Hamburg. Die Milliardärin Ingeburg Herz, Frau des Kaffeerösters Max Herz, ist mit 95 Jahren in Hamburg gestorben.
Oft sah man sie an der Straße Bellevue spazieren gehen, perfekt geschminkt mit toupiertem, weiß-blondem Haar. Oder auf dem Derby, mit prachtvollem Hut bestückt und in Gesellschaft ihrer Söhne. Jetzt ist mit Ingeburg Herz eine der großen alten Damen der Hamburger Wirtschaft im Kreise ihrer Kinder gestorben.
Gemeinsam mit ihrem Mann Max hatte sie schon 1949 den Kaffeeröster Tchibo gegründet. Zwar hat sich die Mutter von fünf Kindern (Günter sowie der 2008 tödlich verunglückte Sohn Joachim, Michael, Wolfgang und Daniela) offiziell aus dem Geschäft herausgehalten, aber hinter den Kulissen ließ sie sich bis zuletzt über die Strategie des Unternehmens und auch über Details von ihrem Sohn Michael informieren.
Und am Anfang hatte sie sogar richtig mit anpacken müssen. In den 50er-Jahren verschickte Tchibo seinen Kaffee mit kleinen Beigaben wie Handtüchern oder Servietten an Kunden in ganz Deutschland. Das Geschäft florierte. „Die Kaffeepäckchen flogen nur so über den Tresen“, erzählte Ingeburg Herz früher gern im Bekanntenkreis. „Wir machten alles im Laufschritt, holten neue Ware aus der Rösterei.“
Ingeburg Herz persönlich sah in der Filiale Mühlenkamp nach dem Rechten
Vor allem die Tchibo-Filiale am Mühlenkamp hatte es der Senior-Chefin in den vergangenen Jahren angetan. Oft kam sie dort persönlich vorbei und prüfte, wie der Laden lief. Heute entspricht das Geschäft zwar nicht mehr ganz den modernen Filialtypen des Konzerns. Die Räume sind zu klein, es fehlt sogar der Platz für eine Umkleidekabine. Doch Ingeburg Herz soll darauf bestanden haben, dass die Filiale trotzdem erhalten bleibt.
Auf der Suche nach neuen Tchibo-Standorten unterstützte sie ihren Mann sehr. „In jedem Ort, in dem Menschen leben, muss es Tchibo-Läden geben“, war ihr Motto. Gemeinsam mit dem Ehemann fuhr sie 1957 durchs Land. Nur die besten Lagen kamen infrage. Das Leben in den goldenen Zeiten des Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg wurde für die Unternehmergattin 1965 jäh unterbrochen, als ihr Mann an einem Herzinfarkt starb. Plötzlich stand sie allein da mit den Kindern; das Unternehmen hatte keinen Chef mehr. Der jüngste Sohn Günter sprang ein, übernahm mit nur 25 Jahren das Ruder in dem wachsenden Konzern. Sein Bruder Michael wurde Vertriebschef.
Doch zum Verdruss der Mutter harmonierte das Duo an der Spitze nicht. Günter und Michael, dem unter anderem die Kette Blume 2000 gehört, gingen getrennte Wege, als Günter seinen Hut nahm. Im Jahr 2003 verkauften er und seine Schwester Daniela ihre Anteile an Tchibo für rund vier Milliarden Euro an die Brüder.
Ein weiterer Schlag für die ansonsten vom Leben verwöhnte Unternehmerin kam im Sommer 2008. Sie musste ihren Sohn Joachim beerdigen, der in den USA bei einem Badeunfall ums Leben gekommen war. Joachim Herz vermachte eine Milliarde Euro seines Vermögens der extra gegründeten Joachim Herz Stiftung in Hamburg zur Förderung der Wissenschaft.
Während die grazile Unternehmerin in der Vergangenheit gern an der Alster spazierte, sah man sie in den vergangenen Monaten nur noch selten. Höchstens zum Friseur an der Sierichstraße ging sie noch. Die kurze Stecke wurde sie im Auto gefahren, von einem ihrer Enkelkinder oder einer Angestellten. Vor sechs Wochen war sie noch bei ihrer langjährigen Friseurin Ute Westphal an der Sierichstraße gesehen worden. Der Friseurtermin musste sein, denn obwohl sie nicht mehr gut zu Fuß war, legte die Grande Dame, die gern Escada trug, Wert auf eine tadellose Erscheinung. Über die Ingeburg- und Max-Herz-Stiftung hielt sie noch gut 20 Prozent an der Familienholding Maxingvest, zu der der Kaffeeröster Tchibo gehört sowie eine Mehrheitsbeteiligung am Nivea-Hersteller Beiersdorf.