Peking. Der Politiker wird in Peking nicht nur als Hamburgs Bürgermeister empfangen, sondern als wichtiger Bundespolitiker.

Ein paar Hundert Kilometer vor Peking ist die Welt noch in Ordnung. Zumindest aus der Luft betrachtet. Der Himmel leuchtet in einem strahlenden Blau, und wer aus gut zehn Kilometern Höhe aus dem Flugzeugfenster schaut, kann sich an den schneebedeckten Bergen, die wie modellierte Eisblöcke wirken, nicht satt sehen.

Die Landung in Chinas Hauptstadt wirkt dann wie eine kalte Dusche. Grauer Dunst liegt über Peking und scheint aus allen Häusern die Farbe zu saugen. Selbst die hauswandgroße und sich ständig verändernde Displaywerbung verliert an Kraft. Als Fotograf steht man auf verlorenem Posten.

Bürgermeister Olaf Scholz, der am Montag in Peking einen einwöchigen Chinabesuch startete, nimmt es gelassen. Der deutsche Botschafter, Michael Clauss, habe ihm eine Smartphone-App gezeigt, erzählt der Senatschef. „Damit erkennt man, wo Smog herrscht.“ In Hamburg würde so eine App gar nichts anzeigen, fügt der Bürgermeister lächelnd hinzu und wird durch aktuelle Zahlen bestätigt. Der Wert auf dem Air Quality Index (AQI) liegt in Peking an diesem Montag bei rund 200. Hamburg kommt gerade mal auf 20 AQI.

Scholz absolviert seine Chinareise in unruhigen Zeiten. Die Probleme der Stadt bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise, die ins Haus stehende Abstimmung über die Olympiabewerbung und nicht zuletzt die Diskussionen in der Großen Koalition in Berlin sorgen dafür, dass er in der Heimat eigentlich genügend zu tun hat.

Aber dem Bürgermeister ist die Reise, die ihn in der zweiten Wochenhälfte nach Shanghai führt und auf der er von rund 40 Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft begleitet wird, wichtig. Es gebe zwischen Hamburg und China zwar seit langer Zeit gute Beziehungen. „Aber man muss immer etwas dafür tun, dass es so bleibt.“

Zumal Hamburg für China der wichtigste Hafen in Europa bleiben soll. Rund 30 Prozent aller in der Hansestadt verschifften Container kommen aus China oder machen sich dorthin auf die Reise. Als Scholz bei einem Gespräch mit chinesischen Journalisten gefragt wird, wie er den unlängst bekannt gewordenen Rückgang beim Export und dem Wirtschaftswachstum Chinas bewerte, zeigte der Senatschef sich wenig beunruhigt. „Das Auf und Ab des Handels ist in einer Handelsstadt wie Hamburg etwas Alltägliches.“ Es habe ihn zudem nicht überrascht, dass China sein dynamisches Wachstum der vergangenen Jahre – die Raten waren regelmäßig zweistellig – nicht auf Dauer werde halten können. Selbst die zuletzt bekannt gewordenen 6,5 Prozent seien noch ein guter Wert. Die Herausforderung, vor der China jetzt stehe, bestehe darin, wie dieser Wandel zu einem normalen Wachstum gelinge.

Auch wenn Scholz hier in China als Hamburger Bürgermeister auftritt, so spielt bei seinen Gastgebern sein Amt als stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD und die Möglichkeit, dass er möglicherweise eines Tages Bundeskanzler werden könnte, eine nicht unerhebliche Rolle. In dieser Funktion werden seine Auftritte im Land der Mitte mit besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen. So nahmen gut 20 Journalisten an dem Pressegespräch in der deutschen Botschaft teil.

Eine junge Frau fragte den Senatschef, was Hamburg sich von dem für heute geplanten Gespräch mit Vertretern des Nationalen Sportamts und des Chinesischen Olympischen Komitees erwarte. Wesentlicher Bestandteil von Hamburgs Bewerbung für die Olympischen Sommerspiele 2024 sei eine gute Vorbereitung, meinte Scholz. Peking sei im Jahr 2008 Ort der Sommerspiele gewesen. „Mich interessiert, wie dieses Sportereignis hier gemanagt wurde.“

Auf dem Wunschzettel der Gäste steht auch eine Direktverbindung zwischen einer chinesischen Metropole und Hamburgs Flughafen. Nach dem Gespräch von Scholz mit dem Vizeminister des Transportministeriums, Li Jiaxiang, zeigte Hamburgs Flughafengeschäftsführer Michael Eggenschwiler sich am Montagabend zuversichtlich. Der Vizeminister habe ein klares Bekenntnis zu Hamburg abgegeben, meinte Eggenschwiler. Allerdings müssten für eine Direktverbindung entsprechende Verträge zwischen Deutschland und China noch modifiziert werden. Einig sind sich alle Beteiligten darin, dass es genügend Geschäftsleute und Touristen geben dürfte, die so eine Verbindung nutzen würden. Doch die Bemühungen ziehen sich schon seit Jahren hin. „Es ist ein dickes Brett“, sagte Scholz. „Aber wenn man nicht anfängt zu bohren, kommt man nicht durch.“