Hamburg. 1800 Gäste erweisen Helmut Schmidt beim Staatsakt am Montag die letzte Ehre. Am Sonntag wurde der Ablauf der Trauerfeier geprobt.
Wenn die Welt heute nach Hamburg blickt, um Helmut Schmidts zu gedenken, ist es für einen Hamburger eine ganz besondere Ehre, dabei zu sein. Und natürlich sei er deswegen unglaublich aufgeregt, sagt Jochen Wiegandt. Als Volkssänger sei man nur einmal im Leben Teil eines Staatsakts. „Deshalb möchte ich ganz mit dem Herzen dabei sein“, sagt Wiegandt. „Und mir vorstellen, nur für Helmut Schmidt zu singen.“
Am heutigen Montag wird nichts dem Zufall überlassen
Am Sonntag musste der Sänger noch einmal zur letzten Probe in den Michel. Dann hoffentlich gut schlafen und heute der große Auftritt beim Staatsakt zu Ehren des am 10. November verstorbenen Altkanzlers: Um kurz vor 11 Uhr, am Ende des kirchlichen Teils, wird Jochen Wiegandt nur mit seiner Gitarre vor die 1800 geladenen Gäste treten und ein Lied spielen, das sich Helmut Schmidt in seinem Testament ausdrücklich gewünscht hat: „Mien Jehann“.
Die Menschen trauern um Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt
Dieses Lied aus der Feder des norddeutschen Dichters Klaus Groth (1819–1899) erzählt von der wehmütigen Rückschau eines alten Menschen auf die unbekümmerte Jugend. Groth hatte es für seinen toten Bruder Johann geschrieben – als alternder Dichter, der sich umblickt und niemanden mehr sieht, mit dem er seine Gedanken teilen könnte. „Ein schönes Stück“, sagt Wiegandt. In den letzten Tagen habe er kaum etwas anderes geprobt. Wie auch alle anderen Mitwirkenden des Staatsaktes nichts dem Zufall überlassen.
Zugangs- und Personenkontrollen rund um den Michel
Am Sonntagvormittag tauchten bei leichtem Schneefall die ersten Kamerateams am Michel auf, das Wachbataillon probte einzelne Teile der Trauerfeier. Die Polizei hatte schon zuvor Anwohner rund um die Kirche mit Aushängen in Hauseingängen über die geplanten Sperrungen informiert.
Demnach sind die Häuser während des Staatsakts, der um 9 Uhr mit dem Einlass beginnt, nur zu Fuß zu erreichen. Weil Zugangs- und Personenkontrollen erfolgen, rät die Polizei den Anwohnern, Personalausweise dabeizuhaben und auf Verlangen vorzuzeigen. Am Sonntag hatten viele Anwohner bereits ihre Wagen umgeparkt. Denn während des Staatsaktes gilt im Michel-Umfeld striktes Halteverbot.
Das muss man zum Staatsakt im Michel wissen
Nicht ohne Grund, denn selten hat Hamburg so eine Vielzahl an hohen Persönlichkeiten empfangen. Für den zweiten Staatstrauerakt der jüngeren Stadtgeschichte – bisher gab es erst einen 1995 für Ex-Finanzminister Karl Schiller (SPD) – wurden etwa 2200 Einladungen verschickt, unter anderem an sämtliche Staats- und Regierungschefs in Europa, alle Bundesminister, Staatssekretäre und die Ministerpräsidenten der Länder sowie die Senatoren und die Bürgerschaft der Stadt.
Die Gäste beim Staatsakt für Helmut Schmidt
Doch auch in Monis Snack-Shop an der Englischen Planke war der Staatsakt das Thema. Für Moni, die Imbissverkäuferin, hätten die Informationen für die Nachbarschaft ruhig früher kommen können. Ihre Kunden sehen es eher gelassen. „Na ja, es wird vielleicht einmal im Leben passieren, dass hier abgesperrt wird für unseren Hamburger Jung’“, sagt ein Nachbar. „Ich kann damit leben. Wann stirbt schon mal ein Hamburger Kanzler?“, sagt Günter Gollasch, der in der Nähe wohnt.
Sicherheitslage ist üblich für einen Staatsakt
Anwohner Nils Wenke meint: „Man arrangiert sich mit der Situation.“ Wenn Staatsgäste kämen, sollten die auch Platz haben. Er überlegt, seine Kinder am Montag statt in die Kita zu bringen, zu Hause zu lassen oder zur Großmutter zu geben. Die besonderen Sicherheitsmaßnahmen findet der Anwohner generell gut: „Paris wirkt schon nach.“ Dabei habe sich die Sicherheitslage in Hamburg nicht verändert. „Wir werden den Einsatz mit der für den Staatsakt üblichen Konzeption und der dafür üblichen Kräftelage durchführen“, sagte Polizeisprecher Timo Zill. Besonders am Michel werde die Polizei sehr präsent sein. „Wir stehen hierzu im ständigen Austausch mit dem Bundeskriminalamt, das für die Sicherheit unter anderen des Bundespräsidenten zuständig ist.“ Zumal neben aktuellen Repräsentanten wie dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, und dem Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg auch alte Weggefährten Schmidts wie der ehemalige italienische Präsident Giorgio Napolitano und der ehemalige französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing im Michel Platz nehmen werden. Sie alle erweisen Helmut Schmidt die letzte Ehre. Und hören eines seiner Wunschlieder: „Mien Jehann“.
Das Erste zeigt den Staatsakt in der Zeit von 10 bis 12.45 Uhr, Rolf Seelmann-Eggebert kommentiert. Im Internet überträgt unter anderem abendblatt.de live