Hamburg . Im September waren es 670 Menschen über dem Soll, andere Bundesländer nehmen viel weniger auf. CDU kritisiert schleppende Bearbeitung.

Die Aufnahme von Flüchtlingen wird für die Stadt zur Langzeitaufgabe. Bis Ende September wurden in diesem Jahr bereits 35.000 Flüchtlinge in Hamburg vorübergehend untergebracht – der Senat rechnet damit, auch im Jahr 2016 noch einmal so viele Plätze schaffen zu müssen. Zusätzlich steht die Stadt vor Problemen bei der Registrierung und Verteilung von Flüchtlingen, wie eine Auswertung von mehreren Kleinen Anfragen der CDU-Fraktion an den Senat ergab. Das Abendblatt dokumentiert die wichtigsten Ergebnisse.

Nach dem Königsteiner Schlüssel muss Hamburg etwa 2,5 Prozent der Flüchtlinge in Deutschland aufnehmen. In diesem Jahr waren das nach Senatsangaben bislang rund 12.000. Einer geheimen Aufstellung aus dem Bundesinnenministerium zufolge hat Hamburg im September 670 Flüchtlinge mehr aufgenommen als es müsste. Andere Länder wie Niedersachsen (minus 8173) oder Nordrhein-Westfalen (minus 5449) lagen dagegen unter ihrem Soll. Eigentlich soll das Computersystem EASY sicherstellen, dass die Flüchtlinge fair unter den 16 Bundesländern verteilt werden.

Hamburg ist erstes Anlaufziel vieler Flüchtlinge

Als Metropole ist Hamburg ein beliebtes Ziel von Flüchtlingen. So ist auch zu erklären, dass mit rund 35.000 Flüchtlingen hier bislang dreimal so viele Menschen registriert wurden als letztlich dauerhaft blieben. Bis zur Regis­trierung kann es einige Tage dauern. Die Stadt sorgt in dieser Zeit für ein Dach über dem Kopf und für Essen. Anschließend werden die Flüchtlinge verteilt. Senatsangaben zufolge ist die Zahl der unregistrierten Flüchtlinge im September deutlich gestiegen, was auf eine längere Bearbeitungszeit hindeutet.

Nach der Zuweisung der Flüchtlinge folgt ein förmlicher Asylantrag, der nach Gesetz zu einer „Aufenthaltsgestattung“ führt. Nach Senatsangaben lagen Ende September aber nur rund 2900 mehr Asylanträge als im April vor – obwohl im selben Zeitraum nach Senatsangaben rund 10.000 Flüchtlinge Hamburg zugewiesen wurden.

Viele Flüchtlinge sind noch in der Warteschleife

Die Differenz lässt sich aus der Tatsache, dass die Flüchtlinge nach der Entscheidung über ihren Antrag in eine andere Aufenthaltsstufe rutschten, nicht vollständig erklären. Mehrere Tausend Flüchtlinge tauchen somit in der Antragsstatistik mutmaßlich nicht auf. „Hier liegt der Schluss nahe, dass ein großer Teil dieser 7000 Flüchtlinge noch keine Gelegenheit bekam, einen Antrag zu stellen“, sagte die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Karin Prien. In Einzelfällen beklagten Flüchtlinge, dass ihr Termin für die Antragsstellung erst am Jahresende liege.

Bearbeitungszeit der Anträge sinkt nur langsam

Die lange Bearbeitungszeit von Asylanträgen durch das Bundesamt für Migration (BAMF) steht in fast allen Bundesländern in der Kritik. Für Hamburg gab es hier eine leichte Besserung: Die Anträge wurden im September zuletzt mit 2,7 Monaten bearbeitet. Im Jahresdurchschnitt bleibt es bei 4,2 Monaten.

Nach Senatsangaben sind insgesamt in allen sieben Bezirksämtern umgerechnet nur 2,4 Vollzeitkräfte mit der Koordination von Freiwilligenhilfe und Ehrenamtlichen betraut. Der Wert blieb seit dem Frühjahr – also vor Beginn der aktuellen Flüchtlingskrise – nahezu unverändert.

Zu wenig Stellen für Freiwilligen-Koordination

Bei der städtischen Gesellschaft „Fördern & Wohnen“ dienen drei Mitarbeiter hauptamtlich als Ansprechpartner und Netzwerker für die private Flüchtlingshilfe. Mehrere Bezirke, darunter Wandsbek und Harburg, haben die Koordination und Unterstützung der Hilfe teils gegen Bezahlung von 10.000 bis 20.000 Euro an Stiftungen ausgegliedert. Im Bezirk Nord teilen sich mehrere Mitarbeiter unterschiedlicher Abteilungen die Koordinierungsarbeit.

Insgesamt bewerten Ehrenamtliche die Unterstützung durch städtische Stellen als mangelhaft. „Es gibt leider viele Beispiele, bei denen engagierte Hamburger im Stich gelassen wurden“, sagte eine Sprecherin der Initiative „Refugees Welcome“ im Karoviertel.