Hamburg. Hamburger Reedereistartet mit minimalem Kursplus an Frankfurter Börse. Vorstandschef Rolf Habben Jansen hofft nun auf die Zukunft

Die Freude bei der Reedereiführung war groß: Um punkt 9.00 Uhr zum Handelsbeginn läutete Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen gemeinsam mit Finanzvorstand Nicolás Burr die Glocke im Frankfurter Börsensaal. Zusätzlich schwenkte er die 200 Pfund schwere Schiffsglocke aus Bronze des alten Stückgutfrachters „Hammonia“, die Hapag-Lloyd zu dem besonderen Anlass extra nach Frankfurt hatte schaffen lassen. Für das Unternehmen begann eine neue Ära.

Hapag-Lloyd ist an der Börse. Mit leichtem Grinsen registrierte Habben Jansen, dass die erste Kursnotierung fünf Cent über dem Ausgabepreis von 20 Euro lag. Zuvor hatte sich der Start auf dem Parkett wegen der schwierigen Branchensituation und der geringen Nachfrage nach dem Papier des Börsenaspiranten als sehr mühsam erwiesen. Erst hatten die Banken dazu geraten, das geplante Volumen der Kapitalaufstockung von 500 auf 300 Millionen Dollar zu senken. Dann gab die Großreederei Maersk eine Gewinnwarnung heraus und kündigte an, 4000 Arbeitsplätze in der Schifffahrt zu streichen. Die Zeichnungsfrist für die Aktie musste um eine Woche verlängert und der Ausgabepreis herabgesetzt werden. Die stolzen Schifffahrtskaufleute vom Ballindamm sahen sich plötzlich dem Spott ausgesetzt, dass ihr weltumspannendes Unternehmen weniger wert sein soll als ein Lebensmittel-Lieferservice namens HelloFresh.

Rolf Habben Jansen: „Ich denke es war ein unglücklicher Zufall“

Laut Ausgabepreis ist die Traditionsreederei, die eine Flotte von 188 Schiffen steuert und einen Jahresumsatz von knapp zehn Milliarden Euro erwirtschaftet, nur 2,4 Milliarden Euro wert. 13 Prozent davon werden nun an der Börse gehandelt. Weitere fünf Prozent entfallen auf kleine Investoren wie die Bank M.M. Warburg und die Versicherung Signal Iduna, die bereits bisher engagiert waren und ihre Anteile zunächst nicht verkaufen wollen.

Als einziger Altaktionär hat derweil der Reisekonzern TUI bei dem historischen Börsengang Anteile für 40 Millionen Euro weitergereicht. Die Großaktionäre Klaus-Michael Kühne sowie die chilenische Reederei CSAV haben hingegen sogar rund ein Fünftel der neuen Papiere zugekauft.

Das Abendblatt sprach mit Reederei-Chef Habben Jansen am Freitagvormittag über den Börsenstart der Hamburger Reederei.

Hamburger Abendblatt: Nach erheblichen Startschwierigkeiten ist ihr Unternehmen jetzt an der Börse. Herzlichen Glückwunsch! Wie erleichtert sind Sie?

Rolf Habben Jansen: Danke. Wir haben in den vergangenen Monaten hart gearbeitet, und jetzt sind wir glücklich, dass wir da sind. Nun geht es darum, dass sich das Geschäft und damit auch der Börsenkurs in den kommenden ein bis zwei Jahren gut entwickeln.

Sind Sie sauer auf Ihre Ex-Kollegen bei Maersk, die kurz vor Börsenstart eine Gewinnwarnung herausgegeben haben?

Nein, überhaupt nicht. Ich denke es war ein unglücklicher Zufall. Maersk ist auch ein börsennotiertes Unternehmen und muss deshalb transparent über sein Geschäft berichten. Ich bedauere, dass sie ein weniger gutes Ergebnis haben, mehr nicht.

Gibt der Ausgabepreis für die Hapag-Lloyd-Aktie aus Ihrer Sicht den wahren Unternehmenswert wieder?

Darüber können wir eigentlich erst in ein bis zwei Jahren vernünftig sprechen. Wir glauben fest daran, dass das Unternehmen einen Tick mehr wert ist. Das wird der Börsenkurs mittelfristig hoffentlich auch zeigen.

Gleichwohl sind Sie der Chef eines Unternehmens, das offiziell weit weniger wert ist, als wir alle noch vor ein paar Wochen dachten. Frustriert Sie das?

Ja und nein. Einerseits sind wir – wie gesagt – sicher, dass das Unternehmen mehr wert ist. Andererseits war es uns aber wichtig, diesen Schritt jetzt zu tun. Deshalb sind wir froh, dass es geschafft ist. Man sollte auch nicht auf den ersten, zweiten oder zehnten Handelstag schauen, sondern auf die langfristige Geschäftsentwicklung.

Um ein paar Cent ist der Kurs gestiegen.

Das ist schön, für mich aber nicht so wichtig. Ich schaue da wirklich deutlich weiter nach vorne. Für uns war es wichtig, das Kapital einzusammeln, um in die Zukunft zu investieren. Das macht das Unternehmen stärker. Und wenn wir liefern, was wir planen, wird sich der Kurs gut entwickeln.

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Der aktuelle Aktienkurs von rund 20 Euro dürfte auch den Ankeraktionären kaum schmecken. Stehen Sie jetzt nicht unter besonderem Druck, dafür zu sorgen, dass Ihr Unternehmen in der Anlegergunst wieder zulegt?

Ich denke nicht, dass der Druck jetzt anders ist als vorher. Unser Team arbeitet sowieso schon hart daran, um das Unternehmen jeden Tag ein Stück zu verbessern. Daran wird sich nach dem Börsengang nichts ändern.

Dennoch muss die Frage erlaubt sein, warum es so wichtig für Sie war, jetzt mit dieser Hauruck-Aktion an die Börse zu gehen. Wäre es nicht doch besser gewesen, auf günstigere Zeiten in der Schifffahrtsbranche zu warten?

Die Frage kann man sich immer stellen. Und den perfekten Moment erwischt man nie. Für uns war es aus drei Gründen richtig: Wir haben eine gute Lage im Unternehmen. Wir brauchen das Geld, um investieren zu können, damit wir mittelfristig wettbewerbsfähig bleiben. Und wir haben drittens die Unterstützung unserer Gesellschafter. Wenn man diese drei Argumente zusammen nimmt, dann wird verständlich, warum wir den Schritt jetzt gegangen sind.

Sie haben 265 Millionen Euro erlöst. Diese Summe hätte man doch auch ohne Probleme als Kredit aufnehmen können.

Nur theoretisch. In unserem Geschäft ist es nämlich wichtig, dass man eine starke Bilanz vorweist. Wenn man in Schiffe oder Container investieren will, dann braucht man dafür auch Eigenkapital. Ein Kredit würde uns da nicht sehr viel helfen.

Ursprünglich wollten sie beim Börsengang 450 Millionen Euro einnehmen. Können Sie denn mit der deutlich geringeren Summe alle Vorhaben finanzieren, die Sie planen?

Als wir den Börsengang planten, hatten wir immer eine Spanne zwischen 300 und 500 Millionen Dollar im Blick. Das sind umgerechnet jene 265 bis 450 Millionen Euro. Schließlich sind wir am unteren Ende dieser genannten Bandbreite gelandet. Aber damit können wir noch immer leben. Wir können da investieren, wo wir müssen. Deshalb sind wir recht zufrieden.

Sie haben auch vor, ins Segment der 19.000-TEU-Frachter vorzustoßen und sechs dieser Schiffe zu bestellen. Wann wird dazu die Entscheidung fallen?

Wir müssen uns in den kommenden Monaten erst einmal die Karten legen, in was wir genau investieren sollen. Ich denke dass wir realistischerweise eine Entscheidung im ersten Quartal 2016 fällen werden.