen von Vorurteilen befreien“, sagt Fock. „Behinderung bedeutet nicht immer gleich Rollstuhl, hohe Krankheitszeiten oder Unkündbarkeit, sondern motivierte Mitarbeiter.“ Gut die Hälfte der rund 3200 schwerbehinderten Arbeitslosen sind nämlich Fachkräfte.

Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist zum Herbstausklang auf ein Rekordtief gesunken. Insgesamt waren im November 2,633 Millionen Menschen ohne Job – das ist der niedrigste November-Wert seit der Wiedervereinigung. Im Oktober hatte die Zahl der Erwerbslosen noch um 16.000 höher gelegen, vor einem Jahr sogar um 84.000. Die Arbeitslosenquote blieb unverändert bei 6,0 Prozent.