Hamburg. Wie kommt der Proviant für 2500 Passagiere an Bord eines Kreuzfahrtschiffs? Es ist auf jeden Fall eine logistische Meisterleistung.

Ein Spätsommermorgen am Kreuzfahrtterminal Altona. Mit dem Morgenhochwasser ist die „AIDAdiva“ nach Hamburg hineingespült worden. Jetzt liegt das Schiff mit einer Kapazität von 2500 Passagieren fest vertäut an der Kaimauer. Es ist der letzte Stopp des Kreuzfahrers vor einer langen Transatlantikreise nach New York. Die Sommersaison in Europa ist vorbei. Den Winter über wird das Schiff Reisen vor der nordamerikanischen Ostküste anbieten. Jetzt muss alles schnell gehen. Es bleiben nur wenige Stunden, um die leeren Proviantlager und Stauräume für die Überfahrt zu füllen.

Während die Passagiere direkt vom überdachten Terminal über Fußgängerbrücken auf das Schiff geführt werden, beginnt unten auf der Pier geschäftiges Treiben. Paletten voller Kisten werden von mobilen Kränen in die Frachtluken des Schiffs auf Deck drei gehoben. Transportbänder fördern sie von dort weiter in den gefräßigen Schiffsbauch. Ein Lkw nach dem anderen bringt neue Ladung und Proviant. Zum Teil waren die Transporter schon am Vorabend vor dem Cruise Center abgestellt worden, damit für die Verlader keine Wartezeit entsteht.

Kurze Lieferkette, damit alles frisch an Bord kommt

Die Anfahrt der Lkw war kurz. Die meisten Waren stammen aus einem 15.000 Quadratmeter großen Lager auf der anderen Seite der Elbe auf Finkenwerder. Dort sitzt das zur Kloska-Gruppe gehörende Unternehmen Basté & Lange, Generalschiffsausrüster für die AIDA-Flotte. Alles, was jetzt im Schiff verschwindet, hat Kloska innerhalb der vergangenen Tage und Nächte zusammengestellt.

Für frische Waren betreibt die Gruppe auch ein 700 Quadratmeter großes Lager am Hamburger Großmarkt. Die Lieferkette ist kurz, denn was jetzt an Bord kommt, muss alles frisch sein. Kistenweise Petersilie und Melonen aus Spanien, erst zwei Paletten grüne, dann zwei Paletten rote Paprika aus Italien. Weintrauben, Lauchzwiebeln, Tomaten und Gurken aus den Niederlanden. Wie an einer Perlenschnur aufgereiht verschwinden die Holzpaletten auf dem Förderband im Inneren der „AIDAdiva“. Kurze Zeit später spuckt das Schiff die leeren Paletten wieder aus.

„Aus Hygienegründen darf kein Holz auf dem Schiff bleiben“, erklärt Stefan Winter, Prokurist von Basté & Lange. Mit gelber Warnweste steht er neben dem „Head Driver“ der Lkw-Flotte, der darauf achtet, dass die Reihenfolge bei der Anlieferung der Waren eingehalten wird. Die Reihenfolge ist klar: Was am weitesten in die Lager- und Kühlräume des Kreuzfahrtschiffs hineinmuss, wird als Erstes verladen.

Die Reihenfolge der Warenverladung wird bereits in der Nacht festgelegt

Festgelegt hat dies ein bärtiger Mann, der gerade einen Lkw-Fahrer instruiert. „Provision Master“ steht auf seiner Warnweste, Kai Wiehle ist der Proviantmeister der „AIDAdiva“. Der Provision Master ist verantwortlich für die gesamten Abläufe der Proviant­bestellung, -lagerung und -auslieferung an Bord. Wiehle hat am Vorabend die Liste darüber erhalten, was auf welchem Container steht. Noch in der Nacht, während die „AIDAdiva“ auf die Deutsche Bucht zuschwamm, legte Wiehle die Reihenfolge fest, nach der die Lkw auf die Pier gerollt kommen.

Auch auf anderen Schiffen wird gegessen und getrunken. Während einer Zwölf-Nächte-Kreuzfahrt an Bord der „MSC Splendida“ der Reederei MSC werden zum Beispiel 27 Tonnen frisches Gemüse verbraucht. „Außerdem verzehren unsere Gäste in dieser Zeit rund 41.000 Liter Milch, zehn Tonnen Fisch und 2,5 Tonnen Käse. Aber es müssen nicht nur die richtigen Mengen an Bord verladen werden. Wir müssen auch den Speiseplan auf die verschiedenen Nationalitäten an Bord abstimmen“, sagt Michael Zengerle, Geschäftsführer von MSC Kreuzfahrten Deutschland. Zwar kaufen die Küchenchefs der Reedereien frische Produkte auch auf den regionalen Märkten der Zwischenstopps ein. Der Großteil der Gäste möchte im Urlaub jedoch nicht auf heimische Speisen verzichten. „Für viele Deutsche gehört eine große Brotvielfalt, Müsli oder auch die Leberwurst zum Frühstück schlichtweg dazu“, sagt Karl J. Pojer, Chef von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten.

AIDA-Proviantmeister Wiehle ist inzwischen in seinem Element. „Wir nehmen jetzt erst einmal 30 Tonnen Obst und Gemüse an Bord, dann TK und LK“, sagt er nach einem Blick auf die Liste. Die Abkürzungen stehen für Tiefkühlwaren und Leichtkühlwaren. Aber auch Gegenstände für die gesamte Hotellerie gehen noch an Bord. Vom Toilettenpapier bis zu Bettwäsche und frischen Handtüchern. Am hinteren Ende der Pier wartet auch noch eine Palette mit einer riesigen Pleuelstange auf ihre Verladung. Kloska ist als Generalausrüster nicht nur für die Konsumwaren des Kreuzfahrtschiffs verantwortlich, sondern auch für die Ersatzteillieferung.

„Damit hat eigentlich alles begonnen“, sagt Nadine Kloska, Tochter des Firmengründers Uwe Kloska und Geschäftsführerin. „Mein Vater gründete das Unternehmen 1981 mit einem Mitarbeiter als technischer Ausrüster für Industriebetriebe in Bremen“, sagt seine Tochter, die am Rand der Pier steht und das Treiben überwacht. Sehr schnell seien dann Aufträge aus der maritimen Industrie hinzugekommen.

Monatelange Planung

Heute ist das Unternehmen Servicepartner und Systemlieferant für Schifffahrt, Werften, On- und Offshore, Industrie, Handwerk und Baugewerbe. Die verschiedenen Geschäftsfelder reichen vom Dieselmotorenersatzteilservice, verbunden mit eigenen Reparaturwerkstätten, Förderbandtechnik und Hydraulik, bis hin zu Catering, Proviant, Technik und Lieferungen für Fähren, Handelsschiffe, Kreuzfahrtschiffe, Forschungsschiffe und -stationen. Mittlerweile besteht die Firmengruppe aus 20 Unternehmen mit mehr als 750 Mitarbeitern, mit eigenen Repräsentanzen an den wichtigen Hafenstandorten im Norden Deutschlands, Belgien, den Niederlanden sowie in Polen. An den Standorten werden über 130.000 Artikel gelagert und sind somit schnell abrufbar.

Zusätzlich hat das Unternehmen Rahmenverträge zur Proviantversorgung von 950 Handelsschiffen. „Das bedeutet aber auch, dass wir an 365 Tagen im Jahr im Einsatz sind und überall auf der Welt liefern können“, sagt Kloska. „Die nächste Lieferung für die
,AIDAdiva‘ ist bereits auf einem Containerschiff auf dem Weg in die USA“, ergänzt Prokurist Winter. „Wenn das Kreuzfahrtschiff in 18 Tagen in New York anlegt, steht die Ware dort bereit.“

Die Bestellungen dafür hat Proviantmeister Wiehle bereits vor Monaten abgeschickt. „Im Moment bearbeite ich Bestellungen für November“, sagt er. So viel Vorlauf wie bei Kreuzfahrtschiffen gebe es aber nicht immer, sagt Kloska. „Ab und zu müssen wir schon improvisieren, weil irgendetwas fehlt. Im Improvisieren sind die Mitarbeiter bei Kloska aber Experten: „Wenn etwas einen Tag vorher bestellt wird, haben wir es am nächsten da“, sagt sie.