Hamburg . Gegenwind für Parteichef Heintze, der die Kooperation mit Rot-Grün im Umgang mit Asylbewerbern auf Eis legen will.

In der Hamburger CDU ist ein offener Streit über die Flüchtlingspolitik entbrannt. Anlass ist die jüngste Empfehlung von Landeschef Roland Heintze an seine Parteifreunde, die Zusammenarbeit mit Rot-Grün bei der Bewältigung des Flüchtlingszustroms auf Landes- und Bezirksebene zunächst auf Eis zu legen – weil der Senat das Asylpaket nicht umsetze, nicht genügend abschiebe und die Bürger bei der Planung von Flüchtlingsunterkünften nicht ausreichend einbeziehe.

Die stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion und flüchtlingspolitische Sprecherin, Karin Prien, widersprach den Vorschlägen Heintzes am Montag vehement. „Der Senat macht viele handwerkliche Fehler, und es ist unsere Aufgabe, das immer wieder zu kritisieren“, sagte Prien dem Abendblatt. „In dieser Situation kann sich aber niemand wegducken. Fundamentalopposition ist nicht der richtige Weg.“ Heintze habe „offenbar nur seine persönliche Meinung geäußert“. Jedenfalls sei sein Vorstoß weder mit der Bürgerschaftsfraktion, den Bezirksfraktionen oder dem Landesvorstand der CDU abgesprochen, sagte Prien. Die Bürgerschaftsfraktion stimme sich sehr eng mit den Bezirksfraktionen ab. Man könne auf diese Weise auch immer wieder erfolgreich Einfluss etwa bei der Auswahl von Standorten für Unterkünfte und bei der Stärkung der Bürgerbeteiligung nehmen.

Heintze hatte in der Montagausgabe des Abendblattes gesagt, der Bürgermeister müsse das Thema Flüchtlinge „zur Chefsache machen und alle, die helfen wollen, mit ins Boot holen“. Die Forderungen hierfür seien klar und, wie andere Bundesländer zeigten, auch umsetzbar. „Bis er hier nicht handelt, gibt es meines Erachtens keinen Grund dafür, falsches und rücksichtsloses Regierungshandeln zu unterstützen“, so der Hamburger CDU-Chef weiter. „Wir sollten ernsthaft prüfen, die Kooperation mit Rot-Grün so lange zu beenden, bis sich etwas ändert.“

Dem widersprach am Montag auch der Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion, André Trepoll. „Wir wollen auch weiterhin konstruktiv auftreten, das ist unsere Linie“, sagte Trepoll dem Abendblatt. Er sehe keine Alternative dazu, sich auch weiterhin einzubringen und dabei auch den Senat für seine Fehler zu kritisieren. „Auch in der Opposition hat man Verantwortung“, so Trepoll weiter. Eine Art Fundamentalopposition würde dem völlig entgegenlaufen. Er verstehe Heintzes Vorstoß als einen Vorschlag, der noch einmal klarmachen solle, dass der Bürgermeister und der Senat die Hand auch endlich ergreifen müssten, die die Opposition ihnen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise reiche.

So hilft Hamburg den Flüchtlingen

Hamburgs größte
Kleiderkammer
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A3 ist die bisher
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jeder Art
Hamburgs größte Kleiderkammer in der Messehalle A3 ist die bisher beste Anlaufstelle für Spenden jeder Art © Alexander Koerner
Der erste Sortierschritt: aus den Spendenkartons in die Kunststoffbehälter. Was
alles hier ankommt – Kleidung für Männer, Frauen, Kinder, Bettwäsche und Decken
Der erste Sortierschritt: aus den Spendenkartons in die Kunststoffbehälter. Was alles hier ankommt – Kleidung für Männer, Frauen, Kinder, Bettwäsche und Decken © Getty Images
Kistenweise Kleiderspenden: Der Inhalt von Tausenden Umzugskartons wird
gesichtet und sortiert, schmutzige und defekte Sachen werden ausgemustert
Kistenweise Kleiderspenden: Der Inhalt von Tausenden Umzugskartons wird gesichtet und sortiert, schmutzige und defekte Sachen werden ausgemustert © Getty Images
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allem Winterschuhe (Größe 41 bis 45)
Jede Spende hilft. Benötigt werden vor allem Winterschuhe (Größe 41 bis 45) © Getty Images
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Zentrale Anlaufstelle: besonders eindrucksvoll aus der Vogelperspektive © Getty Images
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Unverkennbar: Hier geht’s um alles, was für Kinder interessant ist © Getty Images
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Starthilfe in eine neue Zukunft: ausrangierte Kinderräder © Getty Images
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Gut sortiert: Ob Kleidung oder Schuhe – wichtig sind Größe und Tauglichkeit je nach Jahreszeit © Getty Images
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Das sieht man auch in den CDU-Bezirksfraktionen ähnlich. Er verstehe Heintzes Vorstoß nicht als Aufforderung, sich als Fundamentalopposition zu verhalten, sagte etwa der Fraktionschef der CDU in der Bezirksversammlung Hamburg-Nord, Andreas Schott. Der Senat gehe nicht auf die Opposition zu und plane Großunterkünfte ohne Absprachen. Dabei seien Großunterkünfte das Gegenteil von Integration. Insofern sei Heintzes Kritik an Rot-Grün berechtigt. „Außerdem frage ich mich, welche Zusammenarbeit wir beenden sollten“, so Schott. „Schließlich gibt es gar keine Zusammenarbeit vonseiten des Senates.“

Deutlicher Widerspruch zum Heintze-Vorstoß kam von Uwe Szczesny, dem Fraktionschef der CDU in der Bezirksversammlung Altona. „Die CDU kann sich nicht völlig verweigern“, sagte Szczesny dem Abendblatt. „Das wäre völlig an der Realität vorbei, sich als Opposition zurückzulehnen und einfach nur noch zuzuschauen.“ Es sei die Aufgabe der CDU, Alternativen aufzubauen und gemeinsam mit den Bürgern und der Verwaltung Lösungen für die aktuellen Probleme zu suchen und Verbesserungen zu erarbeiten. „Die Bürger würden es nicht verstehen, wenn es hier jetzt große Auseinandersetzungen zwischen den Parteien geben würde“, so der Altonaer Fraktionschef weiter.

Heintze selbst verteidigte seinen Vorstoß am Montag auch gegen die Kritik aus den eigenen Reihen. „Die Reaktion zeigt, wie wichtig es ist, dem Senat immer wieder vor Augen zu führen, was das Handlungsspektrum der Opposition ist“, sagte Heintze dem Abendblatt. „Dazu gehört es auch, pointierte Positionen einzunehmen. Ich finde es gut, dass wir uns einig sind, dass die Zusammenarbeit mit Rot-Grün indiskutabel ist“, so der CDU-Landesvorsitzende. „Ansonsten muss es bei einem so wichtigen Thema erlaubt sein, auch querzudenken. Angesichts des Verhaltens von Rot-Grün in den vergangenen Monaten ist mir die Hutschnur geplatzt.“ Am 24. November seien die Parteimitglieder zu einem Hearing zum Thema Flüchtlinge geladen.

Bereits am kommenden Donnerstag treffen sich Vertreter der CDU-Bürgerschafts- und der Bezirksfraktionen, um über die aktuelle Lage in der Flüchtlingskrise zu beraten.