Hamburg. Es gibt technische Probleme mit der neuen Anlage am Kreuzfahrtterminal Altona. Naturschützer fordern bessere Abgastechnik an Bord.

Für den Senat ist es ein Prestigeprojekt, für viele Anwohner in Altona ein erster Ansatz zur Verbesserung der Luft im Hafen. Die neue Landstromanlage in Altona soll Kreuzfahrtschiffe während ihrer Liegezeit am Terminal mit Energie aus dem Stromnetz der Stadt versorgen. Ihre rußenden Schiffsdiesel können sie dann abschalten. Doch nun lässt die neue Technik länger auf sich warten. Die für den Sommer angekündigte Inbetriebnahme der Anlage verzögert sich um mehrere Monate bis in den Herbst.

Da aber dann kein Kreuzfahrtschiff mehr Altona anläuft, das einen entsprechenden Anschluss zur Landstromversorgung hat, wird die Anlage wohl erst im kommenden Jahr zum Start der neuen Saison in den Regelbetrieb gehen, wie die Hamburg Port Authority (HPA) am Donnerstag auf Nachfrage des Abendblatts erklärte.

Grund für die spätere Fertigstellung sind technische Probleme der neuen Anlage. „Einige Testläufe haben länger gedauert, deshalb ist es zu Verzögerungen gekommen“, sagte ein Sprecher des Technologiekonzerns Siemens, der die elektronischen Komponenten der Landstromanlage geliefert hat. Bei einem völlig neuartigen Projekt sei es normal, dass es zu Verzögerungen kommen kann“, ergänzte ein Sprecher der HPA, die die Anlage baut. Die neue Landstromanlage in Altona sei in ihrer Dimensionierung in Europa einmalig.

Die „AIDAsol“ ist derzeit das einzige Kreuzfahrtschiff, dass eine Zusatzausrüstung zur Versorgung über die Altonaer Landstromanlage hat. Sie kommt voraussichtlich erst am 14. Mai 2016 nach Hamburg.

Nicht nur direkt im Hafen, sondern auch auf See herrscht noch immer dicke Luft. Laut Naturschutzbund Deutschland (Nabu) sind nämlich noch immer zu wenige Kreuzfahrtschiffe mit umweltgerechter Abgastechnik auf den Meeren unterwegs. Allerdings sei Bewegung in den Markt gekommen, räumt Daniel Rieger vom Nabu-Bundesverband bei der Vorstellung des diesjährigen Kreuzfahrt-Rankings ein. Zwei Reedereien an der Spitze der Nabu-Rangliste zeigten, dass technische Lösungen bereitstünden, um die Schadstoffbelastung der Schiffe für die Umwelt deutlich zu reduzieren. Dabei geht es um den Einsatz alternativer Treibstoffe zum Schweröl, das beim Verbrennen giftige Abgase freisetzt, sowie um den Einbau von Abgasreinigungssystemen. Untersucht wurden dazu die in Planung oder Bau befindlichen Schiffe bis 2020.

„Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen.“, sagt Rieger. Bei der Umwelttechnik vorn liegen aus Sicht des Nabu Deutschlands größte Kreuzfahrtreederei Aida mit Sitz in Rostock und Hamburg sowie Costa Crociere (Genua/Italien), die beide zum Carnival-Konzern (USA) gehören. Sie lassen bei der Meyer Werft in Papenburg und im finnischen Turku derzeit vier Schiffe bauen, die nur mit Flüssigerdgas (LNG) betrieben werden. Mit LNG werden Stick- und Kohlendioxid in den Abgasen der Schiffe deutlich verringert und Feinstaubemission sowie Schwefel ganz vermieden. Vor zwei Jahren hatte Aida angekündigt, bis 2016 rund 100 Millionen Euro in Umwelttechnik zu stecken.

Reedereien investieren nur unter Zwang in Abgastechnik

Sollten diese Schiffe wie angekündigt im Markt operieren, hätten sie nach Auffassung des Nabu Vorbildcharakter für die Seeschifffahrt. „Abgesehen davon halten alle anderen Anbieter aber nach wie vor am Betrieb mit giftigem Schweröl fest und investieren allenfalls dann in Abgastechnik, wenn gesetzliche Bestimmungen sie dazu zwingen“, teilte der Nabu mit. Insbesondere das Schlusslicht des Rankings, Viking Ocean, sieht offenbar keinerlei Veranlassung, seine Neubauten mit Systemen zur Abgasreinigung auszurüsten oder auf schwefelarmen Kraftstoff umzusteigen. Besser stehen die Luxusliner aus der TUI-Cruise-Serie „Mein Schiff“ da, die zwar auch mit Schweröl fahren, aber über Abgaswäscher, einen Katalysator und einen Landstromanschluss verfügen.

Der internationale Verband der Kreuzfahrtindustrie CLIA greift das Nabu-Ranking an: „Wir sind offen für eine Diskussion der ergriffenen Umweltschutzmaßnahmen. Jedoch fordern wir, diese Maßnahmen nach fairen Kriterien zu beurteilen und wissenschaftlich anerkannte Standards zu beachten“, sagt Helge Grammerstorf, Deutschland-Chef von CLIA.

Leider lasse in dieser Hinsicht das Kreuzfahrt-Ranking der Naturschützer 2015 zu wünschen übrig. Grammerstorf verwies darauf, dass die Kreuzfahrtreedereien „als Vorreiter erheblich in umweltfreundliche Technik“ investierten, obgleich die Schiffe weniger als 0,5 Prozent der weltweiten Schiffsflotte ausmachten.

Malte Siegert, Leiter Umweltpolitik des Nabu in Hamburg fordert, dass die Schiffe mit Katalysatoren und Partikelfiltern ausgerüstet werden müssen, selbst wenn die Landstromanlage in Betrieb geht. „Wenn der Stecker von der Landstromanlage gezogen wird, stößt jedes Schiff weiter gesundheitsschädliche Emissionen im Hafen aus.“