Die Gepäckausgabe am Hamburger Flughafen dauert derzeit mitunter länger als der Flug. Der Flughafen kennt die dramatische Situation.
Hamburg. Normalerweise gibt es Applaus, wenn etwas besonders gut gelungen ist. Als aber am vergangenen Mittwoch in der Gepäckhalle des Hamburger Flughafens plötzlich lauter Beifall aufbrandete, schwang eine ordentliche Portion Resignation mit. Die Passagiere aus dem portugiesischen Faro hatten mehr als eine Stunde auf ihr Gepäck gewartet, darunter mehrere Familien mit kleinen Kindern. Auch die anderen Gepäckbänder standen still. Die Stimmung war entsprechend mies. „Provinzflughafen“, wetterte ein Fluggast.
Ganz ähnlich erging es den Fluggästen, die am selben Tag aus Riga angekommen waren. Auch sie warteten fast eine Stunde auf ihr Gepäck.
Schon seit Monaten ist die Gepäckabfertigung am Hamburg Airport ein Dauer-Ärgernis (das Abendblatt berichtete). Vor allem zu den Verkehrsspitzenzeiten am Morgen und am frühen Abend sind die Wartezeiten extrem – nicht nur in der Ferienzeit. Auch nach der Landung eines KLM-Flugs aus Amsterdam am vergangenen Donnerstag hatten sich lange Schlangen an der Abfertigung gebildet. Die Gepäckausgabe dauerte länger als die Passagiere im Flugzeug gesessen hatten.
„Wir kennen das Problem“, sagt Flughafen-Sprecherin Stefanie Harder. Hauptgrund für die Engpässe sei ein dramatischer Personalmangel. „Es gibt zu wenig Bewerber für die ausgeschriebenen Jobs.“ Derzeit sind 50 von insgesamt 750 Stellen im Bereich Bodenverkehrsdienste unbesetzt. Die Fluktuation sei sehr groß. Besonders dramatisch wird die Lage, wenn wie am vergangenen Wochenende viele Krankmeldungen dazukämen.
Arbeitsbedingungen erschweren Personalsuche
Zuständig für die Bodenverkehrsdienste ist das Unternehmen Groundstars, ein Tochterunternehmen des Flughafens. Dass es dem Unternehmen nicht gelingt, Arbeitskräfte zu finden, erklärt Harder damit, dass die schwere körperliche Arbeit im Schichtdienst viele potenzielle Arbeitskräfte abschrecke. Viele Stellen sind zudem nur auf Teilzeitbasis.
Dazu kommt: Weil die Gepäckabfertigung zum Sicherheitsbereich gehört, gelten besondere Anforderungen. So müssen die Arbeitnehmer ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und werden von der Wirtschaftsbehörde zehn Jahre rückwirkend überprüft. Dadurch komme der Job etwa für Menschen, die noch nicht so lange in Deutschland leben oder aus Bürgerkriegsländern kommen, nicht infrage.
Forderungen von Gewerkschaftsvertretern, die Arbeitsbedingungen zu verändern und die Jobs so attraktiver zu machen, wies die Flughafensprecherin zurück. An der Höhe des Lohns liege es nicht, glaubt sie. Auch nachdem im Bereich der Sicherheitskontrollen die Löhne nach mehreren Streiks angehoben worden waren, gebe es dort weiterhin Personalprobleme. Derzeit gibt es als Einstiegsgehalt elf bis zwölf Euro Stundenlohn. Der wirtschaftliche Druck bei den Airlines sei groß, die die Dienstleistungen beauftragten und bezahlten. „Auch Flughäfen in München, Stuttgart oder Düsseldorf haben das gleiche Problem.“
Für die Passagiere in Hamburg ein schwacher Trost. Vor allem die fehlende Informationspolitik verärgert viele. „Wie will Hamburg das denn mit den Gästen bei Olympischen Spielen machen?", sagt etwa Thomas Frahm. Bei seiner Ankunft aus Portugal am vergangenen Mittwoch habe es weder eine Durchsage noch auskunftsfähiges Servicepersonal gegeben. Dafür wurde die Ausgabezeit an der Anzeigetafel immer wieder nach hinten verschoben.
Und neben dem Ärger gehen die Wartezeiten auch ins Geld: Die Parkgebühren steigen. Oder, wie im konkreten Fall, muss ein bestelltes Großraumtaxi schon mal mit einem Teil der Urlauber abfahren – während die anderen mit dem Gepäck nachkommen.