Hamburg. Das Unternehmen leidet unter Rabattschlachten und Lieferproblemen im neuen Zentrallager. Börsenkurs stürzt ab.

Es waren fast durchweg positive Nachrichten, die der Hamburger Modekonzern Tom Tailor in den ersten acht Monaten des Jahres verbreitete: 3,8 Prozent mehr Umsatz im ersten Halbjahr, obwohl der Textilmarkt insgesamt um zwei Prozent schrumpfte; ein höherer Marktanteil in Deutschland; Einstieg ins Chinageschäft mit der Eröffnung eines Showrooms in Shanghai; weitere Expansion durch die angekündigte Eröffnung von 100 neuen eigenen Läden der Kernmarken Tom Tailor und Bonita im In- und Ausland allein in diesem Jahr.

Noch Anfang August betonte der Vorstandsvorsitzende Dieter Holzer, man sei zuversichtlich „in den kommenden Monaten unsere Profitabilität zu verbessern“. Für das Gesamtjahr 2015 bekräftigte er noch vor wenigen Wochen, den Umsatz „moderat im einstelligen Prozentbereich zu steigern und eine bereinigte Ebitda-Marge auf Vorjahresniveau zu erzielen“.

Zumindest diese Aussage musste Holzer gestern einsammeln, der Konzern senkte seine Gewinnprognose für 2015. Zwar geht Tom Tailor weiter davon aus, dass der Umsatz in diesem Jahr auf 945 bis 955 Millionen Euro und damit über den Vorjahreswert (932 Millionen) steigt. Doch der um Sondereinflüsse bereinigte prozentuale Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen, die sogenannte bereinigte Ebitda-Marge, werde voraussichtlich bei 8 bis 8,4 Prozent liegen – und damit das Vorjahresniveau von 9,4 Prozent nicht erreichen. Der Konzern erwartet nunmehr ein Ebitda in Höhe von 75 bis 80 Millionen Euro statt 87,2 Millionen Euro wie noch 2014.

Die Anleger reagierten fast panikartig auf die Gewinnwarnung. Der Kurs der im SDax gelisteten Aktie brach gestern um annähernd 20 Prozent auf 5,04 Euro ein. Binnen eines Jahres hat das Papier mehr als 60 Prozent an Wert verloren.

Im neuen Zentrallager in Allermöhe gibt es weiter Probleme mit der Auslieferung

Einer der Gründe für die schlechteren Aussichten für dieses Jahr sind nach Angaben des Vorstandschefs die Rabattschlachten im Handel im Juli und August. „Wir wissen, dass der Textilmarkt schwierig ist“, sagte er. Der zweite Grund seien Anlaufschwierigkeiten im neuen Logistiklager. Das Zentrallager für die Marke Tom Tailor am Rungedamm in Hamburg-Allermöhe war ab Mitte Juni als Ersatz für das Lager in Norderstedt in Betrieb genommen worden. „Es gab einige Probleme“, sagte Unternehmenssprecherin Erika Kirsten dem Abendblatt. Daher sei es zu Verzögerungen bei der Warenauslieferung im dritten Quartal gekommen. „Wir rechnen damit, dass die Probleme an unserem neuen Logistikcenter bis Ende kommender Woche behoben sind“, sagte Erika Kirsten.

Holzer sagte, er halte daran fest, das Wachstum durch den beschleunigten Ausbau eigener Filialen voranzutreiben. Nach Angaben aus der Firmenzentrale in Hamburg-Niendorf wurden bis Ende August unter dem Strich 51 neue Ladengeschäfte eröffnet. Bis zum Jahresende werde diese Zahl voraussichtlich auf 60 bis 65 Stores steigen. Von der Vermarktung seiner Mode in Eigenregie verspricht der Konzern sich eine höhere Profitabilität.

Holzer kündigte zudem Einsparungen an. „Wir werden unsere Kostenstruktur optimieren und weiter straffen.“ Ob und wie sich das auf die 490 Mitarbeiter in der Niendorfer Zentrale auswirken könnte, ließ der Konzern gestern offen. „Wir erarbeiten derzeit ein konzernweites Kosteneinsparungsprogramm“, sagte Unternehmenssprecherin Erika Kirsten dem Abendblatt. „Details hierzu können zum heutigen Zeitpunkt noch nicht genannt werden.“