Hamburg . Das Referendum startet: 1,3 Millionen Wahlberechtigte erhalten nun per Post ihre Unterlagen. Die Entscheidung fällt Ende November.
Für Landeswahlleiter Willi Beiß ist das Olympiareferendum Abschied und Premiere zugleich. Beiß ist eigentlich seit dem 31. August im Ruhestand, doch die Abstimmung der Hamburger über die Bewerbung der Stadt für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 ist gewissermaßen seine letzte Amtshandlung.
Und Premiere ist das Referendum für alle: Erstmals können die rund 1,3 Millionen Wahlberechtigten über eine Entscheidung von Senat und Bürgerschaft direkt abstimmen – und das Volk hat das letzte Wort. Dabei gelten dieselben Bestimmungen wie bei einem Volksentscheid – also einer Vorlage aus dem Volk, wie etwa der Abstimmung gegen die sechsjährige Primarschule 2010. Damit der Vorschlag von Senat und Bürgerschaft erfolgreich ist und die Bewerbung der Stadt um die Spiele weiterläuft, müssen selbstverständlich mehr Ja- als Neinstimmen abgegeben werden und mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten mit Ja stimmen.
Dieses sogenannte Quorum, die erforderliche Stimmenhürde, errechnet sich aus der Zahl der Wahlberechtigten bei der Bürgerschaftswahl am 15. Februar dieses Jahres: Damals waren 1.299.411 Männer und Frauen zur Wahl aufgerufen. Ein Fünftel davon, also das Quorum für das Olympiareferendum, sind exakt 259.883 Stimmen.
„Wenn dieses Quorum nicht erreicht wird, dann wird die Hamburger Olympiabewerbung zurückgezogen“, sagt Landeswahlleiter Beiß. Da die Bewerbungsfrist für die Spiele 2024 bereits abgelaufen ist, wird es auch keine andere deutsche Stadt mehr geben, die noch ins Rennen gehen könnte. Vom Votum der Hamburger Wähler hängt also viel ab.
Vom kommenden Montag an bis zum 6. November werden die 1,3 Millionen DIN-A4-Briefumschläge mit den Abstimmungsunterlagen verschickt. Für die Papiermenge werden 360 Paletten oder 13 40-Tonnen-Lkws benötigt. „Es handelt sich um einen weißen Umschlag, der im Briefkasten nicht zu übersehen ist“, sagt Beiß. In dieser Postsendung ist alles enthalten, was für die Abstimmung über Olympia wichtig ist. Die Unterlagen bekommen alle zur Bürgerschaftswahl Wahlberechtigten, die am Tag der Abstimmung – dem 29. November – das 16. Lebensjahr vollendet haben und mindestens drei Monate in Hamburg mit ihrer Hauptwohnung angemeldet sind.
Das Info-Heft enthält die Argumentevon Befürwortern und Gegnern
„Dies wird vorrangig eine Briefabstimmung sein“, sagt der Landeswahlleiter. Schon bei früheren Volksentscheiden, die nicht mit einer Bürgerschaftswahl zusammenfielen, lag die Briefwahlquote bei mehr als 80 Prozent. Mit den in den nächsten Tagen verschickten Unterlagen kann die Briefwahl sofort vorgenommen werden. Ein gesonderter Antrag ist, anders als bei Bürgerschaftswahlen, nicht erforderlich. „Wer per Briefwahl abstimmen will, sollte seine Unterlagen spätestens am Mittwoch, 25. November abschicken“, so Beiß. Am 29. November, dem 1. Advent, werden 200 Abstimmungslokale von 8 bis 18 Uhr geöffnet sein. Die Adressenliste ist den Wahlunterlagen beigefügt. Anders als bei Wahlen sonst üblich, kann die Stimme in jedem Abstimmungslokal abgegeben werden.
Befürworter und Gegner Olympischer Spiele werben in einem ausführlichen Info-Heft um die Stimmen der Wähler. Der Platz in der 24-Seiten-Broschüre ist streng nach Proporz aufgeteilt: je acht Seiten für den Senat, die Bürgerschaft und die Gegner Olympischer Spiele. Der rot-grüne Senat trägt die Bewerbung für 2024, und entsprechend sind auch die Fraktionen von SPD und Grünen für das Weltereignis des Sports. CDU und FDP sagen ebenso Ja zu Olympia, während die Linke und die AfD dagegen sind. Auch die acht Seiten des Info-Hefts, die der Bürgerschaft zustehen, sind nach Proporz aufgeteilt – je mehr Abgeordnete, desto mehr Platz gibt es.
Weil die Mehrheit für Olympia in der Bürgerschaft so groß ist, war es den Parlamentariern wichtig, dass auch die Olympiagegner zu Wort kommen. Die Aufnahme einer Gegenposition ins Info-Heft sieht die Hamburgische Verfassung ausdrücklich vor. So kann die Volksinitiative „STOP Olympia Hamburg“ ihre Argumente ebenfalls auf acht Seiten erläutern.
„Diese wichtige Entscheidung sollte auf möglichst vielen Schultern ruhen. Deshalb bitte ich alle: Beteiligen Sie sich am Olympiareferendum!“, sagt Landeswahlleiter Beiß. Am Volksentscheid über die Schulreform nahmen 39,3 Prozent der Wahlberechtigten teil. „Ich hoffe, dass es diesmal mindestens 50 Prozent sind“, sagt Beiß.
Wer seine Unterlagen versehentlich weggeworfen oder verloren hat, kann bei der zuständigen bezirklichen Abstimmungsstelle Ersatz beantragen. Auskunft erteilt der telefonische Auskunftsservice unter der Nummer 115.
Das Thema Olympia ist der Auftakt für weitere Referenden. Laut Verfassung können Senat und Bürgerschaft „einen Gesetzentwurf oder eine andere Vorlage von grundsätzlicher und gesamtstädtischer Bedeutung“ per Referendum zur Abstimmung stellen.