Hamburg. Beim Runden Tisch in der Haspa-Zentrale in der Hamburger Innenstadt ging es um Milliarden, Finanzkonzepte und James Bond.
11,2 Milliarden Euro sollen sie kosten, die Olympischen Spiele 2024, um die sich Hamburg bewirbt. 1,2 Milliarden davon sollen die Hamburger Steuerzahler tragen, 6,2 Milliarden der Bund. Aber: Kann man heute wirklich schon sagen, ob diese Summen reichen? Und geht das wirklich alles ohne neue Schulden und ohne Kürzungen in anderen Bereichen, wie es der Senat verspricht?
Über diese und andere Finanzfragen diskutierte Moderator und Abendblatt-Redakteur Andreas Dey am Mittwochabend mit acht Gästen beim letzten Runden Tisch der Initiative „Feuer und Flamme“ in der Haspa-Zentrale am Großen Burstah. Gastgeber und Haspa-Chef Harald Vogelsang verglich zur Begrüßung, das Finanzkonzept des Senates mit einem James-Bond-Film. Für ihn jedenfalls sei Olympia genau so spannend. Anders als in dem Kinofilm gebe es bei den Spielen Tausende Hauptdarsteller. Das vom Senat vorgelegte Finanzkonzept sei sehr gründlich erarbeitet. Aus seiner Sicht hätte man bei den Einnahmen sogar noch einiges drauflegen können, so Vogelsang, da habe der Senat noch defensiver kalkuliert als bei den Ausgaben.
Das Prinzip des vorsichtigen Kaufmanns
Staatsrat Christoph Krupp (SPD), unter dessen Federführung das Finanzkonzept erarbeitet wurde, betonte noch einmal, dass man bewusst so vorsichtig gerechnet habe, damit es keine Überraschungen gebe. So habe man bei allen Positionen eine „Kostenvarianz“ aufgeschlagen und die Kosten zu den erwarteten Preise von 2024 berechnet, bzw. zu den Preisen der Baujahre der Anlagen. Was die Einnahmen angehe, habe der Senat sich „vom Prinzip des vorsichtigen Kaufmanns leiten lassen“. Daher habe man zusätzliche Steuereinnahmen oder Einnahmen aus einer Olympia-Lotterie nicht einbezogen.
Olympiagegner befüchten Einsparungen
Sabine Lafrentz von der Initiative „STOP Olympia“ sagte, sie befürchte, dass Hamburg die nötigen Gelder sehr wohl durch Einsparungen an anderer Stelle hereinholen werden. Der Bund habe überdies schon gesagt, dass er die von ihm geforderte Summe von 6,2 Milliarden Euro für „absurd“ halte. Krupp wies die Vermutung zurück, man werde in anderen Bereichen kürzen. Es gebe bereits ein flächendeckendes Ganztagsschulssystem, einen Automatismus für mehr Lehrer bei wachsenden Schülerzahlen und kostenfreie Kitas – dieser sehr hohe Standard führe dazu, dass man Olympia nicht über Einsparungen finanzieren müsse. Lorenz Palte vom Steuerzahlerbund zeigte sich zwar ebenfalls optimistisch, dass Hamburg die geplanten 1,2 Milliarden Euro über sechs Jahre á 200 Millionen Euro aufbringen könne. Falsch sei es aber zu sagen, dass dafür nirgends gestrichen werde. Denn mindestens bei der Schuldentilgung werde das Geld fehlen. Henning Vöpel, Chef des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) betonte, dass die Investitionen stark vom Bund subventioniert würden. Zudem müsse man viel stärker auch auf die Erträge sehen, da seien auch langfristig sehr positive Effekte für die Stadt zu erwarten. Im Moment sei es aber vor allem wichtig, die Fragen zu beantworten: „Was wollen wir mit Olympia anfangen? Was ist die Vision dieser Stadt?“
Welche Kosten übernimmt der Bund?
Kathrin Adlkofer, einstige Segel-Olympionikin, Hamburger Unternehmerin und Mitglied in der Finanzkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) sagte, sie sei nicht aus Prinzip für Spiele in Hamburg – sondern nur, weil das Hamburger Konzept so gut sei. Sie sei außerdem sicher, dass der Bund die berechneten Kosten am Ende doch übernehmen werde. „Es ist eine Deutschlandinitiative, und wir würden auch keine Chance haben, wenn es keine Deutschlandinitiative wäre“, so Adlkofer. Dem schloss sich auch Ulrich Brehmer von der Handelskammer an: „Es gibt ein gemeinsames Interesse. Der Bund wird sich nicht die Blöße geben, das scheitern zu lassen.“ Jürgen Häpp, Projektleiter für den Masterplan am Kleinen Grasbrook, lobte das „Entwicklungskonzept des Drittelmixes“, mit dem Hamburg „einen sehr nachhaltigen Weg“ gehe. Die Olympic City solle später nicht nur ein Wohnort für die Topverdiener, werden sondern auch für Hamburger mit mittlerem oder geringerem Einkommen. Das sei der richtige Ansatz
Staatsrat Krupp: "Es gibt ein Restrisiko"
Am Ende profitiere nicht nur die Wirtschaft, sondern die ganze Stadt, sagte Kathrin Adlkofer vom DOSB. Es brauche aber unbedingt ein Gesamtkonzept, alle Bereiche müssten Hand in Hand gehen, bis hin zur Wissenschaft oder der Gesundheitsbranche. Die Menschen müssten sich mehr bewegen. Da sei es für die ganze Gesellschaft nützlich, sich mit sportlichen Idolen zu messen. Insgesamt gehe für Hamburg bei Olympia vor allem um eines – „coole Dinge machen, die der Stadt gut tun“.
Am Ende führte Moderator Dey noch einmal zurück „von den großen Emotionen zum schnöden Mammon“ – und fragte Staatsrat Krupp, wie sicher man denn nun sein könne, dass Hamburgs Olympiakosten die 1,2 Milliarden Euro nicht doch überstiegen. Die Antwort war erstaunlich offen. „Die Kernfrage ist, ob wir uns zutrauen, die Kosten im Griff zu behalten. Es ist völlig klar, es gibt ein Restrisiko“, so Krupp. „Man kann jetzt vor dem Risiko Angst haben, oder man kann einfach sagen: Wir sehen dieses Risiko, aber wir steuern gegen, indem wir solide rechnen. Am besten können wir uns schützen, indem wir sehr solide planen.“